Wanderungen durch die Mark Brandenburg
miterlebt haben), Anspruch
darauf, an dieser Stelle gehört zu werden.
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»... Ich war nun also«, so schreibt W. Gentz, »um
Ostern 1843 in Berlin und hörte Kollegien über Äs-
thetik. Aber der ganze Gelehrtenkram fördert einen
ausübenden Künstler sehr wenig; das begriff ich
bald. Das Handwerk der Kunst erfordert die ganze
Kraft des Künstlers, und glücklich, wer mit der Erler-
nung des Handwerksmäßigen frühzeitig beginnen
kann. Die alten Künstler überragen die modernen
einfach deshalb, weil sie auf den Schulbänken nicht
ihre schönste Jugendzeit verbringen mußten, diese
kostbare Jugendzeit, die am geeignetsten ist, die
großen technischen Schwierigkeiten spielend über-
winden zu lernen. Die Rubens, van Dycks waren mit
achtzehn Jahren schon derartig Meister in ihrer
Kunst, daß sie Schulen errichten konnten. Welch
Vorsprung uns Modernen gegenüber. Kunst, wie so
oft gesagt, ist einfach Können. Das Können war, zu
Beginn dieses Jahrhunderts, bei uns Deutschen gro-
ßenteils verlorengegangen. Die Franzosen hatten
ihre Kunsttraditionen, mit Hilfe ihrer École des
beaux-arts, nie ganz aufgegeben, weshalb sich ihre
mit der Revolution und dem Empire beginnende
Neuepoche glänzender als die Deutschlands gestal-
ten konnte. Die Carstens, Overbeck, Cornelius etc.
leiteten das Wiedererstehen deutscher Kunst mehr
durch ihre geistigen Eigenschaften ein als durch ei-
nen gesunden Realismus.
Die Kunstzustände Berlins, speziell auf Malerei hin
angesehen, waren in den dreißiger und vierziger Jah-
ren ziemlich kläglich. Cornelius mit seinen großarti-
gen Intentionen, Kaulbach mit seiner reichen Gestal-
tungskraft, die beide nur vorübergehend hier wirk-
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ten, fanden keinen rechten Boden. Der Berliner als
Norddeutscher ist seiner Natur nach Realist. Und
Gottfried Schadow war ein solcher. Wenngleich er die
Akademie nicht mehr aus ihrer Gesunkenheit heraus-
reißen konnte, so übte er doch auf die Bildhauer-
kunst noch immer eine so bedeutende Wirkung aus,
daß die Schule von Berlin die bedeutendste Deutsch-
lands wurde. Christian Rauchs Tätigkeit zeigt das
klar. Und auch heute noch steht Reinhold Begas an
der Spitze der deutschen Plastik. Der gesunde Rea-
lismus in den zeichnenden Künsten, der mit Chodowiecki anhub, kam durch A. Menzel zu weiterer Blü-
te. Sein Genie ward bei seinem Auftreten nur von
wenigen erkannt. Man hielt ihn wohl für einen talent-
vollen und reichen, aber doch zugleich auch für einen
bizarren Künstler. Der ältere Begas, Wach, von Klö-
ber erkannten seine Größe nicht und ahnten noch weniger, daß er berufen sein würde, später gewaltig
über ihnen zu thronen, und gerade diese waren es
doch, die damals den Ton angaben. Karl Begas hatte
bei Gros in Paris eine gute Schule genossen, Wach
und Klöber nur eine mäßige in Italien. Vielleicht war
von Klöber der begabteste von ihnen, aber durch
sein fragmentarisches Können zum Lehrer wenig
geeignet.
Der ältere Begas hatte, als ich zu lernen anfangen
wollte, sein Schüleratelier aufgegeben, Wach wollte
mich nur aufnehmen, wenn ich die Akademie durch-
gemacht hätte (worin er wohl recht haben mochte),
von Klöber aber nahm jeden auf, also auch mich,
weil die Ausbildung von Schülern für ihn vorwiegend
eine finanzielle Frage war. Da ich sehr fleißig andert-
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halb Jahre bei ihm arbeitete, so machte ich auch
Fortschritte, konnte mir aber selber damit nicht ge-
nügen und ging nach Antwerpen, um auf der dorti-
gen Akademie meine Studien fortzusetzen. Dies
›nach Antwerpen gehn‹ war in den vierziger Jahren
bei den deutschen Malern Mode geworden, eine
Mode, die sich seit Ausstellung der Gallaitschen und
de Bièfveschen Bilder in Berlin entwickelt hatte. ›Die
Abdankung Karls V.‹ gilt auch heute noch als ein
gutes Bild; sonst aber sind die de Bièfve, de Keyser
und Wappers (welcher letztere zu meiner Zeit Direk-
tor der Akademie von Antwerpen war) von ihrer Hö-
he herabgestiegen. Ihre Kunst kam nicht von innen
heraus, und alles Gute, was sie besaßen, hatten sie
einfach in Paris gelernt. So dauerte denn auch der
Ruf der Antwerpener Schule nicht lange. Immerhin
war der neunmonatliche Aufenthalt in dem maleri-
schen Antwerpen mit seiner großartigen Kathedrale
belehrend und interessant für mich. Ich lernte dort
erst die Größe eines Rubens kennen und verstehen.
In der Ferienzeit reiste ich nach London hinüber,
fand aber nur wenig
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