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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

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Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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»Tempelto-
    re« gelegenen Garten, unter den Bäumen des Walls,
    verbracht er mit Vorliebe seine Tage, ländlichen Be-
    schäftigungen hingegeben, die nur, von 1857 ab,
    durch häufige Nachmittagsfahrten auf das in Grün-
    dung begriffene Gut und dann und wann auch durch
    weitere Reisen unterbrochen wurden. Die weiteste
    dieser Reisen ging nach Paris, wo sein älterer Sohn,
    der Maler Wilhelm Gentz, damals lebte. Völlig umge-
    wandelt, wenigstens in seiner äußeren Erscheinung,
    kam er von dieser Reise zurück. Er trug einen ele-
    ganten Anzug aus dem Schneiderkunst-Atelier von
    Dusantoy, dazu einen langen, weißen Bart und einen
    Fez. In diesem Aufzuge verblieb er auch bis an sein
    Lebensende, mit Ausnahme der Dusantoyschen
    Schöpfung, die, selbstverständlich, einige Jahre spä-
    ter durch bescheidnere Produkte heimischer »Ate-
    liers« ersetzt werden mußte. Seines weißen Bartes
    war er ganz besonders froh und widerstand allen
    Aufforderungen, ihn abzulegen. »Ich habe lange ge-
    nug einem hochlöblichen Publikum gedient und einen

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    Philisterbart getragen; nun will ich endlich frei sein und einen Demokratenbart tragen.«
    Dies führt uns auf seine Gesinnung, auf sein Glau-
    bensbekenntnis in politischen und kirchlichen Din-
    gen. Personen, die sich aus dem Nichts emporarbei-
    ten, haben immer eine Neigung, ins Extrem zu ver-
    fallen und entweder alles dem lieben Gott oder aber
    alles sich selber anzurechnen. Zählen sie zu den
    erstren, also zu den gläubig-kirchlichen Leuten, so
    sind sie meist auch loyal, Ordnungsmänner par ex-
    cellence, und werden, mit einem Ordenskissen vor-
    auf, schließlich als Geheime Kommerzienräte hinaus-
    getragen; gehören sie jedoch umgekehrt zu der
    zweiten oder der ungläubigen Gruppe, so stehen sie,
    wie zur Großautorität Gottes, gewöhnlich auch zu
    den Kleinautoritäten der diesseitigen Welt in einem
    sehr zweifellustigen Verhältnis und haben in ihrer
    ungrammatikalischen Weisheit eine tiefe Neigung,
    alles, was nicht ihren Gang geht, unsagbar töricht zu
    finden. Innerhalb der Politik sind sie dann jedesmal
    treue Anhänger des Satzes: »Alles für das Volk, alles durch das Volk.« Und so war auch der alte Gentz.
    Die Zeiten sind vorüber, wo man sich berechtigt
    glauben durfte, daraus einen moralischen Makel her-
    zuleiten. Das Recht einer freien Entwicklung der
    Geister, nach rechts oder links hin, ist zugestanden;
    nicht Ziel und Richtung gelten fürder als das sittlich
    Entscheidende, sondern der Weg . Wessen Weg über Treubruch, Verrat und Undankbarkeit führt, den
    kann kein hohes Prinzip, keine glänzende Fahnenin-
    schrift retten; wer umgekehrt lautere Wege wandelt,

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    dem gegenüber ist es gleichgültig, wenigstens vom
    ethischen Standpunkt aus, wohin diese Wege leiten.
    Welche Wege nun wandelte Christian Gentz? Wir
    lassen dabei die bisher berührten Punkte fallen und
    beziehen die Frage nicht mehr auf Politik und Kirche,
    sondern auf sein Leben überhaupt. Die Antwort wird
    verschieden ausfallen, je nachdem der Beantworten-
    de die Lust und Fähigkeit mitbringt, Menschen und
    Dinge mit dem Maßstabe zu messen, der in den
    Menschen und Dingen selber gelegen ist. Macaulay
    sagt, bei Beurteilung des Machiavellischen »Fürsten-
    spiegels«, etwa das folgende: »Die Anklagen, die
    dieser Fürstenspiegel erfahren hat, gehen zumeist
    daraus hervor, daß der germanische Norden Europas
    andere Ideale hegt als der romanische Süden. Dem
    Germanen bedeuten Tapferkeit und Treue das
    Höchste, der Italiener dagegen zollt der überlegenen
    Klugheit, der List, der feingesponnenen Intrigue die-
    selbe Bewunderung, die wir jedem Percy Heißsporn
    entgegentragen, der ein Dutzend Schotten zum
    Frühstück verzehrt.«
    Hieraus ist leicht die Nutzanwendung auf den vorlie-
    genden Fall gezogen. Im allgemeinen sind wir hier-
    landes und zumal in den Herzen unsrer Besten im-
    mer noch von jenem altpreußischen Gefühl durch-
    drungen, das in dem schönen »Ich dien« seinen
    selbstsuchtslos-hingebenden und zugleich stolzen
    Ausdruck gefunden hat. »Meine Seele Gott und mein
    Blut dem König!« – ja, diese Devise lebt noch in
    hunderttausend Herzen, und der Himmel woll es fü-
    gen, daß uns das entsprechende Gefühl bis in weite

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    Zukunftstage hinein erhalten bleibt. Aber so gewiß es
    gestattet sein muß, sich in schwärmerischem Eifer zu
    dieser Empfindung zu bekennen, so gewiß ist es
    doch auch, daß dies eine Feiertagsempfindung ist,
    neben der eine

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