Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
so
    wird dieser als eine Opferstätte bezeichnet. Sehr
    leicht möglich, aber sehr schwer nachweisbar! Was
    man jetzt noch auf der Kuppe des Kirchberges findet, deutet auf viel spätere Zeiten hin. Man begegnet
    Feldsteinfundamenten, dazu zerkrümelten Ziegel-
    und Mörtelresten, die, so gering sie sind, doch kei-
    nen Zweifel darüber lassen, daß hier ein Backstein-
    bau gestanden habe. Auch ist es noch keine dreißig Jahre, daß hier, zehn Fuß hoch, ein Mauerwerk anfragte, das unverkennbar einem christlichen Gotteshause zugehörte. Es befand sich also hier, ganz wie
    auf dem Kapellenberge bei Blankensee, dessen Bau-
    trümmer überhaupt sehr lehrreich sind, eine jener
    weit ins Land hinausschauenden, zugleich als Weg-
    weiser dienenden kirchlichen Warten , die symbolisch von allem Umherliegenden Besitz nahmen und der
    Bevölkerung verkündeten: »So weit diese Kapelle
    blickt, ist alles dem Christengotte untertan.« So war
    es unmittelbar nach der Christianisierung. Später
    wurden Pilgerstationen und Wallfahrtskapellen dar-
    aus, die, in der Spätgotik, die sie unverkennbar zei-
    gen, einer verhältnismäßig neuen Zeit, oft erst, wie

    1895
    die Blankenseer Kapelle, dem Schluß des fünfzehn-
    ten Jahrhunderts angehören mögen. Denn die goti-
    sche Bauweise hielt sich in der Mark bis in die Mitte
    des sechzehnten Jahrhunderts hinein.

    Dorf Fahrland, sein Amtshaus, sei-
    ne Kirche und Pfarre

    Drüben Fahrlands Turm, aus dessen Luke
    Hörbar kaum die Abendglocke singt!
    Sieh die Hirtenfrau, die Napf und Kruke
    Ihrem Mann nach jener Hutung bringt;
    Sieh den Waldrand, wo trotz härnen Schleifen
    Unbesorgt die Sommerdrosseln pfeifen –
    Rings Wacholdersträuche, bunt zerstreut,
    Deren Frucht die Julisonne bläut.
    Schmidt von Werneuchen

    Eine offene Stelle, wo nur Hagebutten und verzwerg-
    te wilde Kirschen stehn, gestattet uns auf der sonst
    in ihrer Aussicht beschränkten Kuppe einen vollen
    Blick nach Nordwesten zu. Der nächste Punkt ist
    Fahrland. Wir steigen, um uns den Weg zu kürzen,
    den steileren Abhang des Berges hinunter, und nach
    zehn Minuten haben wir rechts und links, flach wie
    die Tenne, die Fahrlander Feldmark. Pappeln und

    1896
    Elsen fassen die zahlreichen Wege ein; Schlickmüh-
    len stehen an den Gräben hin, bereit, um die Regen-
    zeit, wenn alle Felder zu Inseln geworden sind, ihre
    Tätigkeit zu beginnen. Im ganzen eine reizlose Land-
    schaft, gleich arm an charakteristischen wie an
    Schönheitspunkten.
    Nicht viel günstiger wirkt Fahrland selbst. Von dem
    dichterischen Reiz, mit dem unser märkischer Poet
    par excellence dasselbe zu umkleiden wußte, ist we-
    nig zu entdecken. Wir passieren es also, um jenseits
    desselben den »Sipunt« kennenzulernen, der, in ei-
    nem gleichnamigen Gedichte, » Der Sipunt bei Fahr-
    land «, noch über die Dorfesherrlichkeit hinaus, eine poetische Glorifikation gefunden hat. Dieser Schilderung nach mußten wir eine Wolfsschlucht oder ir-
    gendeine Lieblingsstätte des Wilden Jägers erwar-
    ten1), aber eine mit Kropfweiden bepflanzte Niede-
    rung, die im Sommer den Charakter einer Wiese, im
    Herbst und Frühjahr den eines Luches hat, war alles,
    was sich unsrem Auge bot. Prosaische Tristheit an-
    stelle poetischer Gruslichkeit. Wir wählten deshalb
    von zwei Übeln das kleinere und kehrten in das Dorf
    zurück, das immerhin drei bemerkenswerte Stätten
    hat: das Amtshaus , die Kirche und die Pfarre .
    Das Amtshaus , ein relativ moderner Bau, auf dessen Entstehung wir zurückkommen, wirkt so nüchtern
    wie möglich. Die Stelle, auf der es steht, ist aber
    alter historischer Boden. Hier ging die Grenzscheide,
    hier stand das feste Schloß »Vorland«, ein Name, der
    sich erst um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts
    in Fahrland umwandelte.

    1897
    Um ebendiese Zeit, nachdem »Schloß Vorland« bis
    dahin landesherrliche Vogtei gewesen war, saßen
    hier die Stechows, die damals in verschiedenen
    Zweigen blühten und im Havellande reich begütert
    waren. Sie besaßen zunächst Stechow selbst, dann
    Satzkorn, Dyrotz, Groß Glienicke, Hainholz und Fahr-
    land. Hier in Fahrland hatten sie drei Rittergüter.
    Im allgemeinen wird wenig von ihnen gemeldet,
    doch erfahren wir aus den Kirchenbüchern, daß um
    die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts einer von
    der Familie lutherischer Prediger zu Fahrland war. Er
    hieß Hans von Stechow und starb 1558.2) Beinahe
    hundert Jahre später erfolgte dann ein Rückschlag,
    und wir finden um das Jahr 1646 folgende

Weitere Kostenlose Bücher