Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Schilde-
rung ihre Bestätigung.
1. Sie zerfiel bald. 1832 wurde deshalb eine
zweite, als Ersatz, durch Lord Fitz Clarence
überbracht. Diese existiert noch, ist aber auch
schon wieder defekt.
1875
3. Die Pfaueninsel 15. Juli 1852
Und Stille, wie des Todes Schweigen,
Liegt überm ganzen Hause schwer.
»Die Kraniche des Ibykus«
Mit 1840 schied die Pfaueninsel aus der Reihe der
herrschenden Lieblingsplätze aus; Friedrich Wil-
helm IV. griff auf die Friderizianische Zeit zurück,
und Sanssouci samt seinen Dependenzien belebte
sich wieder. Das Rokokoschloß, das der Lichtenau
ihre Entstehung verdankte, verfiel nicht, aber es kam
außer Mode, und wie man die Jahrzehnte vorher ge-
wallfahrtet war, um den Rosengarten der Pfaueninsel
zu sehn, so führte jetzt die Eisenbahn viele Tausende
hinüber, um, zu Füßen von Sanssouci, die Rosenblü-
te in Charlottenhof zu bewundern. Die Pfaueninsel
kam außer Mode, so sagt ich, aber wenn sie auch
nicht Sommerresidenz mehr war, so zählte sie doch
noch immer zu jenen bevorzugten Havelplätzen, wo
Friedrich Wilhelm IV. an Sommerabenden zu landen
und in Stille, bei untergehender Sonne, seinen Tee
zu nehmen liebte. Ein solcher Sommerabend war
auch der 15. Juli 1852. Wir berichten näher über ihn.
Kaiser Nikolaus war am preußischen Hofe zu Besuch
eingetroffen. Ein oder zwei Tage später erschien
Demoiselle Rachel in Berlin, um daselbst ihr
1876
schon 1850 begonnenes Gastspiel zu wiederholen.
Friedrich Wilhelm IV., mit seinem kaiserlichen Gaste
in Potsdam verweilend, gab, als er von dem Eintref-
fen der berühmten Tragödin hörte, dem Hofrat
Schneider Auftrag, dieselbe für eine Pfaueninsel-
Vorstellung zu engagieren. Über diesen allgemein
gehaltenen Auftrag hinaus wurde nichts angeordnet.
Die nötigen Schritte geschahen; die Rachel, die na-
türlich ein Auftreten im Neuen Palais oder doch min-
destens im Stadttheater erwartete, sagte zu.
Am Nachmittage des festgesetzten Tages traf die
Künstlerin, in Begleitung ihres Bruders Raphael, auf
dem Bahnhofe zu Potsdam ein. Hofrat Schneider
empfing sie.
Die Situation dieses letzteren, der, trotz aller Bemü-
hungen nicht imstande gewesen war, bestimmtere
Ordres, eine Art Festprogramm, zu extrahieren, war
inzwischen eine ziemlich peinliche geworden. Die
Tragödin verlangte Auskunft über alles, während
solche über nichts zu geben war. Als ihr schließlich,
auf immer direkter gestellte Fragen, gesagt werden
mußte, daß es an all und jeder Vorbereitung fehle,
daß alles in die Macht ihrer Erscheinung und ihres
Genius gegeben sei , geriet sie in die höchste Aufregung, fast in Zorn, und drohte, mit einem mehrfach
wiederholten »jamais«, die Unterhandlungen abzu-
brechen. Ihr Bruder Raphael bestärkte sie in ihrem
Widerstande. »Eine Bänkelsängerin, eine Seiltänze-
rin, nie, nie!« Sie schickte sich an, mit dem nächsten
Zuge nach Berlin zurückzufahren.
1877
Was tun? Eine Niederlage ohnegleichen schien sich
vorbereiten zu sollen. Aber die diplomatische Bered-
samkeit des Unterhändlers wußte sie zu vermeiden.
Er erinnerte die Tragödin zunächst daran, daß Moliè-
re in ähnlicher Situation vor dem Hofe Ludwigs XIV.
gespielt und seine größten Triumphe gefeiert habe,
was Eindruck zu machen schien; als aber die Zuflüs-
terungen des »linken Reiters« (Bruder Raphael) den-
noch wieder die Oberhand erlangen zu wollen schie-
nen, als das Wort »Bänkelsängerin« immer von neu-
em fiel, griff Hofrat Schneider endlich zu einem letz-
ten Mittel. Er wußte, daß der berühmten Tragödin
ungemein daran lag, in Petersburg – das ihr
seit 1848, wo sie, von der Bühne herab, als »Göttin
der Freiheit« die Marseillaise gesungen hatte, ver-
schlossen war – wieder Zutritt zu gewinnen, und die-
ser Köder wurde jetzt nicht vergeblich an die Angel
gesteckt. Der diplomatische Plénipotentiaire schilder-
te ihr mit lebhaftesten Farben, welch einen Eindruck
es auf den Kaiser machen müsse, wenn er, heute
abend auf der Pfaueninsel landend, erfahren würde,
»Demoiselle Rachel habe es abgelehnt zu erschei-
nen«, wie sich ihr aber umgekehrt eine glänzende,
vielleicht nie wiederkehrende Gelegenheit biete, den
Kaiser zu versöhnen, hinzureißen, wenn sie ihrer
Zusage getreu bleibe. Dies schlug durch. »Je joue-
rai.«
Bedenken, die auch jetzt noch von Viertelstunde zu
Viertelstunde auftauchten, waren nur wie Wetter-
leuchten nach dem Gewitter und wurden
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