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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Kapitän Backhusen, im allgemeinen
    kein Mann der Rede, war plötzlich in seinem Element
    und nahm gern das Wort.
    »Ich weiß nicht, um welche Zeit der Klub ins Leben
    trat, aber seit einer Reihe von Jahren ist er da. Er

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    hat wohl an hundert Mitglieder oder mehr, und die
    Zahl seiner Boote wird nicht geringer sein. Zwischen
    Treptow und dem ›Eierhäuschen‹ ankert seine Flottil-
    le, die eine Musterkarte schöner und lieblicher Na-
    men aufweist: ›Sturmvogel‹ und ›Greif‹, ›Komet‹
    und ›Blitz‹, ›Libelle‹ und ›Forelle‹, ›Undine‹ und ›Al-
    batros‹. Wir haben Korsos und Regatten, Preisrichter
    und Preisverteilungen! Chronometer, Flaggen und
    Becher. Der große Ehrenbecher muß von Jahr zu
    Jahr immer neu erworben werden; da dies selten
    glückt, so wandert er meist von Hand zu Hand. Aber
    das weckt keinen Neid; es herrscht eben ein kame-
    radschaftlicher Geist.«
    »Die Folge gemeinschaftlich überstandener Gefah-
    ren.«
    »Was Sie scherzhaft aussprechen, trifft doch schließ-
    lich im Ernste zu. Aller Sport, der sonst nur Spiel
    wäre, hat seine Gefahr, aber keiner mehr als der
    Segelsport. Ob es an uns liegt oder an der Perfidie
    unserer Gewässer, laß ich dahingestellt sein; nur
    soviel, es vergeht kaum ein Jahr, wo nicht die Spree
    hierherum ihr Opfer fordert. Und immer nimmt sie
    uns die Besten. Ein solcher war auch Heinecke, der
    auf Neu-Spreeland wohnte, unser Seglerveteran.
    Dazu aller Menschen Freund. Er hatte ein neues Boot
    bauen lassen, fuhr hinaus, kenterte und ertrank. Das
    machte einen großen Eindruck. ›Wenn das dem passieren konnte‹, sagte sich jeder und sah einen Au-
    genblick mißtrauisch auf die eigene Kraft.«

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    »Und der Unfall ereignete sich hier, auf der Spree
    selbst?«
    »Nein, weiter aufwärts, auf der Müggel. Sie ist das
    tückischste unter allen Wässern. Geradeso tückisch,
    wie sie unschuldig aussieht. Plötzlich springt ein
    Wind auf, wirft sich in die Segel und legt das Boot
    auf die Seite. Wer sich dann an Mast und Planke hält,
    der mag gerettet werden; wer es aber durch eigene
    Kunst ertrotzen will, der ist verloren. Er verfitzt sich im Kraut und geht in die Tiefe. Die guten Schwimmer
    und die guten Segler, gerade sie sind es, die der Müggeltücke verfallen.«
    »Aber muß es denn immer die Müggel sein?«
    »Nein. Es ist freilich die schönste Wasserfläche weit
    und breit, nicht zu sprechen davon, daß die Gefahr
    ebenso anzieht, wie sie schreckt. Aber dennoch ist
    das Ansehen der Müggel im Niedergehen. Sie muß
    mindestens die Herrschaft teilen. Wir bevorzugen
    jetzt die Wendische Spree. Dort finden auch unserer-
    seits die Regatten statt, deren ich schon flüchtig ge-
    gen Sie erwähnte.«
    »Man hört so selten davon.«
    »Gewiß. Die Berliner haben keinen Sinn dafür. Man
    merkt ihnen nicht an, daß sie von den Fischerwenden
    abstammen. Aber was sie in ihrer Totalität vermissen
    lassen, das suchen die einzelnen wieder auszuglei-
    chen. Und diese einzelnen sind wir. Ich wollte, Sie
    wären einmal zugegen, wenn der Mai anbricht und

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    an unseren Ankerplätzen alles Leben und Erwartung
    ist. Wir sind dann in derselben Erregung, wie wenn
    Oxford und Cambridge an der Brücke von Twicken-
    ham ihren Wettkampf führen.«
    »Und der Schauplatz dieser Wettkämpfe ist jetzt die
    Wendische Spree?«
    »Ja, oder doch zumeist. Es ist dasselbe Terrain, das
    Sie morgen kennenlernen werden. Trotz der Müggel
    eine pompöse Wasserfläche; die Themse bietet
    nichts Ähnliches. Bei ›Café Lubow‹, halben Wegs
    zwischen Köpenick und Grünau, beginnt unsere Se-
    gelbahn, durchschneidet der Länge nach den Langen
    See und läuft dann an der Krampenbaude vorbei auf
    unser Flaggenschiff zu, das, weithin sichtbar, im
    breiten Seddin-See das ersehnte Ziel aller unserer
    Anstrengungen bildet. Das Ziel und den Drehpunkt.
    Jetzt, mit seitwärts gedrücktem Steuer, die Biegung
    um das Flaggenschiff herum, und mit verdoppeltem
    Eifer geht es die Segelbahn bis ›Café Lubow‹ zurück.
    Eine Strecke von rund drei Meilen. Ich darf sagen, es
    wird dabei mehr Kunst gezeigt, als mancher von uns
    Spreefahrern erwarten möchte.«
    »Und wer entscheidet über Sieg und Preis?«
    »Die Schiedsrichter. Und dieses Schiedsrichteramt ist
    nun freilich das Schwerste von allem. Es handelt sich
    nämlich immer wieder darum, durch minutiöseste
    Rechnungen festzustellen, wie viele halbe und viertel
    Sekunden Vergütigung jedes Boot im Verhältnis zu
    seiner

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