Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Magdalena und der heiligen Ur-
sula. Auf der Rückseite befinden sich: der hei-
lige Gregorius, Sankt Ambrosius, Sankt Au-
gustinus und der heilige Hieronymus, lauter
Kirchenväter, die zu dem Klosterleben der ka-
tholischen Kirche in besonderer Beziehung
stehn. Die Köpfe aller dieser Gestalten, be-
sonders der des Sankt Benedikt und des heili-
gen Bernhard (die Frauenköpfe sind weniger
vollendet), haben immer für Meisterwerke
gegolten, und man hat sie, ebenso um ihrer
Ausführung wie um ihrer Charakteristik wil-
len, abwechselnd dem Albrecht Dürer, dem
Lucas Cranach und endlich dem Grünewald,
einem der besten Schüler Dürers, zugeschrie-
ben. Der letzteren Ansicht ist Ernst Förster in
München. Grünewald war allerdings speziell
durch seine Charakterisierung der Köpfe aus-
gezeichnet.
2. Eine Urkunde vom 8. Dezember 1542 hat uns
die Namen von zehn Klosterbrüdern aufbe-
wahrt, die, mit Geld und Kleidung (»mehr, als
wir verhofft«) ausgerüstet, Lehnin verließen
und in die Welt gingen. Es waren: Kaspar
Welle, Christoph Brun, Martin Uchtenhagen,
Joachim Kersten, Joachim Sandmann, Grego-
1680
rius Kock, Wipertus Schulte, Heinrich Forten,
Maternus Meier, Valentin Vissow. Dazu kamen
später: Steffen Lindstedt und Johannes Nagel,
beide aus Stendal, feiner Gerhard Berchsow
und Hieronymus Teuffel. Einige von diesen
Namen: Uchtenhagen, Lindstedt, Teuffel, wa-
ren Adelsnamen, doch ist nicht zu ersehn, ob
die obengenannten drei von adliger oder bür-
gerlicher Abkunft waren. Im allgemeinen tra-
ten hierlands fast nur Bürgerliche in den Zis-
terzienserorden ein, während sich in den
Nonnen klöstern desselben Ordens fast nur die
Töchter adeliger Familien befanden.
1681
3. Kloster Lehnin, wie es war und
wie es ist
Kapellen
Das Schiff umstellen;
In engen
Gängen
Die Lampen hängen
Und werfen ihre düstren Lichter
Auf grabstein-geschnittene Mönchsgesichter.
Nach Waltham-Abtei hierher alsdann
Sollt ihr die Leiche bringen,
Damit wir christlich bestatten den Leib
Und für die Seele singen.
H. Heine
Lehnin war nicht nur das älteste Kloster in der Mark,
es war auch, wie schon hervorgehoben, das reichste,
das begütertste, und demgemäß war seine Erschei-
nung. Nicht daß es sich durch architektonische
Schönheit vor allen andern ausgezeichnet hätte –
nach dieser Seite hin wurd es von Kloster Chorin
übertroffen –, aber die Fülle der Baulichkeiten, die
sich innerhalb seiner weitgespannten Klostermauern
vorfand, die Gast- und Empfangs- und Wirtschafts-
1682
gebäude, die Schulen, die Handwerks- und Siechen-
häuser, die nach allen Seiten hin das eigentliche
Kloster umstanden, alle diese Schöpfungen, eine
gotische Stadt im kleinen, deuteten auf die Ausge-
dehntheit und Solidität des Besitzes.
Der stattliche Mittelpunkt des Ganzen, die zahlrei-
chen Giebel überragend, war und blieb die hohe
Klosterkirche, deren mit Kupfer gedeckter Mittelturm
dunkel bronzefarben in der Sonne glänzte. Diese
Kirche selbst war ihrer Anlage nach eher schlicht als
schön, mehr geräumig als prächtig, aber das Leben
und Sterben der Geschlechter, Hoffnung und Ban-
gen, Dank und Reue hatten die weiten Räume im
Lauf der Jahrhunderte belebt, und die ursprünglich
kahlen Wände und Pfeiler waren unter der Buntheit
der Dekoration, unter dem wachsenden Einfluß von
Licht und Farbe, von Reichtum und Schmuck zu ei-
nem immer schöneren und immer imposanteren
Ganzen geworden. Seitenaltäre mit Bildern und Kru-
zifixen, Nischen mit Marienbildern und Ewigen Lam-
pen (oft gestiftet, um schwere Untat zu sühnen) zo-
gen sich an Wand und Pfeiler hin, in den langen Sei-
tenschiffen aber lagen die Leichensteine der Äbte, ihr
Bild mit Mütze und Krummstab tief in den Stein ge-
schnitten, während an der gewölbten Decke hin,
schlanken Leibs und lächelnden Gesichts, die reich-
vergoldeten Gestalten der Heiligen und Märtyrer
schwebten. In einer der Seitenkapellen lag der Grab-
stein Abt Sibolds, den die Nahmitzer erschlagen hat-
ten.
1683
Einem reichen Schmuck an Bildwerken, an Erinne-
rungszeichen aller Art begegnete der Besucher, wenn
er vom Mittelpunkt der Kirche aus in das Längsschiff
und die Seitengänge desselben niederblickte, aber
die eigentliche Bedeutung von Kloster Lehnin
erschloß sich ihm erst, wenn er, den Blick nach Wes-
ten hin aufgebend, sich wandte, um, statt in das
Längsschiff hernieder-, in den hohen Chor hinauf zusehn.
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