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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

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Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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den Ferien
    zu Fuß besuchte. Wie er als Hirt seine Gemeinde ge-
    führt, weiß ich nicht. Den Pfarrgarten verwaltete er
    so, daß bald kein Obstbaum, kein Stachelbeerstrauch
    mehr übrigblieb, weil bei der Unausreichendheit sei-
    ner Kircheneinnahmen für Holz und Torf alles in den
    Ofen wandern mußte. Seiner Richtung nach war er,
    wie sonst im Leben, auch auf religiösem Gebiet ein
    Schöngeist und für Schleiermacher enthusiasmiert.
    Während der Predigtzeit durften wir nicht ins Freie
    gehn – sonst aber unterließ er es, auf unser religiö-
    ses Bewußtsein einzuwirken.
    Meine Hauptlektüre bestand damals in Reisebe-
    schreibungen. Ein besonderes Entzücken gewährten
    mir die afrikanischen Entdeckungsreisen ins Kapland
    von Levaillant und besonders die von Mungo Park am
    Niger, nach Timbuktu hin, ein Buch, darin ich noch
    vor kurzem mit Vergnügen geblättert habe. Als
    Quartaner las ich viel über Ägypten, infolgedessen
    ich meiner Mutter auf ihre Frage, ›was ich werden
    wollte‹, zuversichtlich erklärte, daß ich vorhätte,
    nach Kairo zu gehn und die Pyramiden zu erforschen.
    Ja, ich fing an, Geld zu sparen, um seinerzeit die
    Reise beginnen zu können.

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    Schinkel besuchte um diese Zeit jährlich seine
    Schwester in Ruppin und kam auch mal ins Haus
    meines Vaters, was darin seinen Grund haben moch-
    te, daß eine Nichte von ihm mit einem Bruder meiner
    Mutter verheiratet war. Trotz meiner Jugend ist mir
    doch seine Erscheinung unvergeßlich im Gedächtnis
    geblieben.
    Einige Jahre später saß ich, eine Nacht hindurch, mit
    Christian Rauch im Postwagen zusammen (zwischen
    Halle und Potsdam), und auch seine Züge prägten
    sich mir ein, ja, ich erinnere mich noch einiger seiner Gespräche. Durch einen Ruppiner Landsmann, der in
    seinem Atelier Dienste tat, fand ich Gelegenheit, sei-
    ne Werkstatt zu besichtigen, und bekam sogar die
    Rauchsche Goethe-Statuette geschenkt, die ich nun,
    wie ein Kleinod, mit heimnahm und während der
    Nachtfahrt von Berlin nach Ruppin in dem unbeque-
    men Marterwagen keinen Augenblick aus den Hän-
    den ließ. Die Statuette, die ich noch besitze, habe ich oft, wenn ich aus der Schule nach Hause kam, mit
    Freude betrachtet.
    Als Sekundaner benutzte ich die Ferien, um, der Six-
    tinischen Madonna halber, zu Fuß nach Dresden zu
    wandern. Ich hatte gelesen, daß das Bild von Raffael
    das schönste der Welt wäre. Welch Genuß mußte es
    sein, dasselbe zu sehn! Bilder auch zu verstehn
    schien mir selbstverständlich. Ich war daher verwun-
    dert, daß mir andere Bilder der Galerie noch besser
    gefielen. Sie lagen wohl meinem Verständnis näher.
    Und als etwas Eigentümliches muß ich es auch an-
    sehn, daß mir die Elginschen Abgüsse der Parthenon-

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    Figuren des Phidias schon damals einen sehr großen
    Eindruck machten. Vielleicht trug die Liebe für klassi-
    sches Altertum, die der Direktor des Ruppiner Gym-
    nasiums, Professor Dr. Starke, uns einzuflößen ver-
    standen hatte, nicht unwesentlich dazu bei, desglei-
    chen die häufige Lektüre Lessings, Goethes und be-
    sonders Winckelmanns, dessen Geschichte der grie-
    chischen Kunst ich damals mit Vorliebe studierte.
    Etwas später, als Primaner, reiste ich in den Ferien
    nach Kopenhagen, um Thorwaldsens Werke kennen-
    zulernen. Bis Lübeck ging's zu Fuß. Dort empfing ich,
    angesichts der schönen Kirchen und Rathäuser, zu-
    erst eine Ahnung mittelalterlicher Kunst.
    Die heimatliche Mark, so großen poetischen Genuß
    sie auch durch ihre Seen, Wälder und Wiesen gewäh-
    ren kann, ist doch andererseits nicht geeignet, uns
    die Romantik des Mittelalters nahezubringen. Daher
    blieb mir denn auch bis ins reifere Mannesalter hin-
    ein die strenge Kunst (die recht eigentlich vaterländi-
    sche) der Dürer und Holbein fremd. Jetzt freilich
    glaube ich zu verstehn, daß die Holbein, Dürer und
    van Eyck auch ein Höchstes in der Kunst geleistet
    haben. Bessere Zeichnungen, das heißt charakteris-
    tischere, als die Portraits von Holbein in Basel kann
    ich mir in ihrer Art nicht vorstellen.
    Ehe ich das Abiturientenexamen nicht gemacht, durf-
    te ich auch Ruppin nicht verlassen. Nun aber war der
    Moment der Freiheit da. Ich erinnere mich noch des
    seligen Gefühls, als ich im Postwagen saß und mei-
    ner Vaterstadt Lebewohl gesagt hatte. Mit den übri-

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    gen Personen, die den Postwagen füllten, ein Wort zu
    sprechen war mir unmöglich, und ich mußte Bemer-
    kungen über mein schroffes und

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