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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Schelling, Hegel, Schlegel,
    Tieck«, so schreibt er, »und wie die sich wich-
    tig dünkenden Männer und Männchen weiter
    heißen, preisen sich zwar fleißigst einer den
    andern und sprechen von allen Philosophen
    und Dichtern, welche nicht zu ihrer geheilig-
    ten Kirche gehören, sowie auch von der ge-
    sunden Vernunft und Aufklärung aufs ver-
    ächtlichste. Aber auch das Verachten will
    nicht gelingen... Sie versichern daher, die
    Entdeckung gemacht zu haben, daß Fichte
    und Schelling, ob sie gleich, leider! schon an-
    fangen voneinander zu differieren (wie uns
    Herr Hegel, ein neulichst berühmt werden
    wollender Philosoph, in einer besondere
    Schrift des breiteren auseinandersetzt), den-
    noch die einzigen Philosophen sind, denen,
    auch wenn sie nicht übereinstimmen, allein
    das wahre Wissen vom Subjekt-Objekte ge-
    bührt. Ferner noch haben diese Herren durch
    ihre intellektuelle Anschauung deutlich er-
    kannt, daß Wieland und Klopstock keine Dich-
    ter sind, hingegen Friedrich Schlegel und
    Ludwig Tieck Dichter vom größten Genie!« –
    So eifert Nicolai über viele Seiten hin. An ei-
    ner anderen Stelle zieht er direkt Parallelen
    zwischen den Rosenkreuzern einerseits und

    2064
    Fichte-Schelling anderseits und findet, daß die
    Philosopheme beider sich als »gleich unge-
    reimt« erweisen. All das ging ihm eben über
    Kraft und Verständnis.

    Uetz

    Wie reizend sind, du schönes Dörfchen Uetz,
    Heut deiner Gärten Äpfelblütenreiser,
    Dein gotisch Kirchlein, deiner Fischer Kiez,
    Dein Pfarrgehöfte, deine Bauerhäuser...
    Die Pferde sind zur Rückfahrt angespannt,
    Vom Felde treibt der Kuhhirt durch die Gassen –
    Du schönster Ort im ganzen Havelland,
    Wer könnte je dich ungerührt verlassen!

    »Du schönster Ort im ganzen Havelland«, unter die-
    sem Anruf nimmt unser märkischer Poet par excel-
    lence, unser vielbespöttelter Schmidt von Werneu-
    chen, von jenem stillen Haveldorfe Abschied, dessen
    etwas seltsam klingenden Namen wir an die Spitze
    dieses Kapitels gestellt haben.
    »Du schönster Ort« – wir wollen es, auf die Autorität
    unseres Freundes hin, glauben. Aber ob der schönste
    oder nicht, der stillste gewiß. Die Natur hat es so
    gewollt.

    2065
    Die Havel, die auf ihrem Mittellaufe überall Seen und
    Buchten bildet, streckt an dieser Stelle eine sackgas-
    senartige Abzweigung, die »Wublitz«, tief ins Land
    hinein und bildet dadurch eine Wassergabel, die das
    von drei Seiten her umschlossene Stück Land zu ei-
    ner Halbinsel macht. Auf dieser Halbinsel, tief inner-
    halb der Gabel, liegt unser Uetz, das, um ebendieser
    Lage willen, nur mit Hülfe einer Fähre oder aber auf
    weiten Umwegen erreicht werden kann. Beides ein
    Hindernis im Verkehr.
    Eine kurze Zeit hindurch schien es, als sollte das stil-le Dorf mit in die Welt, von der es sonst abgeschlos-
    sen liegt hineingezogen werden. Das war zu Ende
    des vorigen und zu Anfang dieses Jahrhunderts, wo
    das eine halbe Meile von Uetz gelegene Paretz, sozu-
    sagen die Hauptstadt dieser kleinen Halbinsel, in den
    Besitz König Friedrich Wilhelms III. überging. Um
    diese Zeit – der König wählte immer den Wasserweg
    – wurde Uetz zu einer vielgenannten Fährstelle. Der
    Fischer, der den Dienst versah, hatte seine goldnen
    Tage; an die Stelle der alten Fährmannshütte trat ein
    reizendes Haus im Schweizerstil, betreßte Röcke
    spiegelten sich im dunklen Wublitz-Wasser, und die
    Dorfstraße entlang, in der bis dahin bei Regenwetter
    die Dungwagen steckengeblieben waren, schaukelten
    sich jetzt die königlichen Kutschen. Das war
    bis 1810. In den zwanziger und dreißiger Jahren fla-
    ckerte es noch einmal auf, dann erlosch es ganz.
    Uetz war wieder das »stillste Dorf im ganzen Havel-
    land«.

    2066
    Solchem stillsten Platze zuzuschreiten, wie wir jetzt
    tun, hat immer einen besonderen Reiz. Die Nauener
    Chaussee, die wir halten, läuft parallel mit der
    Wublitz, und je nach den Sattlungen des Weges
    schwindet Uetz und erscheint wieder; immer neue
    Verschiebungen treten ein, und bald hinter hohen
    Pappeln, bald hinter Weiden hervor schimmert das
    goldene Kreuz seiner Kirche. Unser Weg hat uns
    endlich bis in die Höhe des Dorfes geführt, und nach
    links hin einbiegend, stehen wir nach einem kurzen
    Marsch am Ufer des mehrgenannten Havelarms, der
    sich selbst und seinen Zauber bis dahin vor uns
    verbarg. Drüben liegt das Fährhaus. Aber der Blick
    nimmt uns so gefangen, daß wir unser »Hol über!«
    unterlassen und

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