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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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    Huflattich eingefaßt, der hier und dort in grotesken
    Blattbildungen kleine vorspringende Inseln schuf.
    Hinter dem Wiesenstreifen, immer den Windungen
    des Flusses folgend, stand eine Reihe von Häusern,
    jedes einzelne durch ein blühendes Mohnfeld von
    dem Nachbarhause geschieden. Die Bewohner schlie-
    fen noch oder hantierten in Küche und Kammer; nur
    ein paar Blondköpfe waren aus dem Bett in den Gar-

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    ten gesprungen und spielten in ihren roten Friesrö-
    cken unter dem weißen Mohn umher. Im Rücken der
    Häuser stieg das Erdreich an, fast einen Damm bil-
    dend, auf dessen Höhe der Hanf in dichten Stauden
    stand. Hinter dem Damm aber lief die Dorfstraße hin,
    wenigstens klang von dort her ein leises Läuten her-
    über. Ich glaubte die Herde zu sehen, trotzdem sie
    meinem Auge verborgen war.
    Einsamkeit auch hier. Aber wenn sie am Tage vor-
    her, an den Ufern des Zeuthener Sees, wie ein wen-
    disches Volkslied elegisch geklungen hatte, so klang
    sie hier wie ein Idyll aus alten Zeiten und schuf dem
    Herzen ein süßes Glück, wo jene nur ein süßes Weh
    geschaffen hatte. Ich wurde des stillen Lebens, das
    aus diesen Bildern zu mir sprach, nicht müde. Immer
    Neues erschloß sich mir, das mein Herz bewegte. In
    Front jenes Hauses stand ein uralter Birnbaum, in
    der einen Hälfte abgestorben, aber in der anderen
    noch frisch und mit Früchten überdeckt. In dem hoh-
    len Hauptast bauten die Bienen, an dem Stamm
    lehnte die Sense, zwischen den Zweigen hing das
    Netz; und in dieser Dreiheit lag ersichtlich das Da-
    sein dieser einfachen Menschen beschlossen. Das
    Sammeln des Honigs, das Mähen der Wiese, das Fi-
    schen im Fluß, in so engem Kreislauf vollendete sich
    tagtäglich ihre Welt. Und so war es immer an dieser
    Stelle.
    Wie die Menschen hier, in Pfahlbauzeiten, im Ge-
    zweige gewohnt hatten, so wohnten sie jetzt unter
    dem Gezweig; aber in ihm oder unter ihm, sie blieben wie die Vögel, die Nester bauen.

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    Und in diesem Berührtwerden von etwas Unwandel-
    barem, in der Wahrnehmung von dem ewigen Einge-
    reihtsein des Menschen in den Haushalt der Natur,
    liegt der Zauber dieser Einsamkeitsdörfer.
    Schon vor sechs Uhr war die »Sphinx« unter Segel.
    Aber der Wind ließ bald nach, so daß wir froh waren,
    inmitten einer eben zu passierenden Schmalung die
    großen Stoßruder benutzen zu können. Wir schoben
    uns nur noch von der Stelle. Dies dauerte Stunden.
    Erst bei Prierosbrück machte sich der Wind wieder
    auf und trieb uns nun in die »Schmölte« hinein, ei-
    nen buchtenreichen, durch Schiebungen und Wald-
    coulissen ausgezeichneten See, der, zugleich mit
    dem ihm anliegenden Duberow-Forst (gemeinhin
    kurz »die Duberow« geheißen), den inneren Zirkel
    der Wusterhausener Herrschaft , dieses großen, an die dreizehn Quadratmeilen umfassenden und namentlich während der Regierungszeit Friedrich Wil-
    helms I. aus adligen Gütern der Schlieben, Oppen
    und Schenken von Teupitz zusammengekauften
    Jagdrevieres, bildet.
    Mit der Einfahrt in die »Schmölte« waren wir, um es
    zu wiederholen, in den »inneren Zirkel« dieses Re-
    vieres eingetreten. Eine ausgestellte Schildwacht,
    wie sie nicht charakteristischer sein konnte, ließ uns
    keinen Zweifel darüber. Inmitten des Sees, auf einer
    wenig überspülten Sandbank, stand ein großer,
    ziemlich fremdartig dreinschauender Grauvogel und
    salutierte auf seine Weise, durch eingezogenen Hals
    und Fuß. Wir erwiderten seinen Gruß, das Geringste,
    was wir tun konnten; denn wir waren im selben Au-

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    genblicke, wo wir ihn in seiner Schildwachtstellung
    passierten, zu einem fremden Volke gekommen, zu
    dem Volke der Reiher , das in der »Schmölte« seinen Fang und in der »Duberow« seine Nester hat. Der
    ganze innere Zirkel der Wusterhausener Herrschaft
    eine große Reiherherrschaft ! Diese kennenzulernen war seit lange mein Wunsch. In einer Bucht, die von
    zwei bastionsartig vorspringenden Waldstücken ge-
    bildet wird, gingen wir vor Anker.
    Ein Besuch des nahe gelegenen Reiherhorstes ent-
    sprach unserem Programm. Nur der einzuschlagende
    Weg, den Lieutenant Apitz »querdurch« genommen
    wissen wollte, führte zu einer lebhaften Debatte.
    Während diese noch schwankt, erzähl ich dem Leser
    von alten und neuen Reiherjagden, wie sie die »Du-
    berow« sah.
    Die Duberow, von der Natur dazu vorgezeichnet, ist
    alter Reihergrund. Alle Elemente sind da: Eichen,
    Sumpf und See. Schon der Große Kurfürst jagte hier,
    aber erst unter dem

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