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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Schuldig-
    keit. Die Taxe war niedrig; ich gab ihm ein Stück
    Geld, etwa das Fünffache. Er nahm es, sagte nichts
    und erwiderte meinen »Guten Abend« durch ein
    Geknurr, das über seine Enttäuschung keinen Zweifel
    ließ. Die Fährleute sind ein eigen Geschlecht und
    haben ihren eigenen Artigkeitskodex.

    2070
    Ich schritt nun die Querallee hinauf, kreuzte die
    Dorfstraße und erstieg den Mühlenberg, hinter des-
    sen Kamm, bereits erblassend, die Abendröte stand.
    Ein schwacher rötlicher Schimmer säumte nur noch
    den Himmel gegenüber. Das Dorf, die Wublitz waren
    still; im Fährhaus schimmerte ein Licht, die Schwäne
    sammelten sich am Schilf, die Abendglocke klang in
    langsamen Schlägen über Uetz hin.
    Du schönster Ort im ganzen Havelland,
    Wer könnte je dich ungerührt verlassen!

    Paretz
    I

    Die Stätte, die ein guter Mensch betrat,
    Ist eingeweiht; nach hundert Jahren klingt
    Sein Wort und seine Tat dem Enkel wieder.
    »Tasso«

    Von Uetz nach Paretz ist noch eine gute halbe Meile.
    An einem Sommernachmittag ein entzückender Spa-
    ziergang. Der Weg führt durch Wiesen rechts und
    links; der Heuduft dringt von den Feldern herüber,
    und vor uns ein dünner, sonnendurchleuchteter Ne-
    bel zeigt die Stelle, wo die breite, buchten- und
    seenreiche Havel fließt. Paretz selbst verbirgt sich bis 2071
    zuletzt. Nun endlich wird der Weg ein aufgeschütte-
    ter Damm, an die Stelle der Obstbäume, die uns bis-
    her begleiteten, treten hohe Pappeln, überall die
    spalierbildende Garde königlicher Schlösser, und als-
    bald, über eine zierliche Brücke hinweg, die den Na-
    men »Infantenbrücke« trägt, beschreiten wir die
    Dorfstraße. Diese führt mitten durch den Park, macht
    eine Biegung, verbreitert sich, und – wir sind am
    Ziel: links das Schloß, ein langgestreckter, schmuck-
    loser Parterrebau mit aufgesetztem niedrigen Stock,
    rechts eine Gruppe alter Eichen und ihnen zur Seite
    die gotische Kirche des Dorfs. Über die Straße hin
    grüßen sich beide, in ihrer Erscheinung und in ihrem
    Eindruck so verschieden wie die Zeiten, denen sie
    angehören. Die Poesie fällt der älteren Hälfte zu.
    Es ist um die fünfte Stunde. Eine Schwüle liegt in der
    Luft; selbst das Pappellaub, das immer plaudert, ist
    still; das Schloß blickt uns an wie verwunschen; sei-
    ne Läden sind geschlossen. Nur der Vorgarten, mit
    kleinen gezirkelten Beeten, hier mit Aurikeln, dort
    mit Reseda eingefaßt, liegt offen da. Wir treten ein.
    Der seltene Besuch hat Neugierige herbeigelockt, der
    Schloßdiener kommt, zuletzt er , der diesen Platz zu hüten hat – der Hofgärtner. Er begrüßt uns. Erhitzt
    vom Marsch, sprechen wir den Wunsch aus, uns erst
    wieder frisch machen zu dürfen, ehe wir in die
    dumpfe Kühle des Schlosses eintreten. So nehmen
    wir denn Platz auf einer Sommerbank und plaudern.
    Paretz ist alt-wendisch. Die Nachrichten sind sehr
    lückenhaft. Es gehörte ursprünglich zur Kirche von
    Ketzin, kam dann in den Besitz der Arnims und Diri-

    2072
    ckes, welch letztere es 1658 an die Familie Blumen-
    thal veräußerten. Die Blumenthals, später freiherrlich
    und gräflich, saßen hier in drei Generationen, bis
    Obristlieutenant Hans August von Blumenthal es
    1795 an den damaligen Kronprinzen, spätren König
    Friedrich Wilhelm III., verkaufte. Es entsprach ganz
    den gestellten Bedingungen und Wünschen.

    Paretz von 1796 bis 1806
    Diese Wünsche gingen vor allem auf Stille, Abge-
    schiedenheit. Sehr bald nach seiner Vermählung hat-
    te sich der Kronprinz Schloß Oranienburg zum Auf-
    enthalt ausersehen, dessen landwirtschaftlicher Cha-
    rakter, beiläufig bemerkt, eine große Verwandtschaft
    mit dem von Paretz zeigt. Aber das Schloß daselbst –
    damals noch viel von der Pracht aufweisend, die ihm
    Kurfürst Friedrich III. gegeben hatte – war ihm viel
    zu groß und glänzend, und so kam ihm die Nachricht
    überaus erwünscht, daß das stille Paretz, das er zu-
    fällig aus seinen Kindertagen her kannte (Obristlieu-
    tenant von Blumenthal war damals Prinzengouver-
    neur gewesen), zu verkaufen sei. General von Bi-
    schofswerder, von dem benachbarten Marquardt aus,
    machte den Vermittler, das Geschäftliche wurde
    schnell erledigt, und unter des Hofmarschalls von
    Massow Aufsicht begann der Abbruch des alten
    Wohnhauses und der Aufbau des neuen Schlosses.
    Dieser erfolgte, nach einem Plane des Oberbaurats
    Gilly, in »ländlichem Stile«. »Nur immer denken, daß
    Sie für einen armen Gutsherrn bauen«,

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