Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Bees-
kow-Storkow
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Arm oder reich,
Im ersten und letzten ist es gleich,
Und wo zwei Hütten zusammenstehn,
Gab es Lieb und Haß und – ist was geschehn.
Zwischen dem Spreewald und der Wendischen Spree (der Dahme) liegt das Land Beeskow-Storkow, ein
wenig gekannter Winkel, der nichtsdestoweniger sei-
ne Schönheit und seine Geschichte hat. Beiden
beschloß ich nachzugehen und wählte dazu die Wo-
che vor Ostern, eine Zeit, in deren greller, oft schat-
tenloser Beleuchtung ich die märkische Landschaft
noch nicht gesehen hatte. Von den alten Familien
dieses ehemalig lausitzischen Landesteiles interes-
sierten mich am meisten die Löschebrands, in betreff
deren ich nur wußte, daß sie seit vielen hundert Jah-
ren um den großen Schermützel-See herum ihre Sit-
ze hatten. Ihr Name schon klang mir prächtig im
Ohr, und ich sah eigentlich alles, was Löschebrand
hieß, hoch zu Roß irgendeinen Brand mit geweihter
Lanze löschend. Jeder ein Ritter Sankt Georg. O das
mußte ein himmlischer Tag werden, und ich gab
mich dieser Vorstellung um so voller und sichrer hin,
als ich, ein paar Notizen abgerechnet, keinen »Wis-
senskram« in mir beherbergte, der meine Phantasie
hätte zügeln können.
Der Abend vorher schon hatte mich nach Fürsten-
walde geführt, von wo die Fahrt in aller Morgenfrühe
beginnen sollte. Diese Morgenfrühe war nun da, der
Wagen kam und hielt, und über das holprige Pflaster
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der ehemaligen Bischofsstadt hin ging es in das
»romantische Land« hinein. In das romantische Land
Beeskow-Storkow.
1. Rauen und die Markgrafensteine
Es ging, weil die Spree hier sieben Arme hat, über
sieben Brücken, und als die letzte Brücke hinter uns
lag, lag auch schon die weite Landschaft vor uns, hell
und klar und sonnig, und so trocken, daß der Staub
aufwirbelte, wie zur Sommerzeit. Aber ein Blick auf
die Bäume zeigte zur Genüge, daß der Sommer noch
ausstand und daß nichts heraus war als ein paar
ärmliche Palmsonntagskätzchen.
Ich hatte gleich anfangs meinen Platz neben dem
Kutscher genommen, der eigentlich kein Kutscher
war, sondern ein Fuhrherr, und durch gute Haltung
in jedem Augenblicke den Beweis führte, daß er bei
den Potsdamer Ulanen gestanden. Er hieß Moll, ent-
sprach durchaus seinem Namen und gab was auf
Bildung, Bücher und Zeitungen. Aber er hatte sich
seinen guten Verstand und sein eigenes Urteil nicht
weggelesen und hielt vielmehr umgekehrt mit einem
gewissen Eigensinn an seinen einmal gefaßten An-
sichten fest. Selbstverständlich immer unter Wah-
rung artiger Formen. Er war gesprächig und mitteil-
sam, aber doch zugleich auch reserviert und lächelte
viel.
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Als wir aus der Flußniederung auf die Höhe gekom-
men waren, wies ich auf einen Hügelzug, der sich in
geringer Entfernung vor uns ausdehnte: »Was sind
das für Berge?«
»Die Rauenschen.«
»I, die Rauenschen. Wo die Braunkohlen herkom-
men?«
Er stimmte zu.
»Das ist mir lieb, die mal zu sehen, obwohl ich keine
brenne; sie stauben zu sehr. Dann ist wohl auch
Rauen selbst hier ganz in der Nähe?«
»Versteht sich. Der dicke Turm da. Das is es.«
»Na, dann vorwärts. Aber in Rauen müssen wir einen
Augenblick halten. Ich glaube, da gibt es was.«
Er war einverstanden und zeigte nur dann und wann
mit dem Peitschenstock auf das eigentümliche Trei-
ben an dem uns immer näher kommenden Hügelab-
hang. Ein einziges Pferd zog eine lange Reihe von
Wagen und ließ mich erkennen, daß dort ein aus
irgendeinem Bergstollen herausführendes Schienen-
geleise liegen mußte. Von der entgegengesetzten
Seite her kamen leere Wagen zurück, und in einem
dem Höhenzuge vorgelegenen Sumpfstücke stand
ein Storch und sah sich ernst und nachdenklich um.
Es war, als such er nach einem Wahr- und Erken-
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nungszeichen und könne nicht einig mit sich werden,
ob es auch die rechte Gegend sei.
Moll, dem ich meine Bemerkung mitteilte, fand es
auch und verbreitete sich dann eingehender über
Störche, namentlich aber darüber, daß es doch ei-
gentlich ein merkwürdiger und zugleich auch höchst
anspruchsloser Vogel sei, der immer wieder ins
Beeskow-Storkowsche komme, während ihm doch
die ganze Welt offenstehe.
All das sprach er in sehr gebildetem Deutsch, mit
einem Dialektanklange, der weder märkisch noch
berlinisch war, obwohl er von beiden einen Beisatz
hatte. Dies fiel mir natürlich auf, und ich sagte: »Sie sprechen so anders, Moll; wo
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