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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Hauptstadt
    schwindet und die eigentliche » Wendei « beginnt. Die Ufer still und einförmig. Nur dann und wann ein Ge-höft, das sein Strohdach unter Eichen versteckt; da-
    hinter ein Birkicht, ein zweites und drittes, coulisse-
    nartig in die Landschaft gestellt. Am Horizonte der
    schwarze Strich eines Kiefernwaldes. Sonst nichts als
    Rohr und Wiese und ein schmaler Gerstenstreifen
    dazwischen; ein Habichtpaar in Lüften, das im Spiel
    sich jagt; von Zeit zu Zeit ein Angler, der von seinem

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    Boot oder einem halbverfallenen Steg aus die Schnur
    ins Wasser wirft. Wenig Menschen, noch weniger
    Geschichte. Selbst der Feind mied diese Stelle. Dar-
    um fehlen hier auch die Schlachtfelder auf viele Mei-
    len hin. In einer alten Chronik heißt es: »Der Drei-
    ßigjährige Krieg kam nicht hieher, weil ihm die Ge-
    gend zu arm und abgelegen war.« Er wußte wohl,
    was er tat. Wie ein Feuer ohne Nahrung wär er in
    diesem See- und Spreegebiet erloschen.
    Der Grundzug der Wendei, wenigstens an dieser
    Stelle, ist Trauer und Einsamkeit.
    Um Mittag hatten wir die Südspitze des Zeuthener
    Sees erreicht; von fern her blickte der Königs-
    Wusterhausener Turm zu uns herüber. Dann fuhren
    wir in die Neumühler Schmalung ein, die den Zeu-
    thener See mit dem Krüpel-See verbindet, endlich
    aus dieser Schmalung in den Krüpel-See selbst.
    Die Landschaftsbilder blieben dieselben und wechsel-
    ten erst, als wir, bei Dorf Kablow, aus der bis dahin
    befahrenen Seenkette der Wendischen Spree in diese
    selbst gelangten. Nicht viel breiter als ein Torfgra-
    ben, zieht sie hier die Grenze zwischen dem teltow-
    schen und dem beeskow-storkowschen Kreis, bis sie,
    nach einer Wegstrecke von kaum einer Meile, bei
    dem Dorfe Gussow abermals zu einem See sich brei-
    tet, dem Dolgen-See. Unsere Fahrt verlangsamte
    sich jetzt, da mittlerweile beinahe völlige Windstille
    eingetreten war; erst eine bei Sonnenuntergang auf-
    springende Brise führte uns glücklich über den See
    bis Dolgenbrodt.

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    Es war völlig dunkel geworden, und nur der Schein
    weniger Lichter bezeichnete die Stelle, wo, hinter
    Bäumen und Rohrgehegen, das Dorf zu suchen sei.
    Wir selber warfen Anker inmitten dreier Torfkähne,
    die schon vor uns an diesem Platz ein Unterkommen
    gesucht hatten. Zugleich wurde die Sturmlaterne
    ausgehängt. Als ich mein Befremden über diese Vor-
    sichtsmaßregel ausdrückte, zeigte Kapitän Backhu-
    sen auf eine dunkle sternlose Stelle am Horizont, die
    ihm Sturm zu bedeuten schien, zum zweiten aber auf
    die Torfkähne, zwischen denen wir allerdings wie
    eingeklemmt lagen. »Zieht ein Wetter herauf und
    diese drei ›großen Christophs‹ reißen sich los, so
    werden wir zerquetscht wie ein Polarschiff im Eis-
    meer. Die Laterne tut nicht alles, aber viel. Zum
    mindesten zeigt sie uns die Stelle, wo wir unterge-
    hen.«
    Um diesen Trost reicher, suchten wir unser Lager.
    Müde von des Tages Last und Hitze, schliefen wir
    unbekümmert ein.
    Von Dolgenbrodt bis Teupitz
    (Zweiter Reisetag)
    Mit dem frühesten war ich auf, zwischen drei und
    vier; die Sonne kündigte sich erst durch einzelne
    Strahlen an, die von Zeit zu Zeit am Horizonte auf-
    schossen. Aber so früh ich war, so war ich doch nicht
    der Frühste. Lieutenant Apitz war mir zuvorgekom-
    men und hatte, da er die Angelpassion mit der Se-

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    gelpassion glücklich zu vereinigen wußte, seine
    Schnur seit länger als einer halben Stunde ausge-
    worfen. Mit ihm Mudy. Ein guter Frühfang hatte ihre
    Anstrengungen belohnt. In einer neben ihnen ste-
    henden Wanne zappelte es bereits von Schlei und
    Hecht, von Giesen und Karauschen, die für unser
    Mittagsmahl einen vorzüglichen zweiten Gang in
    Aussicht stellten.
    Es war ein erquicklicher Morgen; in dem fallenden
    Tau gab sich die Natur wie gebadet. Ein Flachboot
    strich hart an uns vorüber, in dem ein junger Dol-
    genbrodter, mit angehängtem Fischkasten, strom-
    abwärts fuhr. Er sah ziemlich spöttisch zu unserer
    Angelrute auf und grüßte. Lieutenant Apitz aber war
    nicht der Mann, sich verwirren zu lassen. »Eingebor-
    ner Wende, was gelten die Fische?« Der Angeredete
    nannte eine beliebige Summe. »Da lasse ich sie billi-
    ger und gebe noch eine Bleiflinke zu.« Damit griff
    Apitz in die Wanne und warf ihm die angekündigte
    Flinke ins Boot. In diesem Augenblicke stieg der
    Glutball der Sonne auf und durchleuchtete die dün-
    nen Nebel. Wir sahen nun erst, wo wir waren.
    Am Wasser hin zog sich eine schmale Wiese,

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