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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Nähe der »Suhle«, blick-
    ten wir noch einmal auf das Steinfeld zurück, das
    nicht länger ein Chaos für uns war. Dann erst trenn-
    ten wir uns zögernd von einer Stelle, über der ein
    ganz besonderer Zauber waltet. Die Natur wuchs hier
    einst wild in eine Stätte der Kultur hinein und wu-
    cherte darin; nun hat eine andere Kultur den Wald
    gefällt und breitet ihre Saaten darin aus. Städtisches
    Leben von ehemals und Ackerbau von heut reichen
    sich über einem vierhundertjährigen Wald-
    Interregnum die Hand.
    Aber an Unheimlichem fehlt es noch immer nicht.
    Das Wildschwein hat es nicht vergessen, daß
    jahrhundertelang ihm diese Stelle gehörte, und in Sommernächten, wenn der Rapsduft vom Felde her
    in den Wald zieht, dann bricht es in sein altes Revier
    ein, erst in die »Suhle«, dann in die Saat, und tritt
    nieder und wirbelt auf. Wer dann im »Blumenthal«
    seines Weges kommt, der hört ein Lärmen und Joh-
    len, ein Grunzen und Quietschen wie in alter Zeit,

    1444
    und er weiß nicht, ist es ein Hexensabbat oder die
    Wilde Jagd.

    1. Dies »unstreitig« bezieht sich auf Klöden, der
    in seinen Auslassungen über die »Stadtstelle«
    bestreitet, daß hier eine Stadt gestanden ha-
    be. Klöden nimmt an, daß es eine heidnische
    Begräbnisstätte gewesen sei, und findet in
    den Steinreihen nichts als eine Art Feldstein-
    umzäunung oder Einfriedigung dieser Stätte.
    Er irrt darin ganz unbedingt. Hätte er die Stel-
    le gesehen, wie sie jetzt daliegt, so hätte er
    sich auf den flüchtigsten Blick von seinem Irr-
    tum überzeugen müssen.

    Prädikow

    Vor Taue noch und Tage
    Zog aus er heut mit Hund und Horn,
    Daß er den Hirsch erjage.
    Alte Ballade

    Um den großen und sagenreichen »Blumenthal-
    Wald« herum, der das Plateau des Barnim von West
    nach Ost durchzieht, gruppiert sich eine ganze An-

    1445
    zahl schöner und reicher Güter, die bis in die Zeiten
    des Dreißigjährigen Krieges hinein das Besitztum vier
    alter märkischer Familien waren: der Sparrs, der
    Pfuels, der Krummensees und der Barfuse.
    Die letztren, die Barfuse , sind es, die uns in diesem Kapitel ausschließlich beschäftigen sollen. Sie kommen zuerst 1280 in den Marken vor. In ihre Vorge-
    schichte steigen wir aber nicht zurück und leisten namentlich darauf Verzicht, den alten Streit wegen
    »Barfus« mit einem s und »Barfuß« mit einem ß an
    dieser Stelle entscheiden zu wollen. Die Genealogen
    schreiben »Barfuß«, einfach auf das Wappen der
    Familie deutend, das drei unverkennbare Barfüße
    zeigt; die Familie selbst aber verwirft die Ableitung
    von einem niedersächsischen Geschlecht der Baar-
    foote, Barfuße oder Nudipes und schreibt sich Barfus,
    ihren Ursprung auf das altrömische Patrizierge-
    schlecht der Parvus zurückführend, das mit bei der
    Gründung der Colonia Agrippina war und durch end-
    lose Generationen hin den noch existierenden Parvu-
    senhof in Köln innehatte.
    Gleichviel ob Barfuß oder Barfus, für unsere Zwecke
    genügt es, daß die Barfuse, wie wir in Huldigung ge-
    gen die Familie, aber ohne direkte Parteiergreifung
    schreiben wollen, schon ausgangs des dreizehnten
    Jahrhunderts auf dem Oberbarnim sässig waren und
    bald darauf bereits dieselben Güter erworben hatten,
    die später den Kern ihres ausgebreiteten Besitzes
    bildeten: Kunersdorf, Batzlow, Prädikow und Möglin.

    1446
    Prädikow galt als das eigentliche Familiengut, und
    damals unmittelbar am Rande des »Blumenthal-
    Waldes« gelegen, war es besonders wertvoll durch
    seine Forstbestände, die sich nach Westen hin bis
    weit in den genannten Wald hinein erstreckten. Die-
    sen reichen Forstbeständen verdanken wir es auch,
    daß wir die Barfuse bereits um 1590 in der Spezial-
    geschichte unseres Landes auftreten sehen, indem
    es ebendieser Prädikowsche Anteil am Blumenthat-
    Walde war, der unter Johann Georg und Joachim
    Friedrich zu einem vieljährigen Streite zwischen den
    beiden eben genannten Kurfürsten und den Barfusen
    führte. Dem ganzen Ereignis – ohne schließlich in
    einer Schlacht von Otterbourne oder einem Percy-
    und-Douglas-Kampf zu kulminieren – stand nichts-
    destoweniger von Anfang an ein gewisses romanti-
    sches Element zur Seite, und um dieses Stückleins
    Romantik willen (eine seltene Blume hierlandes) mag
    es gestattet sein, einen Augenblick bei der Erzählung
    des Herganges zu verweilen.
    Kurfürst Johann Georg liebte die Jagd wie alle Ho-
    henzollern vor und nach ihm, Friedrich den Großen
    ausgenommen, der

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