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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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der,
    1748 zu Ingolstadt geboren, an der Universität sei-
    ner Vaterstadt studiert und 1775 ebendaselbst die
    Professur des Natur- und kanonischen Rechts erhal-
    ten hatte. Schon als Student – es lag eben in der
    Zeit – hatte ihn die Stiftung eines Ordens beschäf-
    tigt; jetzt, gereifter, entwarf er die Statuten für den Orden der »Perfektibilisten«, die dann später den
    mehr bezeichnenden und besser sprechbaren Namen
    der Illuminaten annahmen. Die Gründung des Or-
    dens erfolgte 1776. Weishaupt selbst bezeichnete als
    Aufgabe desselben: »selbstdenkende Menschen aus
    allen Weltteilen, von allen Ständen und aus allen
    Religionen durch ein gegebenes höheres Interesse in
    ein einziges Band dauerhaft zu vereinigen und sie
    dahin zu leiten, aus wahrer Überzeugung und von
    selbst zu tun, was kein öffentlicher Zwang, seit Welt

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    und Menschen sind, je bewirken konnte«. In einem
    Briefe gab er sich noch deutlicher und zuversichtli-
    cher: »Der Endzweck des Ordens ist daß es Licht
    werde, und wir sind die Streiter gegen die Finsternis .
    In fünf Jahren sollen Sie erstaunen, was wir getan
    haben. Merken Sie sich's, der Endzweck des Ordens
    ist, frei zu sein. Wenn sich alles so fortentwickelt wie seit einiger Zeit, so gehört in kurzem unser Vaterland uns. Habe ich einmal den Grund des Baues fest
    gestellt, so mag geschehen, was wolle. Man wird
    dann, auch wenn man wollte, nicht mehr imstande
    sein, die Sache zugrunde zu richten.«
    Die ersten Erfolge des Ordens entsprachen dieser
    Zuversicht; viele vornehme, gelehrte und rechtschaf-
    fene Männer traten ihm bei, darunter Knigge (1780),
    der alsbald eine besonders umsichtige und energi-
    sche Tätigkeit zu entfalten begann. Aber diese Blüte,
    so rasch sie gezeitigt war, so rasch ging sie vorüber.
    Knigge und Weishaupt, von verschiedenen Ansichten
    geleitet, entzweiten sich; der erstere trat zurück, mit ihm eine Anzahl Mitglieder, und so in sich geschädigt
    und zerfallen, erlag der Orden dem Sturme, der jetzt
    von außen her ihn traf. Alles Illuminatentum wurde in Bayern, das den Hauptsitz bildete, verboten und
    Weishaupt 1785 seines Amtes entsetzt. Er fand bei
    dem Herzoge Ernst von Gotha Aufnahme; aber der
    Orden selbst erlag der staatlichen Obergewalt, die
    ihn, mit Prozessen und Strafverfügungen energisch
    vorgehend, wie einen Brand austrat.
    Soviel über die Illuminaten. Ein kurzes Leben. Sehr
    wahrscheinlich, daß dieser Orden, wie so viele ande-

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    re Verbindungen jener Zeit, ohne Sang und Klang
    und ohne ein Blatt in der Geschichte vom Schauplatz
    abgetreten wäre, wenn er nicht während der kurzen
    Dauer seiner Existenz eine Gegenströmung hervorgerufen hätte, die, berühmter werdend als der Illu-
    minatenorden selbst, diesem alsbald einen Reflex der
    eigenen Berühmtheit lieh. Mit anderen Worten, das
    Illuminatentum wäre vielleicht vergessen, wenn nicht der geheimbündlerische Drang sofort einen feindlichen Bruder geboren hätte. Dies waren die Rosen-
    kreuzer ; ein alter Name, aber eine neue Sache.
    Wir beginnen mit einem historischen Rückblick.
    Die Rosenkreuzer waren eine alte alchimistische Ver-
    brüderung, die weit in die Geschichte zurückgeht. Ihr
    Stifter war Frater Rosenkreuz, ein Deutscher, wie
    sein Name bezeugt. Daß ein solcher Mönch wirklich
    gelebt und mit seinen Adepten die Goldmachekunst
    getrieben habe, scheint unzweifelhaft; über diese
    einfache Tatsache hinaus aber hüllt sich alles in Ne-
    bel, und die Geschichte vom Tode und von der Wie-
    derauffindung des alten Rosenkreuz gibt sich nicht
    einmal die Mühe, ihren Fabelcharakter zu verbergen.
    Diese Geschichte lautet wie folgt:
    »Frater Rosenkreuz, nachdem er seiner Reisen durch
    Arabien und Afrika und seines vieljährigen Verkehrs
    mit den ›afrikanischen Weltweisen‹ müde geworden
    war, begab sich nach England und wohnte nicht weit von London, woselbst er eine unterirdische Höhle
    errichtete und ein Buch schrieb, worauf er ›G. L.‹
    statt des Titels setzte. Sein Vetter Benedikt Rosen-

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    kreuz war gemeiniglich um ihn. Diesem befahl er, bei
    Ablegung eines großen Schwurs, daß er nach seinem
    Tode sogleich das Gewölbe zuschließen und eine be-
    stimmte große Tafel davorsetzen sollte, worauf die
    Namen seiner Schüler standen; den Zugang selbst
    sollte er mit Erde verschütten. Alles dies geschah mit
    der größten Genauigkeit, so daß man von Rosen-
    kreuz nichts weiter hörte. Über dieser Höhle stand
    aber ein sehr alter Akazienbaum ,

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