Wanderungen durch die Mark Brandenburg
erfolgen.
Wie die eigentlichen Klostergebäude, die Mönchs-
wohnungen, zu dieser Klosterkirche standen, wird
um so schwerer nachzuweisen sein, als die ganze
Anlage nur von bescheidenen Dimensionen war, ein-
zelnes auch leicht möglicherweise in dem heraufstei-
genden See versunken ist. Zwischen diesem und der
Klosterkirche bemerken wir noch ein niedriges Feld-
steinfundament, über dessen Zugehörigkeit und frü-
here Bestimmung die Ansichten abweichen. Ich bin
indes der Meinung, daß alle diese außerhalb und doch zugleich in nächster Nähe gelegenen, dabei durch eine eigentümliche Schräg stellung markierten Feldsteinbauten nichts anderes waren als die Sie-chenhäuser, in denen die Mönche den Hospitaldienst
übten.
In der Mitte der Insel erhebt sich der sogenannte
Mühlberg, der beste Punkt, um einen Überblick zu
gewinnen. Wir erkennen von hier aus unter den
Zweigen der Bäume hindurch die Kirchenstelle und
die Hospitalstelle, wir sehen die prächtige alte Lin-
1709
denallee, die am Nordufer der Insel entlang den da-
hinter liegenden breiten Schilfgürtel halb verdeckt,
und sehen durch die offenen Stellen hindurch die
blaue Fläche des Sees, die sich wie ein Haff jenseit
des Schilfgürtels dehnt. Dieser weitgedehnte See,
überall eingefaßt durch prächtig geschwungene Ufer-
linien, gewährt ein Landschaftsbild voll imponieren-
der Schönheit; aber dieser Schönheit vermählt sich
eine Sterilität, wie sie an märkischen Seen nur selten
getroffen wird. Die Ufer, wenn sie Basalt wären,
könnten nicht unfruchtbarer sein. Keine Spur von
Grün bedeckt die sandgelben, in ihren Formen nicht
unmalerischen Abhänge, kein Saatfeld läuft wie ein
grünes Band von den Hügeln zum See hernieder,
kein Laubholz, kein Tannicht, keine Decke grünen
Mooses. Diese absolute Öde, nur einmal zur Rechten
durch eine Turmspitze unterbrochen, ist an sich nicht
ohne einen gewissen Zauber, aber das Gefühl, daß
hier die Grundelemente zu einem märkischen Land-
schaftsbilde ersten Ranges nur geboten wurden, um
von seiten der Kultur unbenutzt zu bleiben, verküm-
mert die Freude an dem, was wirklich vorhanden ist.
Freilich, ständen diese Ufer auch in Grün und lachten
auch die Wohnungen der Menschen daraus hervor,
hier rote Dächer mit Tauben auf dem First, dort
Wassermühlen, von niederstürzenden Gewässern
getrieben – doch würde niemand dasein, um sich
von dieser Inselstelle aus des schönen Landschafts-
bildes zu freuen. Der »Pehlitzer Werder« (Insula
Caprarum), einst in regem Verkehr mit den Bewoh-
nern dieser Landesteile, eine Zufluchtsstätte für Ver-
folgte, eine Pflegestätte für Kranke und Verwundete,
1710
ist jetzt nichts mehr als Koppel- und Grasplatz für
den Amtshof. Im Monat Mai schwingen sich Knechte
und Hütejungen auf die Rücken der Pferde, und wie
zur Tränke reitend, schwimmen sie mit ihnen zur
Insel hinüber. Diese gehört nun sommerlang den
Pferden und Füllen. Am Ufer hin, in der alten Linden-
allee grasen sie auf und ab und horchen nur auf,
wenn bei untergehender Sonne drüben der Parstei-
ner Kirchturm zu Abend läutet. Eines der halbwach-
senen Füllen tritt dann auch wohl in das Klosterge-
mäuer, um die Disteln abzugrasen, die über dem
alten Mönchsgrabe stehen; aber plötzlich, als sei
eine Flamme aus der Erde gefahren, dreht sich das
Jungtier im Kreise herum und starrt und prustet, und
mit Schüttelmähne und gehobenem Schweif flieht es
die Stätte und jagt zitternd, rastlos an der Uferlinie
der Insel hin.
1. Eine Bauautorität gibt folgende Details: »Auf
dem höchsten Punkte der Insel fand ich einen
Gebäuderest, der mich, abgesehn von allem
andern, schon durch das vortrefflich ausge-
führte Mauerwerk interessierte. Ungefähr
zweieinhalb Fuß aus der Erde hervorragend,
zeigt es die eine ganze Frontmauer eines
rechteckigen Bauwerks sowie die Ansätze der
beiden daranstoßenden andern Seiten. Erste-
re hat eine Länge von 75' und ist durch zwei
von den Ecken des Gebäudes 18' entfernte
Strebepfeiler verstärkt, die eine Breite von 6'
haben und ebensoviel nach außen wie nach
1711
innen aus der Mauer hervortreten. In dem
südlich gelegenen Pfeiler ist deutlich der Zu-
gang zu einer Treppe zu erkennen, während
sich nördlich von dem andern Strebepfeiler
ein Eingang von außen in den wahrscheinlich
durch mehrere Türen zugänglichen Raum be-
findet. Wenn schon die Sauberkeit der Ar-
beitsausführung auf
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