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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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»Soldatenkönig«, der all sein
    Lebtag seiner Wusterhausener Herrschaft die noch
    aus kronprinzlichen Tagen herstammende Liebe be-
    wahrte, erst unter König Friedrich Wilhelm I. kamen
    die Duberow-Reiherjagden, die damals Reiherbeizen
    waren, zu Flor und Ansehen. Bei einem zeitgenössi-
    schen Schriftsteller, der selber diese Jagden mit-
    machte, finde ich folgende Schilderung: »Im Frühling
    und im Herbst vergnüget sich der Hof, neben man-
    chem anderen, auch mit der Reiherbeize , an der die Königin nicht selten teilnimmt. Der Schauplatz dieser

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    Vergnügungen ist verschieden, zumal aber ist es
    Wusterhausen und der Duberow-Wald oder ›die Du-
    berow‹, wie die Leute, der Kürze halber, den Wald zu
    nennen pflegen. Ich habe solchen Reiherbeizen öfter
    beigewohnt. Ist dergleichen angesaget, so begibt
    sich der König auf eine Höhe, die einen weiten Um-
    blick gestattet. Seine Majestät reiten gemeiniglich
    und werden auch von vielen anderen zu Pferde be-
    gleitet. Indem werden zwei Wurstwagen angespannt,
    und es sitzen auf jedem derselben sechzehn bis
    zwanzig Personen. Auf der Waldhöhe ist ein Herd
    errichtet, auf dem ein gewaltiges Feuer brennt. Die-
    ser ganze Herd ist ringsherum umgraben, so daß
    man sich dabei niedersetzen und, wer frieret, zur
    Genüge wärmen kann. Auch ist der Platz, an dem
    sich Herd und Feuer befinden, mit Maien umstecket.
    Unten in der Ebene halten die Falkoniers mit ihren
    Falken und sind an unterschiedene Posten verteilt.
    Wenn sich nun ein Reiher reget und in der Luft da-
    herspazieret kommt, so lässet man einen, zwei, auch
    drei und vier Falken steigen. Sobald der Reiher des
    Falken, oder ihrer mehr, gewahr wird, fänget er ent-
    setzlich an zu schreien und schwingst sich so hoch,
    als er nur immer kann. Aber der Falke machet den-
    noch, daß er weit über dem Reiher in der Luft zu
    stehen kommt. Alsdann schießet er wie ein Pfeil her-
    ab, gibet dem Reiher den Stoß, bringet ihn auf die
    Erde und hält denselben so lange, bis die Falkoniere
    kommen und ihn aufnehmen. Die Falkoniere aber
    bringen den Reiher dem Ober- oder Hofjägermeister,
    und dieser präsentierst ihn dem Könige, von dem er
    mit einem Ring gebeizet und sodann wieder in die
    freie Luft gelassen wird. Manchmal geschiehet es,

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    daß der Reiher von zwei, drei und vier Falken in der
    Luft gestoßen und angefallen, dadurch aber die Lust
    desto größer wird. Ist der Tag glücklich, so werden
    fünf, sechs und noch mehr Reiher gefangen und ge-
    beizet.«
    So war es in den Tagen Friedrich Wilhelms I. An die
    Stelle dieser »Reiherbeizen« ist jetzt ein ebenfalls
    dem Mittelalter entstammendes Reiherschießen ge-
    treten, das weniger eine Jagd als eine Zielübung ist
    und im Bereiche moderner Erscheinungen am besten
    mit dem Taubenschießen auf unseren Schützenfes-
    ten verglichen werden kann. Nur mit dem nicht un-
    wesentlichen Unterschiede, daß die Taube, wenigs-
    tens heutzutage, von Holz, der Reiher aber lebendig
    ist.
    Diese Reiherjagden, die, statt mit dem Falken, mit
    der Büchse in der Hand unternommen werden, fin-
    den jetzt alljährlich in der zweiten Hälfte des Juli
    statt. Dann ist die junge Brut groß genug, um einen
    jagdbaren Vogel von wünschenswerter Schußfläche
    abzugeben, und doch wiederum nicht groß, das heißt
    nicht flügge genug, um sich, gleich den Alten, der
    drohenden Gefahr durch Flucht entziehen zu können.
    So stehen sie dann aufrecht in den hohen Nestern,
    kreischen und schreien und werden herunterge-
    schossen. Ein sonderbarer, dem Gefühle des Nichtjä-
    gers widersprechender Sport, über den indes ande-
    rerseits, wie über manches Ähnliche aus der Sphäre
    des high-life, ohne Sentimentalitäten hinweggegan-
    gen werden muß. Es sind dies eben Überbleibsel aus
    vergangenen Jahrhunderten her, mit denen, weil sie

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    einem ganzen System von Anschauungen angehö-
    ren, nicht ohne weiteres aufgeräumt werden kann,
    Dinge des Herkommens, zum Teil auch der prakti-
    schen Bewährung, nicht des persönlichen Ge-
    schmacks. Tradition und Repräsentation schreiben
    immer noch, innerhalb des Hoflebens, die Gesetze.
    Übrigens mag hier eingeschaltet sein, daß unser
    Kronprinz, ein passionierter Reiherjäger, das beque-
    me Schießen aus dem Neste verschmäht und es vor-
    zieht, den um die Herbstzeit völlig flügge geworde-
    nen Jungvogel aus der Luft herunterzuholen. Hier,
    wie in manch anderem, eine Modelung des Überlie-
    ferten.
    Der Streit, welcher Weg uns am

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