Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
beiden gesunden Kähnen
    fest, bis die Ladung geborgen ist; ist aber der
    Schwielow schlechter Laune und weiß er's dahin ein-
    zurichten, daß der eine Kran schärfer anzieht als der
    andere, so ist alles verloren: das Schiff zerbricht, die Ladung geht in die Tiefe, und die Trümmer treiben
    umher. Wie es mit dem Strandrecht am Schwielow
    steht, kann ich nicht sagen.«
    So ging die Rede. Noch manches Wort fiel, vom Zie-
    gelbetrieb, von Maulbeerbäumen und Seidenzucht,
    vom Kornhandel nach Sachsen, vom Weinbau, der
    einst an diesen Hügelhängen blühte, zuletzt von der
    Jagd und den Wilderern am Schwielow hin.
    »Sie treiben's arg«, hob unser Erzähler wieder an.
    »In den kleinen Ortschaften, da, südlich über Ferch
    hinaus, da sitzen sie; jeder kennt sie, aber keiner
    kann es beweisen. In Kittel oder Joppe geht es zum
    Tor hinaus, tausend Schritt weiter hin, unter einem
    dichten Wacholderbusch, hat er seine Büchse ver-
    graben; nun holt er sie aus Moos und Erde hervor,
    und – der Wilderer ist fertig. Ja, ihr Herrn Berliner« –
    und dabei hob er scherzhaft den Finger gegen mich –
    , »um euren Festbraten säh es schlecht aus, wenn
    die Wilderer nicht wären und ihren Hals dransetzten.
    Wenn der Rehrücken erst auf der Tafel steht,

    2163
    schmeckt's keiner mehr, wessen Blei ihn getroffen.
    Manch einem mundet's auch wohl um so besser, je
    mehr er weiß, es ist so was wie verbotene Frucht.
    Aber sie zu pflücken ist mühevoll; das muß wahr sein. Der Förster da unten ist ihnen zu hart auf der
    Spur, der versteht keinen Spaß, ›du oder ich‹; zwei
    haben's schon bezahlen müssen, und beide Male
    haben ihn die Gerichte freigesprochen. Es ist ein ei-
    gen Ding um Menschenblut. Ich hätt's nicht gern an
    meinen Händen. Aber am Ende, wenn's hieße: meins
    oder deins, ich dächt auch lieber: deins.«
    Unser Auge hatte sich unwillkürlich nach Ferch hin-
    über gerichtet; ein Schuß, der in den weiten Wal-
    dungen widerhallte, durchzitterte uns leise. Die Son-
    ne neigte sich; in einer Viertelstunde mußte sie unter
    sein. Wir eilten zu unserm Boot und nahmen, uns
    rückwärts setzend, unseren Blick gegen Westen, um
    vom Wasser aus dem Schauspiel folgen zu können.
    Noch eh wir die Mitte des Sees erreicht, hing der rote
    Ball über dem Sparren- und Schattengerüst der Zug-
    brücke von Baumgartenbrück, während das glühende
    Spiegelbild der Sonne nur drei Handbreit tiefer
    stand. Die eine Sonne dicht über dem Horizont, die andere dicht über dem Wasser, und nur der schwarze Streifen des Brückengebälks zwischen beiden!
    Nun unter. Die Nebel fingen an, leise zu brauen. Ein
    Schleier über Wasser und Wald; Ferch dämmerte
    immer unbestimmter herauf; nur am Caputher Ufer
    war es noch hell.

    2164
    Welch Bild jetzt! Da, wo das »Gemünde«, das tiefge-
    hende eigentliche Fahrwasser, das aus der Havel in
    den Schwielow führt, sich als ein blauer Streifen
    markiert, zogen in langen Rudeln die Havelschwäne;
    zu beiden Seiten des »Gemündes« aber, an den ein-
    fassenden seichten Stellen Spalier bildend, blühten in
    dichten Guirlanden die weißen Teichrosen aus dem
    Wasser auf. In einiger Entfernung war es nicht zu
    unterscheiden, wo das Blühen aufhörte und das Zie-
    hen und Schwimmen begann. Und durch all das Weiß
    hin, das eben jetzt einen leisen Schimmer der schei-
    denden Abendröte trug, schob sich unser Kahn an
    die Caputher Fähre heran, und der Fährmann, am
    Ufer unser harrend, hieß uns willkommen und be-
    glückwünschte uns als »wieder zurück vom Schwie-
    low «.

    2165

Caputh

    2166
    Wer hat nicht von Caputh (so heißt das Dorf) gehöret,
    Das, in verwichner Zeit, die größte Zier besaß,
    Als Dorothea sich, die Brandenburg noch ehret,
    Das Schloß am Havelstrom zum Witwensitz erlas.
    Bellaminies: »Das itzt-blühende Potsdam«

    Man hat bei diesem Schiff das Schiff sich vorzustellen, Mit dem Kleopatra, in göttlicher Figur,
    So einer Venus glich, auf Cydnus' blauen Wellen
    Zu dem Antonius, als ihrem Bacchus, fuhr.
    Ebendaselbst

    Die Sonne war eine halbe Stunde unter, als wir wie-
    der diesseit des Schwielow standen; es war keine
    Zeit mehr für Caputh; die schmale Mondessichel
    reichte nicht aus – die Stunde war verpaßt. So sahen
    wir uns denn vor die Alternative gestellt, ob wir, mit
    der Chance, den letzten Zug zu versäumen, unseren
    Rückweg antreten oder, coûte que coûte, in Caputh
    übernachten wollten. Ich tat die entsprechende Fra-
    ge, meine Bedenken hinsichtlich des

Weitere Kostenlose Bücher