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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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her-
    kömmlichen Technik allerdings widerstreitet und den
    ruhig ebenmäßigen Gang der Erzählung mehr oder
    weniger behindert, was gelegentlich selbst den , der sich dieser Exkurse freut, auf Augenblicke stören
    kann. Alles in allem aber bedeutet diese Vortrags-
    weise doch einen Vorzug, weil etwas überaus Anre-
    gendes dadurch zum Ausdruck kommt, das nicht
    immer den Formensinn, aber desto mehr das Inte-
    resse befriedigt.
    Und nun gebe ich ihm selber das Wort.
    »... Mein Vater, ein Tuchmachergesell, heiratete
    meine Mutter, die damals schon einen kleinen Laden
    besaß. Ich soll mehr der Mutter als dem Vater ähn-
    lich gewesen sein, auch in den Charaktereigenschaf-
    ten. Von frühan war ich geschickt zu allerhand Hand-
    arbeiten und saß gern in den Zimmerecken umher,
    um Silhouetten aus schwarzem Papier auszuschnei-

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    den. Das Zeichnen und Austuschen spielte bei uns
    Geschwistern eine große Rolle. Nur mein ältester
    Bruder, der schon mit einigen zwanzig Jahren an der
    Schwindsucht starb, hatte keine Begabung dafür,
    besaß statt dessen aber ein so glänzendes Gedächt-
    nis, daß er in seiner langen Krankheit, bloß mit
    Grammatik und Wörterbuch in der Hand, mehrere
    Sprachen für sich allein erlernte.
    Mein Schulunterricht begann in der Bürgerschule.
    Während ich diese noch besuchte, bat ich die Eltern,
    mich zum Gymnasialzeichenlehrer Masch in den Zei-
    chenunterricht zu schicken. Das wurde denn auch
    gewährt. Ich erhielt eine zufällig im Hause sich vor-
    findende Zeichenmappe, die so groß war, daß ich sie
    kaum umspannen konnte. Mit dieser unterm Arm
    schlich ich mich ängstlich ins Gymnasium, wohin ich
    noch nicht gehörte und deshalb fürchtete, von den
    anderen Lehrern gesehen und fortgewiesen zu wer-
    den. Diese Furcht dauerte denn auch an, bis ich die
    Bürgerschule verließ und auch in den anderen Lehr-
    gegenständen ins Gymnasium aufgenommen wurde.
    Vater und Mutter, auf den Erwerb bedachte Naturen,
    waren fortwährend in Laden und Küche beschäftigt,
    was zur Folge hatte, daß wir Kinder einigermaßen
    verwilderten. Wir streiften vor den Toren der Stadt
    umher, um Pflanzen, Käfer, Vogeleier und allerhand
    Naturgegenstände zu sammeln, so daß unser Zim-
    mer bald einem Naturaliencabinet glich. Die Schrän-
    ke waren gefüllt mit Herbarien, Insekten, Steinen
    und Muscheln. Auf Pappe aufgezogene Fische hingen
    an den Wänden, auf den Spinden standen selbster-

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    legte und ausgestopfte Vögel. Mein Vater hatte mir
    nämlich eine Flinte gekauft, so daß ich Sonnabend
    nachmittag auf die Jagd gehen konnte. Dadurch
    wurde der Sinn geweckt, die Natur zu beobachten.
    Aber das Lernen in der Schule ward vernachlässigt.
    Ein Hauslehrer mußte deshalb aushelfen und uns
    wieder ins Geleise bringen.
    Ein solcher Hauslehrer ward in der Person eines Kan-
    didaten der Theologie gefunden. Er hieß Dr. Paetsch,
    war Privatdozent an einer Universität gewesen und
    anfangs der dreißiger Jahre Hilfsgeistlicher des Rup-
    piner Superintendenten Bientz geworden, von dem
    er dann, bei B.' endlichem Hinscheiden, eine ganze
    Galerie langer Pfeifen geerbt hatte, die nun als
    Schmuck an den Wänden seines Zimmers hingen.
    Lange freilich paradierten sie da nicht, wurden viel-
    mehr auf unseren Rücken zerschlagen. Das dadurch
    erzielte Resultat war aber auch ein glänzendes, in-
    soweit es uns zu durchaus folgsamen Kindern mach-
    te. Wir liefen keinen Schritt mehr über den Rinnstein
    vor dem Hause, der die Grenze bezeichnete, bis wo-
    hin wir gehen durften. Dr. Paetsch war streng, wor-
    unter indes unsere Liebe zu ihm nicht litt. Ich brach-
    te ihm gern des Morgens den brennenden Fidibus
    ans Bett, da seine Gewohnheit war, vor dem Aufste-
    hen eine Pfeife Tabak zu schmauchen. Er fand, daß
    ich gut schreiben konnte, weshalb ich seine Briefe an
    die hohen Herrschaften, an den König und verschie-
    dene Prinzen und Prinzessinnen, abschreiben mußte,
    denen er seine in Ruppin gehaltenen und dann in
    Druck gegebenen Predigten schickte. Er empfing
    dafür einen Dukaten, und wenn es sehr hoch kam,

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    einen Doppel-Louisdor. Übrigens soll er in Ruppin die
    besten Predigten gehalten haben, was freilich nach
    dem damaligen Stande der Ruppiner Predigerkunst
    nicht viel sagen will. Während seiner Privatdozenten-
    jahre, weil er neben dem Tabak auch eine Passion
    für edle Getränke hatte, war sein ererbtes Vermögen
    von ihm aufgezehrt worden. Später ward er Pastor in
    Rudow, wo ich ihn mal von Ruppin aus in

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