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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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ange-
    troffen wird.
    Gleichviel indes, was die Umwandlung brachte, sie
    kam. Die Flußausbeute verlor mehr und mehr ihre
    Bedeutung; die Gärtnerzunft begann die Fischerzunft
    aus dem Felde zu schlagen, und das sich namentlich
    unter König Friedrich Wilhelm I., auch nach der Seite
    der »guten Küche« hin, schnell entwickelnde Pots-
    dam begann seinen Einfluß auf die Umwandlung
    Werders zu üben. Der König, selber ein Feinschme-
    cker, mochte unter den ersten sein, die anfingen,
    eine werdersche Kirsche von den üblichen Landes-produkten gleiches Namens zu unterscheiden. Außer
    den Kirschen aber war es zumeist das Strauchobst,
    das die Aufmerksamkeit des Kenners auf Werder
    hinlenkte. Statt der bekannten Bauernhimbeere, wie
    man ihr noch jetzt begegnet, die Schattenseite hart,
    die Sonnenseite madig, gedieh hier eine Spezies, die,
    in Farbe, Größe und strotzender Fülle prunkend, aus
    Gegenden hierhergetragen schien, wo Sonne und
    Wasser eine südliche Brutkraft üben.
    Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts hatte sich die
    Umwandlung völlig vollzogen: Werder war eine Gar-
    ten insel geworden. Seinem Charakter nach war es dasselbe wie heut, aber freilich nicht seiner Bedeutung nach. Sein Ruhm, sein Glück begann erst mit

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    jenem Tage, wo der erste Werderaner (ihm würden Bildsäulen zu errichten sein) mit seinem Kahne an
    Potsdam vorüber - und Berlin entgegen schwamm.
    Damit brach die Großzeit an. In Wirklichkeit ließ sie
    noch ein halbes Jahrhundert auf sich warten, in der
    Idee aber war sie geboren. Mit dem rapide wachsen-
    den Berlin wuchs auch Werder und verdreifachte in
    fünfzig Jahren seine Einwohnerzahl, genau wie die
    Hauptstadt. Der Dampf kam hinzu, um den Triumph
    zu vervollständigen. Bis 1850 hielt sich die Schute,
    dann wurde sie als altehrwürdiges Institut beiseite
    gelegt, und ein »auf Gegenseitigkeit« gebauter
    Dampfer, der bald gezwungen war, einen großen
    Havelkahn ins Schlepptau zu nehmen, leitete die
    neue Ära der Werderaner ein. Von 1853 bis 1860
    fuhr die »Marie Luise«; seitdem fährt der »König
    Wilhelm« zwischen Werder und Berlin.
    Noch einiges Statistisches. Auch Zahlen haben eine
    gewisse Romantik. Wie viele Menschen erdrückt oder
    totgeschossen wurden, hat zu allen Zeiten einen ge-
    heimnisvollen Zauber ausgeübt; an Interesse steht
    dem vielleicht am nächsten, wieviel gegessen wor-
    den ist. So sei es denn auch uns vergönnt, erst mit
    kurzen Notizen zu debütieren und dann eine halbe
    Seite lang in Zahlen zu schwelgen.
    Mit dem ersten Juni beginnt die Saison. Sie beginnt,
    von Raritäten abgesehen, mit Erdbeeren. Dann fol-
    gen die süßen Kirschen aller Grade und Farben; Jo-
    hannisbeeren, Stachelbeeren, Himbeeren schließen
    sich an. Ende Juli ist die Saison auf ihrer Höhe. Der
    Verkehr läßt nach, aber nur, um Mitte August einen

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    neuen Aufschwung zu nehmen. Die sauren Kirschen
    eröffnen den Zug; Aprikosen und Pfirsich folgen; zur
    Pflaumenzeit wird noch einmal die schwindelnde Hö-
    he der letzten Juliwochen erreicht. Mit der Traube
    schließt die Saison. Man kann von einer Sommer-
    und Herbstcampagne sprechen. Der Höhenpunkt
    jener fällt in die Mitte Juli, der Höhenpunkt dieser in die Mitte September. Die Knupperkirsche einerseits,
    die blaue Pflaume andererseits – sie sind es, die über
    die Saison entscheiden.
    Der Versand ist enorm. Er beginnt mit 1000 Tienen,
    steigt in rapider Schnelligkeit auf 3000, auf 5000,
    hält sich, sinkt steigt wieder und tritt mit
    1000 Tienen, ganz wie er begonnen, schließlich vom
    Schauplatz ab. Als Durchschnittsminimum wird
    man 3000, als Maximum 4000 Tienen täglich, die
    Tiene zu drei Metzen, annehmen dürfen. Der Preis
    einer Tiene ist 15 Silbergroschen. Dies würde, bei
    Zugrundelegung des Minimalsatzes, in 4 Monaten
    oder 120 Tagen einen Gesamtabsatz von
    120 mal 3000, also von 360 000 Tienen1) ergeben.
    Dies ist aber zu niedrig gerechnet, da
    360 000 Tienen, die Tiene zu 15 Silbergroschen, nur
    einer Gesamteinnahme von 180 000 Talern entspre-
    chen würden, während diese auf 280 000 Taler an-
    gegeben wird. Gleichviel indes; dem Berliner wird
    unter allen Umständen der Ruhm verbleiben, als Mi-
    nimalsatz alljährlich eine Million Metzen werdersches
    Obst zu konsumieren. Solche Zahlen sind schmei-
    chelhaft und richten auf.

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    Sie richten auf – in erster Reihe natürlich die Wer-
    derschen selbst, die die entsprechende Summe ein-
    zuheimsen haben, und in der Tat, auf dem Werder
    und seinen

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