Wanderungen durch die Mark Brandenburg
von
Huflattich eingefaßt, der hier und dort in grotesken
Blattbildungen kleine vorspringende Inseln schuf.
Hinter dem Wiesenstreifen, immer den Windungen
des Flusses folgend, stand eine Reihe von Häusern,
jedes einzelne durch ein blühendes Mohnfeld von
dem Nachbarhause geschieden. Die Bewohner schlie-
fen noch oder hantierten in Küche und Kammer; nur
ein paar Blondköpfe waren aus dem Bett in den Gar-
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ten gesprungen und spielten in ihren roten Friesrö-
cken unter dem weißen Mohn umher. Im Rücken der
Häuser stieg das Erdreich an, fast einen Damm bil-
dend, auf dessen Höhe der Hanf in dichten Stauden
stand. Hinter dem Damm aber lief die Dorfstraße hin,
wenigstens klang von dort her ein leises Läuten her-
über. Ich glaubte die Herde zu sehen, trotzdem sie
meinem Auge verborgen war.
Einsamkeit auch hier. Aber wenn sie am Tage vor-
her, an den Ufern des Zeuthener Sees, wie ein wen-
disches Volkslied elegisch geklungen hatte, so klang
sie hier wie ein Idyll aus alten Zeiten und schuf dem
Herzen ein süßes Glück, wo jene nur ein süßes Weh
geschaffen hatte. Ich wurde des stillen Lebens, das
aus diesen Bildern zu mir sprach, nicht müde. Immer
Neues erschloß sich mir, das mein Herz bewegte. In
Front jenes Hauses stand ein uralter Birnbaum, in
der einen Hälfte abgestorben, aber in der anderen
noch frisch und mit Früchten überdeckt. In dem hoh-
len Hauptast bauten die Bienen, an dem Stamm
lehnte die Sense, zwischen den Zweigen hing das
Netz; und in dieser Dreiheit lag ersichtlich das Da-
sein dieser einfachen Menschen beschlossen. Das
Sammeln des Honigs, das Mähen der Wiese, das Fi-
schen im Fluß, in so engem Kreislauf vollendete sich
tagtäglich ihre Welt. Und so war es immer an dieser
Stelle.
Wie die Menschen hier, in Pfahlbauzeiten, im Ge-
zweige gewohnt hatten, so wohnten sie jetzt unter
dem Gezweig; aber in ihm oder unter ihm, sie blieben wie die Vögel, die Nester bauen.
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Und in diesem Berührtwerden von etwas Unwandel-
barem, in der Wahrnehmung von dem ewigen Einge-
reihtsein des Menschen in den Haushalt der Natur,
liegt der Zauber dieser Einsamkeitsdörfer.
Schon vor sechs Uhr war die »Sphinx« unter Segel.
Aber der Wind ließ bald nach, so daß wir froh waren,
inmitten einer eben zu passierenden Schmalung die
großen Stoßruder benutzen zu können. Wir schoben
uns nur noch von der Stelle. Dies dauerte Stunden.
Erst bei Prierosbrück machte sich der Wind wieder
auf und trieb uns nun in die »Schmölte« hinein, ei-
nen buchtenreichen, durch Schiebungen und Wald-
coulissen ausgezeichneten See, der, zugleich mit
dem ihm anliegenden Duberow-Forst (gemeinhin
kurz »die Duberow« geheißen), den inneren Zirkel
der Wusterhausener Herrschaft , dieses großen, an die dreizehn Quadratmeilen umfassenden und namentlich während der Regierungszeit Friedrich Wil-
helms I. aus adligen Gütern der Schlieben, Oppen
und Schenken von Teupitz zusammengekauften
Jagdrevieres, bildet.
Mit der Einfahrt in die »Schmölte« waren wir, um es
zu wiederholen, in den »inneren Zirkel« dieses Re-
vieres eingetreten. Eine ausgestellte Schildwacht,
wie sie nicht charakteristischer sein konnte, ließ uns
keinen Zweifel darüber. Inmitten des Sees, auf einer
wenig überspülten Sandbank, stand ein großer,
ziemlich fremdartig dreinschauender Grauvogel und
salutierte auf seine Weise, durch eingezogenen Hals
und Fuß. Wir erwiderten seinen Gruß, das Geringste,
was wir tun konnten; denn wir waren im selben Au-
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genblicke, wo wir ihn in seiner Schildwachtstellung
passierten, zu einem fremden Volke gekommen, zu
dem Volke der Reiher , das in der »Schmölte« seinen Fang und in der »Duberow« seine Nester hat. Der
ganze innere Zirkel der Wusterhausener Herrschaft
eine große Reiherherrschaft ! Diese kennenzulernen war seit lange mein Wunsch. In einer Bucht, die von
zwei bastionsartig vorspringenden Waldstücken ge-
bildet wird, gingen wir vor Anker.
Ein Besuch des nahe gelegenen Reiherhorstes ent-
sprach unserem Programm. Nur der einzuschlagende
Weg, den Lieutenant Apitz »querdurch« genommen
wissen wollte, führte zu einer lebhaften Debatte.
Während diese noch schwankt, erzähl ich dem Leser
von alten und neuen Reiherjagden, wie sie die »Du-
berow« sah.
Die Duberow, von der Natur dazu vorgezeichnet, ist
alter Reihergrund. Alle Elemente sind da: Eichen,
Sumpf und See. Schon der Große Kurfürst jagte hier,
aber erst unter dem
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