Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Ich sah hinauf und freute mich des
Glanzes. Aber in die heitern Bilder, die ich wachzuru-
fen trachtete, drängte sich immer wieder das Bild
von Schloß Kossenblatt hinein. Die weißen Wände
starrten mich an, ich hörte das gespenstische Türen-
klappen, und in dem letzten Zimmer des linken Flü-
gels flog ein Vögelchen hin und her und stieß mit
dem Kopf an die Scheiben. Sein Zirpen klang wie
Hülferuf.
Und inmitten dieses Hülferufes wechselte das Bild,
und das Schloß stand in Flammen, und unsichtbare
Hände trugen es ab und warfen es in das Feuer.
1. Außer um die »Kunst«, der er hier oblag,
kümmerte sich König Friedrich Wilhelm I.,
wenn er in Kossenblatt war, vor allem auch
um die Kirche . Zumal um die Predigt. Er war
nicht leicht zufriedenzustellen. Ich finde dar-
über folgendes: »Am 13. Sonntage nach Tri-
nitatis im Jahre 1736 hat der König in der Kir-
che zu Kossenblatt eine Predigt von dem da-
maligen Prediger in Wulfersdorf (stellvertre-
tend für den hiesigen, welcher krank gewesen
ist) gehört, die seine höchste Unzufriedenheit
erregt hat. Und da er nicht lange vorher mit
einer in Rheinsberg gehörten Predigt ebenfalls
unzufrieden gewesen, so haben diese beiden
1487
Prediger nach Berlin kommen und über vor-
geschriebene Texte predigen müssen. Auch
hat der König einen Cabinetsbefehl erlassen,
infolgedessen sämtliche Prediger aus der Alt-
mark, Prignitz, Mittel-, Ucker- und Neumark
durch das Konsistorium nach Berlin berufen
worden sind, ›um ein Monitorium und Instruc-
torium zu vernehmen‹. Am 23. Sonntage
nach Trinitatis (9. November) 1738 ist der
König wiederum mit einer Predigt des damali-
gen hiesigen Predigers unzufrieden gewesen
und hat auf einen ihm gemachten Vorschlag
den Prediger aus Teupitz kommen lassen. A-
ber auch dieser hat ihn nicht zufriedenstellen
können.«
1488
Steinhöfel
Es gab ihm das Geleite 'ne Ehrenkumpanei,
Die Briten-Degen sprachen: »Nun, General, good bye«,
Da sprach er: »Kameraden, grüßt Wellington mir
schön,
Wer weiß, in Jahr und Tage wir uns mal wiedersehn.«
Scherenberg
Bei Fürstenwalde haben wir auf unsrem Rückwege
die Spree nach Norden hin passiert und erreichen
nach einstündiger Fahrt das von Massowsche Gut
Steinhöfel.
Steinhöfel gehörte mehrere Jahrhunderte lang dem
Güterkomplex an, den die in eine Tempelbergsche1)
und eine Steinhöfelsche Linie geteilte Familie von
Wulffen im Herzen des alten Landes Lebus besaß.
Die Wulffens beider Linien blühten hier mehrere
Jahrhunderte lang, bis, wenn die Sage recht hat, zu
Anfang des vorigen Jahrhunderts ein Wendepunkt
1489
eintrat. Wenigstens mit Rücksicht auf die Steinhöfler
Wulffens.
Und zwar wird folgendes erzählt.
Der alte Wulffen (Balthasar Dietloff), der damals
Steinhöfel, Kersdorf, Gölsdorf und Madlitz besaß, war
ein passionierter Jäger. Er unterhielt große, einge-
friedete Waldstrecken, in denen das Wild gehegt und
gepflegt wurde. Soweit alles gut. Im Dorfe befand
sich aber auch ein alter Schäfer, der ein ebenso lei-
denschaftlicher Sackpfeifer wie der alte Wulffen ein
leidenschaftlicher Jäger war. Es scheint nun, daß der
Sackpfeifer mit besonderer Vorliebe gerade dann
seine Stücke blies, wenn der alte Wulffen auf die
Jagd reiten wollte, so daß die Hirsche jedesmal wuß-
ten, was und wen sie zu gewärtigen hatten. Es war
für die Hirsche wie Hundeblaff und Büchsenschuß.
Oft schon hatte der alte Jäger dem alten Schäfer
diese »Meldung in den Wald hinein« verboten. Aber
immer vergeblich. Als er ihn eines Tages wieder bei
seinem Spiele betraf, schoß er ihn nieder . Damit war es indessen nicht abgetan; die Sache machte großes
Aufsehn, und König Friedrich Wilhelm I. verurteilte
den alten Wulffen zum Verlust seiner Güter. Nur
Steinhöfel ward ihm belassen.
Soweit die Tradition. Daß etwas Tatsächliches
zugrunde liegt, ist nicht unmöglich, andrerseits ist es unzweifelhaft, daß sich die Sache wesentlich anders
verhalten haben muß. Einzelne der obengenannten
Güter befanden sich nämlich in der zweiten Hälfte
des vorigen Jahrhunderts noch in Wulffenschen Hän-
1490
den, und das Epitaphium, das dem Balthasar Dietloff
in der Steinhöfler Kirche errichtet wurde, führt ihn
uneingeschränkt als Erbherrn auf Steinhöfel, Kers-
dorf, Gülsdorf etc. auf.
Dies Epitaphium, an das alle Wulffenschen Erinne-
rungen anknüpfen, ist ein großes und sehr in die
Augen fallendes Denkmal.
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