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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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verarbei-
    tet, und die treffliche Wasserverbindung, mittelst der
    Seen in die Havel und mittelst der Havel in die Elbe,
    sicherte dem Kloster Markt und Absatzplätze.
    Reich und angesehen wie das Kloster, so angesehen
    und verehrt war sein Abt. Das Volk hing ihm an, und
    der Kurfürst Joachim I. – der ihn seinen »Gevatter«
    nannte, seit Abt Valentin bei der Taufe des zweiten
    kurfürstlichen Prinzen, des späteren Markgrafen Jo-
    hann von Küstrin, als Taufzeuge zugegen gewesen
    war – war dem Abt zu Willen in vielen Stücken.
    1509 sprach Joachim die Befreiung des Klosters von
    kurfürstlichem Jagdeingelage »auf Lebenszeit des
    Abtes« aus, und 1515 ging er weiter und machte aus
    der zeitweiligen Befreiung eine Befreiung auf immer .
    Daß das Kloster selber den Tod Valentins nicht über-

    1674
    leben würde, entzog sich damals, 1515, noch jeder
    Berechnung und Voraussage. Die Wirren und Kämp-
    fe, die bald folgten, ketteten den Kurfürsten, so
    scheint es, nur fester an unseren Lehniner Abt, und
    wir dürfen wohl annehmen, daß die Ratschläge die-
    ses seines »Rates und Gevatters« nicht ohne Einfluß
    auf die Entschlüsse waren, die ihn, der Strömung der
    Zeit und den Verschwörungen der Kurfürstin gegen-
    über, bei der alten Lehre beharren ließen. Dies ein-
    fach als Hartnäckigkeit zu deuten wäre Torheit; es
    war das Wirken einer festen Überzeugung, was ihn
    das Schwerere wählen und – gegen den Strom
    schwimmen ließ. Joachim, fest wie er in seinem
    Glauben war, war auch fest in seiner Liebe zu Kloster
    Lehnin, und wiewohl er sich mit keiner Idee lieber
    und herzlicher getragen hatte als mit der Gründung
    eines großen Domstiftes zu Cölln an der Spree (wie
    es später unter Joachim II. auch wirklich ins Leben
    trat), so wollte er doch in Lehnin begraben sein, an
    der Seite seines Vaters, in der Gruft, die schon die
    alten Askanier ihrem Geschlecht erbaut hatten.
    Und unser Lehniner Abt, wie er all die Zeit über der
    Vertraute seines Fürsten war, so war er auch der
    Vertrauensmann der Geistlichkeit und der zunächst
    Auserwählte, als es galt, den »mönchischen Lärmen«
    zu beschwichtigen, der in dem benachbarten Witten-
    berg immer lauter zu werden drohte. Unser Abt
    schien in der Tat vor jedem andern berufen, durch
    die Art seines Auftretens, durch Festigkeit und Milde,
    dem »Umsichgreifen der Irrlehre«, wie es damals
    hieß, zu steuern, und als Beauftragter des Branden-
    burger Bischofs Hieronymus Scultetus erschien er in

    1675
    Wittenberg, um den Augustinermönch zu warnen.
    Sein Erscheinen scheint nicht ohne Einfluß auf Luther
    geblieben zu sein, der nicht nur seinem Freunde
    Spalatinus bemerkte: »wie er ganz beschämt gewe-
    sen sei, daß ein so hoher Geistlicher (der Bischof)
    einen so hohen Abt so demütig an ihn abgesandt
    habe«, sondern auch am 22. Mai 1518 dem Bischof
    von Brandenburg schrieb: »Ich erkläre hiermit aus-
    drücklich und mit klaren Worten, daß ich in der Sa-
    che des Ablasses nur disputiere , aber nichts feststelle.«
    Abt Valentin, wie wir annehmen dürfen, ging viel zu
    Hofe, aber wennschon er häufiger in dem Abthause
    zu Berlin als in dem Abthause des Klosters selber anwesend sein mochte, so war er doch nicht gewillt,
    um Hof und Politik willen den unmittelbaren Oblie-
    genheiten seines Amtes, der Fürsorge für das Kloster
    selber, aus dem Wege zu gehen. Wir sehen ihn, wie
    er sich das Wachstum, die Gerechtsame, vor allem
    auch die Schönheit und die Ausschmückung seines
    Klosters angelegen sein läßt; er schenkt Glocken, er
    errichtet Altäre, vor allem zieht er die unter Dürer,
    Cranach, Holbein eben erst geborene deutsche Kunst
    in seinen Dienst und ziert die Kirche mit jenem
    prächtigen Altarschrein1), der, bis auf diesen Tag,
    wenn auch an anderem Ort, als ein Kunstwerk ersten
    Ranges erhalten, damals der Stolz des Klosters, die
    Bewundrung der Fremden war. Die wohlerhaltene
    Unterschrift: »Anno dom. 1518 sub d. Valentino ab-
    bate«, hat in aller Sichtlichkeit den Namen Abt Va-
    lentins bewahrt.

    1676
    Über fünfundzwanzig Jahre waren die Wirren der Zeit
    an Abt Valentin vorübergegangen, das Ausharren
    seines kurfürstlichen Herrn hatte ihn vor den
    schwersten Kümmernissen bewahrt, da kam, fast
    unmittelbar nach dem Regierungsantritt Joa-
    chims II., die sogenannte »Kirchenvisitation«, und
    auch Lehnin wurde ihr unterworfen. Man verfuhr
    nicht ohne Milde, nicht ohne Rücksicht in der Form,
    aber in Wahrheit erschienen die Visitatoren

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