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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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wir Groß Glienicke, Rittergut,
    Filiale von Kladow, 279 Einwohner. Darunter, wie die
    Nachschlagebücher gewissenhaft bemerken, zwei
    Katholiken. Diese werden es schwer haben, sich pari-
    tätisch zu behaupten.
    Groß Glienicke wird 1300 zuerst genannt. Um die
    Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts finden wir die
    Bammes hier, eine alte, westhavelländische Familie.

    1888
    In Groß Glienicke saßen sie nicht allzulange.
    Schon 1572 erscheinen die Ribbecks, zuerst Ober-
    hofmeister Jürgen von Ribbeck; dann folgen zwei-
    hundert Jahre später die Winnings. Jetzt gehört das
    Gut der Familie Berger.
    Es soll hier manches erlebt worden sein, namentlich
    unter den Winnings. Die Kirche aber erzählt nur von
    den Ribbecks.
    Beim Eintreten in dieselbe überrascht die verhält-
    nismäßig große Zahl von Bildwerken, namentlich in
    Stein.
    An der Wand uns gegenüber bemerken wir, dicht
    nebeneinander, die Epitaphien zweier Hans Georg von Ribbeck, Vater und Sohn. Der Vater noch der
    Schwedenzeit angehörig, der Sohn aus der höfi-
    schen, französierten Zeit Friedrichs I. Ebendiesen
    Unterschied zeigen auch die hautreliefartigen Stein-
    bilder. Der ältere Hans Georg, in Brustharnisch und
    Beinschienen, wie ein Derfflingerscher Reiterführer;
    der jüngere in einem Roquelaure mit mächtigen Auf-
    schlägen und Seitentaschen, auf dem Haupt eine
    ziemlich seltsame Kappe, fast in Form einer Bi-
    schofsmütze. Das Ganze in einem bestimmten,
    künstlich gegebenen Farbenton: die Kappe rot ge-
    malt. Dieser jüngere Hans Georg war ein branden-
    burgischer Domherr, vielleicht auch – wenn ich das
    Bild richtig interpretiere – ein Mann der Wissen-
    schaft. Er tritt, einen Vorhang zurückschlagend, aus
    diesem hervor und legt seine Rechte auf einen Schä-
    del. Das Ganze eine vortreffliche Arbeit und in Auf-

    1889
    fassung wie technischer Durchführung an das be-
    rühmte Sparr-Denkmal in unsrer Berliner Marienkir-
    che erinnernd.
    Beide Hans Georg von Ribbeck finden wir auch in der Gruft der Kirche wieder. Wie sie im Schiff, in bildlicher Darstellung, nebeneinander stehen, so liegen
    sie hier nebeneinander. Wohlerhalten. Denn die
    Groß-Glienicker Gruft gehört zu den vielen in der
    Mark, in denen die beigesetzten Leichen zu Mumien
    werden. Wir steigen hinab. Der Sargdeckel des zu-
    vörderst stehenden Hans Georg (des Domherrn) ließ
    sich ohne Mühe aufheben. Da lag er, in Roquelaure
    und roter Samtkappe, in allem Äußerlichen von bei-
    nahe gespenstischer Ähnlichkeit mit dem Hautrelief-
    bilde, das ich eben im Schiff der Kirche gesehen hat-
    te. Ganz ersichtlich hat man, bei einer erst kürzlich
    stattgehabten Übermalung, die Gruft zu Rate gezo-
    gen und das Mumienbild , wenn dieser Ausdruck gestattet ist, bei Restaurierung des Steinbildes benutzt.
    Kirche und Gruft enthalten übrigens der Epitaphien
    und Särge mehr, beispielsweise einer Frau von Rib-
    beck, gebornen Brand von Lindau, einer Frau von
    Lattorff, gebornen von Grävenitz, die alle dem vori-
    gen Jahrhundert angehören, aber weder künstlerisch
    noch historisch eine besondere Aufmerksamkeit ver-
    dienen.
    Ein Interesse erweckt nur noch das Altarbild, richti-
    ger die Predelle desselben, die, wie so oft, ein A-
    bendmahl darstellt. Christus in der Mitte, Johannes
    neben ihm; neben diesem aber, statt des Petrus, der

    1890
    Große Kurfürst . Er trägt Allongenperücke, dunkles, enganschließendes Samtkleid, Spitzenmanschetten
    und Feldbinde. Die wunderlichste Art von Huldigung,
    die mir der Art vorgekommen ist. Was wollen die
    anbetenden Donatoren auf den Madonnenbildern des
    Mittelalters daneben sagen! Sie knien doch immer zu
    Füßen der Madonna oder verdrängen wenigstens
    niemand; hier aber wird Petrus, wie eine Schildwacht, einfach abgelöst, und der Große Kurfürst
    zieht statt seiner auf.

    Fahrland
    Oh, wie warst du so schön, wenn die Fliegen der Stub
    im September
    Starben und rot die Eb'reschen am Hause des Jägers
    sich färbten;
    Wenn die Reiher zur Flucht, im einsam schwirrenden
    Seerohr,
    Ahnend den Sturm, sich versammelten.
    Aus Schmidt von Werneuchens »Fahrland«

    Von Potsdam bis Fahrland ist eine gute Meile. Der
    Weg läuft in gerader Linie nordwärts und wendet sich
    erst ganz zuletzt gegen Westen. Die erste halbe Mei-

    1891
    le, wenn man nicht das Glück hat, auf dem linkshin
    sich dehnenden Exerzierfelde die Potsdamer Garden
    in Übung zu sehen, ist interesselos; in Höhe des Dor-
    fes Nedlitz aber ändert sich die Szene, und wir

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