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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Bees-
    kow-Storkow

    2289

    Arm oder reich,
    Im ersten und letzten ist es gleich,
    Und wo zwei Hütten zusammenstehn,
    Gab es Lieb und Haß und – ist was geschehn.

    Zwischen dem Spreewald und der Wendischen Spree (der Dahme) liegt das Land Beeskow-Storkow, ein
    wenig gekannter Winkel, der nichtsdestoweniger sei-
    ne Schönheit und seine Geschichte hat. Beiden
    beschloß ich nachzugehen und wählte dazu die Wo-
    che vor Ostern, eine Zeit, in deren greller, oft schat-
    tenloser Beleuchtung ich die märkische Landschaft
    noch nicht gesehen hatte. Von den alten Familien
    dieses ehemalig lausitzischen Landesteiles interes-
    sierten mich am meisten die Löschebrands, in betreff
    deren ich nur wußte, daß sie seit vielen hundert Jah-
    ren um den großen Schermützel-See herum ihre Sit-
    ze hatten. Ihr Name schon klang mir prächtig im
    Ohr, und ich sah eigentlich alles, was Löschebrand
    hieß, hoch zu Roß irgendeinen Brand mit geweihter
    Lanze löschend. Jeder ein Ritter Sankt Georg. O das
    mußte ein himmlischer Tag werden, und ich gab
    mich dieser Vorstellung um so voller und sichrer hin,
    als ich, ein paar Notizen abgerechnet, keinen »Wis-
    senskram« in mir beherbergte, der meine Phantasie
    hätte zügeln können.
    Der Abend vorher schon hatte mich nach Fürsten-
    walde geführt, von wo die Fahrt in aller Morgenfrühe
    beginnen sollte. Diese Morgenfrühe war nun da, der
    Wagen kam und hielt, und über das holprige Pflaster

    2290
    der ehemaligen Bischofsstadt hin ging es in das
    »romantische Land« hinein. In das romantische Land
    Beeskow-Storkow.

    1. Rauen und die Markgrafensteine
    Es ging, weil die Spree hier sieben Arme hat, über
    sieben Brücken, und als die letzte Brücke hinter uns
    lag, lag auch schon die weite Landschaft vor uns, hell
    und klar und sonnig, und so trocken, daß der Staub
    aufwirbelte, wie zur Sommerzeit. Aber ein Blick auf
    die Bäume zeigte zur Genüge, daß der Sommer noch
    ausstand und daß nichts heraus war als ein paar
    ärmliche Palmsonntagskätzchen.
    Ich hatte gleich anfangs meinen Platz neben dem
    Kutscher genommen, der eigentlich kein Kutscher
    war, sondern ein Fuhrherr, und durch gute Haltung
    in jedem Augenblicke den Beweis führte, daß er bei
    den Potsdamer Ulanen gestanden. Er hieß Moll, ent-
    sprach durchaus seinem Namen und gab was auf
    Bildung, Bücher und Zeitungen. Aber er hatte sich
    seinen guten Verstand und sein eigenes Urteil nicht
    weggelesen und hielt vielmehr umgekehrt mit einem
    gewissen Eigensinn an seinen einmal gefaßten An-
    sichten fest. Selbstverständlich immer unter Wah-
    rung artiger Formen. Er war gesprächig und mitteil-
    sam, aber doch zugleich auch reserviert und lächelte
    viel.

    2291
    Als wir aus der Flußniederung auf die Höhe gekom-
    men waren, wies ich auf einen Hügelzug, der sich in
    geringer Entfernung vor uns ausdehnte: »Was sind
    das für Berge?«
    »Die Rauenschen.«
    »I, die Rauenschen. Wo die Braunkohlen herkom-
    men?«
    Er stimmte zu.
    »Das ist mir lieb, die mal zu sehen, obwohl ich keine
    brenne; sie stauben zu sehr. Dann ist wohl auch
    Rauen selbst hier ganz in der Nähe?«
    »Versteht sich. Der dicke Turm da. Das is es.«
    »Na, dann vorwärts. Aber in Rauen müssen wir einen
    Augenblick halten. Ich glaube, da gibt es was.«
    Er war einverstanden und zeigte nur dann und wann
    mit dem Peitschenstock auf das eigentümliche Trei-
    ben an dem uns immer näher kommenden Hügelab-
    hang. Ein einziges Pferd zog eine lange Reihe von
    Wagen und ließ mich erkennen, daß dort ein aus
    irgendeinem Bergstollen herausführendes Schienen-
    geleise liegen mußte. Von der entgegengesetzten
    Seite her kamen leere Wagen zurück, und in einem
    dem Höhenzuge vorgelegenen Sumpfstücke stand
    ein Storch und sah sich ernst und nachdenklich um.
    Es war, als such er nach einem Wahr- und Erken-

    2292
    nungszeichen und könne nicht einig mit sich werden,
    ob es auch die rechte Gegend sei.
    Moll, dem ich meine Bemerkung mitteilte, fand es
    auch und verbreitete sich dann eingehender über
    Störche, namentlich aber darüber, daß es doch ei-
    gentlich ein merkwürdiger und zugleich auch höchst
    anspruchsloser Vogel sei, der immer wieder ins
    Beeskow-Storkowsche komme, während ihm doch
    die ganze Welt offenstehe.
    All das sprach er in sehr gebildetem Deutsch, mit
    einem Dialektanklange, der weder märkisch noch
    berlinisch war, obwohl er von beiden einen Beisatz
    hatte. Dies fiel mir natürlich auf, und ich sagte: »Sie sprechen so anders, Moll; wo

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