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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

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Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Aufzeich-
    nung: »Christoph von Stechow bekennt sich zur rö-
    misch-katholischen Lehre. Seine Mutter hält noch
    lutherisch aus. Gott kräftige sie.« Es ist also ersichtlich, daß ein Zweig der Stechows, ebenso wie der
    Rochows und andrer märkischer Familien, während
    des Dreißigjährigen Krieges wieder katholisch wurde.
    Es wäre gewiß interessant, zu erforschen, was diese
    Wandlung herbeiführte. War es einfach ein religiöser
    Zug, der in der einen Kirche keine Befriedigung fand
    und sie bei der andern suchte, oder war es deutsch-
    nationales Gefühl, Hinneigung zum Kaiser und Haß
    gegen Schweden, dessen bloß ehrgeizige Absichten
    damals bereits klar zutage lagen?
    Die Fahrlander Stechows waren sehr wahrscheinlich
    noch 1699 katholisch, wenigstens einige von ihnen,
    wie aus folgendem Schreiben hervorgeht, das 1788
    in Fahrland eintraf und den Kirchenakten einverleibt

    1898
    wurde. Das Schreiben lautete: »Herr Christoph von
    Stechow besaß mit seinem Bruder Johann Wolfgang
    von Stechow, Domherrn und nachherigem Domde-
    chant zu Halberstadt, das Lehngut Fahrland in der
    Mittelmark und verkaufte solches für 50 000 Taler an
    den damaligen Kurfürsten zu Brandenburg, nachhe-
    rigen König von Preußen, Friedrich I., Anno 1699.
    Herr Christoph von Stechow zog darauf nach Schle-
    sien, kaufte daselbst Güter und ward vom Kaiser
    Leopold nebst seiner männlichen und weiblichen
    Deszendenz in den alten Freiherrnstand des König-
    reichs Böhmen erhoben. Seine Gemahlin war Thekla
    Margaretha von Moenster, mit welcher er in Fahrland
    zwei Kinder erzeugt hat: Maria Josepha von Ste-
    chow, welche 1690, und Franz Wolfgang von Ste-
    chow, welcher 1694 geboren wurde. Da diese Kinder
    in Fahrland das Licht der Welt erblickten und vermut-
    lich in der dortigen Kirche getauft wurden, so wird
    um deren Taufschein ergebenst gebeten.« (Diesem
    Wunsche konnte willfahrt werden. Man fand beide
    Kinder im alten Kirchenbuch verzeichnet, und ihre
    Taufscheine wurden ausgestellt.)
    Von 1699 ab war Fahrland kurfürstlich beziehungs-
    weise königlich. Kurfürst Friedrich III. ließ das alte
    Schloß abtragen und dafür »ein neues Schloß oder
    Lusthaus von zwei Etagen mit sieben Logamenten«,
    welches zugleich als Amtshaus dienen sollte, erbau-
    en. Bei Herstellung desselben wurde die alte Kirche
    auf dem Kirchberg als Steinbruch benutzt, und die
    schönen Gewölbe und Spitzbogen fielen, um als
    »Amtshaus im Kasernenstil« wieder aufzustehn.

    1899
    Die Kirche in Fahrland wirkt nicht besser. Sie präsentiert sich als ein schmuckloser Bau, in dem direkte
    Überreste alter Gotik so geschickt bekalkt und be-
    mörtelt sind, daß nichts übriggeblieben ist als Wand
    und Fenster und der Unterbau eines Turms. Auch das
    Innere wirkt nüchtern. Aber der Kirchhof ist nicht
    ohne Interesse, besonders an der schattigen Stelle,
    wo er seinen Rasen in einen durch Kirche und Sakris-
    tei gebildeten Winkel einschiebt. Hier wurden die
    Geistlichen bestattet; die Grabsteine erzählen davon.
    In Dörfern, in denen die adligen Geschlechter weg-
    sterben, treten die Pfarrherren in gewissem Sinne an
    die Stelle derselben; sie werden die Herren, jeden-
    falls die Repräsentanten des Dorfs, alle entsprechen-
    den Ehren fallen ihnen zu, und ihre Grabsteine fangen an, die bevorzugten Stellen innerhalb und au-
    ßerhalb der Kirche einzunehmen. So auch hier.
    Das Pfarrhaus . Einer der Grabsteine, hochaufgemauert, gönnt, wie ein kleines Kastell, einen Überblick,
    und zwischen schrägstehenden, dickstämmigen
    Maulbeerbäumen hindurch, über die alte Kirchhofs-
    mauer hinweg, trifft unser Auge auf das still und ab-
    gelegen daliegende Predigerhaus. Ein märkisches
    Haus, so einfach wie möglich, einstöckig, zwei mäch-
    tige Linden vor der Tür, die Front des Hauses von
    wildem Wein umrankt; die Fensterpfeiler so schmal,
    daß das Ganze wie ein Glashaus aussieht oder wie
    die Predigerhäuser auf alten holländischen Bildern.
    Über der Tür ein kurzes: »Friede sei mit euch.«
    Wir treten ein. Es ist ein historisches Haus. An eben-
    dieser Stelle, wenn auch nicht unter diesem Dach,

    1900
    wurde Schmidt von Werneuchen geboren. Es ent-
    spricht in nichts dem reizenden Bilde, das unser viel
    und gern zitierter Freund in seinem besten Gedichte
    (»Fahrland«) von dem zu seiner Zeit hier stehenden Predigerhause entworfen hat:
    Ach, ich kenne dich noch, als hätt ich dich gestern verlassen,
    Kenne das hangende Pfarrhaus noch mit verwittertem Rohrdach ,
    Kenne

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