Wanderungen durch die Mark Brandenburg
großen
Büffelhörnern. In Upsala selbst empfing uns das Mu-
sikchor des Militairs auf der einen Seite, auf der an-
deren Seite die Musikkapelle der 1600 Studenten
umfassenden Studentenschaft; alles in großer Gala,
mit rotseidenen Schärpen, weißen Mützen und vielen
Fahnen. Ganz Upsala war in Festkleidern auf den
Beinen und bildete eine unabsehbare Chaine. Dazwi-
schen Gesangchöre. Die Fahnen voran, ging's, in
langem Pilgerzuge, nach der Carolina rediviva, ein
Zug, an dem Deutsche, Österreicher, Ungarn, Bel-
gier, Brasilianer, Dänen, Finnen, Franzosen, Englän-
der, Italiener, Norweger, Portugiesen, Niederländer,
Russen, Schweizer und Nordamerikaner teilnahmen.
Im Park des Botanischen Gartens wurde haltgemacht
und uns, unter aufgepflanzten Fahnen, ein prachtvol-
les Mahl von der Stadt geboten. Die mit den schöns-
ten Speisen reich besetzten Tische standen, in fast
unabsehbarer Reihe, mit den seltensten Blumen ge-
ziert, die weiten Alleen des Parks hinauf. Doch ehe
man sich zur Tafel niedersetzte, trat jeder zu der
hier in der Nähe befindlichen Statue Linnés heran,
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die für heute mit einem grünen Lorbeerkranze ge-
schmückt war (der Kopf hat einen sehr einnehmen-
den Ausdruck), um den Hut davor abzunehmen. Stu-
denten bedienten die Tafeln. Der hungrigste und
durstigste Magen konnte hier seine Rechnung finden.
Dann wurden die Sammlungen und dann der Dom
usw. besehen. Bei der Abfahrt wieder Gesang und
Musik und nicht enden wollende Hurras. Auf der Hin-
fahrt saß ich mit Virchow, von Quast, Professor Mas-
senbach usw. zusammen, auf der Rückfahrt mit dem
dänischen Kultusminister Worsaae, einem ausge-
zeichneten Archäologen. Er erzählte mir, daß er dem
Kronprinzen im vorigen Jahre die Kopenhagener
Sammlungen gezeigt habe. Mit im Coupé befand sich
auch Professor Hartmann mit seiner Braut und deren
Mutter. Überhaupt, es waren wohl hundert Damen
mit dabei; im Kongreß selbst sitzen ihrer dreißig,
einige sehr gelehrte darunter.
Das Fest, das uns die Stadt Stockholm in Hasselba-
cken, einem schönen Ort im Tiergarten, gegeben,
war auch sehr brillant und endete mit Feuerwerk und
bengalischer Beleuchtung. Dort war ich mit
Dr. Mannhardt, der die besten nordischen Mytholo-
gien geschrieben hat, außerdem mit dem Grafen
Sierakowsky, der eben aus Indien und Tibet kam,
und vielen andern zusammen. Dieses Fest in Hassel-
backen fand nach Schluß der Eröffnungssitzung des
Kongresses statt, während welcher Sitzung es stürm-
te und regnete. Bei Beginn des Festes aber zeigte
der Himmel wieder eine heitere Miene.
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Gestern war eine interessante Kongreßsitzung, der
der König beiwohnte. Der König – ein Gelehrter und
Dichter; sein Vorgänger, Karl XV., war ein ganz tüch-
tiger Maler – kam gerade zu einer heftigen Diskussi-
on, in die sich Virchow und de Quatrefages, der
größte französische Anthropologe, verwickelt hatten,
eine Diskussion, aus der Virchow als Sieger hervor-
ging, obgleich der andere (es darf im Kongresse nur
französisch gesprochen werden) die Sprache für sich
hatte. Ich saß übrigens ganz nahe beim König, ein
Herr von großer, stattlicher Erscheinung. Auch die
Rednertribüne hatte ich ganz in der Nähe, so daß ich
alles verstehen konnte. Die Sitzungen finden im al-
ten Rittersaale statt, der mit den Wappen der ganzen
schwedischen Aristokratie geschmückt ist.
In dem Kunstmuseum hat mich der Direktor
Bocklund herumgeführt; die andern Museen habe ich
mir von Fachgelehrten erklären lassen. Für die Kon-
greßmitglieder sind alle Kustoden angewiesen, die
Schränke zu öffnen, zu erklären usw. Geheimrat von
Quast war sehr liebenswürdig. Er sagte mir, daß er
meine Briefe aus Jerusalem mit großem Interesse
gelesen hätte; sein Sohn (der spätere Abgeordnete
und Landrat des Ruppiner Kreises) war vorigen Win-
ter mit seiner Frau in Kairo der Kur wegen.
Stockholm kenne ich nun schon fast auswendig. Ich
habe auch Herrn Hammer, der eine der größten Pri-
vatsammlungen in jeglicher Art besitzt, besucht; er
hat mich selbst eine Stunde herumgeführt. Sein
Haus hat dem berühmten schwedischen Bildhauer
Byström gehört; es ist sehr originell gebaut; der Be-
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sitzer führte mich in fast alle Winkel. Er scheint der
reichste Mann hier zu sein... Ich würde abreisen,
wenn nicht noch diverse Festeinladungen bevorstän-
den. Zum Baden gibt es hier leider keine Gelegen-
heit. Professor Petermann, früher
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