Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Kajüte mit Licht,
und an dem Lärm auf Deck, nicht minder an einer
leichten Schaukelbewegung, ließ sich unschwer er-
kennen, daß unsere »Sphinx« bereits unter vollen
Segeln war. Und so war es wirklich. Schloß Köpenick,
selbst das preisrichternde »Café Lubow«, das am
Abend vorher so oft genannt worden war, lagen
längst hinter uns, und die Müggelberge links, die
Spreeheide rechts, fuhren wir mit scharfer Morgen-
brise den Langen See hinauf.
Der Nordwest, der blies, sosehr er unserer Fahrt zus-
tatten kam, ließ es doch wünschenswert erscheinen,
unser Frühstück in der Kajüte zu nehmen, deren et-
wa nur zehn Fuß im Quadrat messender Raum
schnell gelüftet war. Mudy trug auf, ein Riesentablett
vor uns niedersetzend. Wir verfügten noch über all
jene Herrlichkeiten, die auf Seereisen trotz ihrer Ein-
fachheit die größten Luxusartikel bilden: frisches
Wasser, frische Milch und – frische Semmeln. Mit
letzteren hatte uns Köpenick noch in aller Frühe ver-
sorgt.
Eine heitere halbe Stunde leitete den Tag ein, heiter
und schönheitsvoll. In den Rahmen der offenstehen-
den Kajütentür stellten sich camera-obscura-artig die
Veduten dieser Spree- und Müggelgegenden. Ruhig
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ging die Unterhaltung; wenn sie schwieg, vernahmen
wir deutlich jenen unbeschreiblichen Gluck- und
Murmelton, womit sich ein scharf durchschnittener
Strom in nur halb gehobenen und unfertig bleiben-
den Wellen an die Planken eines Schiffes schmiegt.
Unser Auge richtete sich zumeist auf die wechseln-
den und doch dieselben bleibenden Landschaftsbil-
der, die jetzt in immer heller werdender Beleuchtung
durch unsere Tür hereinschienen; nur von Zeit zu
Zeit wandte sich der Blick auch unserer nächsten
Umgebung, vor allem der Kajüte selber und ihrer
kompendiösen Einrichtung, zu. Es fehlte nichts. Von
der in Zapfen hängenden, alle Bewegungen des Boo-
tes mitmachenden Lampenvorrichtung an bis zu der
kleinen Druckmaschine herab, die die Zigarrenspit-
zen abschneidet, war alles da. Flaschen, Gläser und
Flacons standen eingepaßt in ihren Behältern; überall
Polster und Kissen, jeder Gegenstand des Komforts
und der Toilette vertreten. Eß- und Spieltische konn-
ten aufgeklappt oder ausgezogen werden. Das Ganze
beständig an jene Karlsbader Etuis erinnernd, die in
zwei zusammenpassenden Nußschalen eine Schere,
einen Fingerhut, einen Bindlochstecher und eine Na-
delbüchse enthalten, während man doch annehmen
sollte, daß der Fingerhut allein schon ausreichen
müßte, das Etui zu füllen.
Nach dem Frühstück, dem namentlich unser Super-
cargo durch allerhand kulinarische Aperçus eine hö-
here Weihe zu geben wußte, stiegen wir auf Deck
und hatten nun die Wald- und Wasserlandschaft, die
wir, während der letzten Stunde, nur in Ausschnitten
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kennengelernt hatten, in ihrer Totalität vor uns. Ein
klarer, lichter Tag; blauer Himmel und Sonne, und
doch ein feiner grauer Nebelschleier, der, über Was-
ser und Landschaft liegend, alles milderte und
dämpfte. An den Ufern hin – ein seltener Anblick im
norddeutschen Flachland – standen hoch aufge-
schichtete Holzmeiler, bestimmt, zu Kohle verbrannt
zu werden. Wie mir versichert wurde, eine Folge des
Raupenfraßes, der nur noch diese Verwendung der
geschädigten Kiefernwaldungen gestattet oder sie
doch als die vorteilhafteste erscheinen läßt. Zwischen
den Holzmeilern, und auf eine weite Strecke hin mit
ihnen abwechselnd, erhoben sich die Kolossalbauten
der Berliner Eiswerke, die halb wie Riesenschuppen
einer Fabrikanlage, halb wie die Gradierwände einer
Saline dreinschauten. Zu meiner Überraschung er-
fuhr ich, daß auch zuzeiten Feuer in ihnen ausbricht.
Eingesprenkelt in diese Meiler und Eiswerke, die auf
weithin die Ufer beherrschen und ihnen den Charak-
ter geben, präsentierten sich auch Villenanlagen, die
in allen erdenklichen Spielarten, namentlich im ita-
lienischen und englischen Kastellstil, zu uns spra-
chen. Dicke und schlanke Flachtürme, mit Pfeilern,
Sims und Balustrade. Alles in allem ein wunderbarer
Anblick, der, nach mehr als einer Seite hin, zu den-
ken gibt. Geflissentlich an den unübertroffenen Vor-
bildern Schinkels und seiner Schule vorübergehend,
wie sie die Villenstraßen des Tiergartens aufweisen,
gefällt sich der Bourgeois unserer östlichen Stadtre-
viere darin, seinen »Donjon« und, wenn es sein
kann, selbst seinen »Belfroi« zu haben. Und dieser
Schiefheit
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