Wanderungen durch die Mark Brandenburg
knüpfte.
Von diesem seinerzeit vielgenannten Schloß aus
nehmen wir heute, dem Flußlaufe folgend, unseren
Ausgang und erreichen schon nach halbstündigem
Marsch eine mäßige Hügelhöhe, von der aus wir zwei
Seeflächen und zwei Dörfer überblicken: Gröben und
Siethen. Ein märkisches Idyll. Aber auch ein Stück
märkische Geschichte.
Beide Dörfer entstanden sehr wahrscheinlich zu glei-
cher, wendischer Zeit, im übrigen jedoch erfreut sich
Gröben des Vorzugs, um einige Jahre früher als
Siethen, und zwar bereits im Jahre 1352, in einer
»im Lager vor Gröben« ausgestellten Urkunde Mark-
graf Ludwigs des Römers genannt zu werden. Es
gehörte damals der über den ganzen Teltow hin aus-
gebreiteten und begüterten Familie Gröben, die,
nach der Sitte der Zeit, von diesem ihrem ältesten
Besitz her ihren Namen »von Gröben« angenommen
hatte. Nach 1352 aber in die Kämpfe des Deutschen
Ordens mit verwickelt, entäußerte sich die Gröben-
Familie (von der zwanzig Mitglieder in der Deutsch-
2765
Ritter-Schlacht bei Tannenberg gefallen sein sollen)
ihres märkischen Besitzes und innerhalb dieses Be-
sitzes auch ihres Stammhauses Gröben. Ihre Güter
lagen von dem genannten Zeitpunkt an östlich der
Weichsel, und aus der märkischen Familie dieses Namens war eine preußische geworden, die bei dem Orden zu Lehn ging.
I
Gröben und Siethen unter den al-
ten Schlabrendorfs
von 1416 bis 1786
Um 1416 gab es in Gröben und Siethen keine Grö-
bens mehr; an ihre Stelle waren die lausitzischen
Schlabrendorfs getreten, die sich nach dem bei Lu-
ckau gelegenen Dorfe »Schlabrendorf« nannten, ge-
rade so, wie sich die Gröbens in voraufgegangener
Zeit nach dem im Teltow gelegenen Dorfe Gröben
ihren Namen gegeben hatten.
Aus den ersten zwei Jahrhunderten der Anwesenheit
der Schlabrendorfs in Gröben und Siethen wissen wir
wenig von ihnen. Es scheint nicht daß sie sich her-
vortaten, einen ausgenommen, Johann von
Schlabrendorf, der in die geistliche Laufbahn eintrat
und in dem Jahrzehnte, das dem Auftreten Luthers
unmittelbar voranging, zum Bischof von Havelberg
aufrückte. Wegen seiner Vorliebe für die Prämonstra-
tenser behielt er die Tracht derselben bis an sein
Lebensende bei. »Es wird ihm nachgerühmt«, so
2766
schreibt Lentz in seiner »Stifts-Historie von Havel-
berg«, »daß er ein rechter Geistlicher gewesen, der
fleißig in der Bibel gelesen und seine horas canonicas
selber abgewartet, auch mit seinen Canonicis einen
Vers um den andern dabei gebetet habe. Daneben
hab er auch auf seiner Burg zu Wittstock als ein
rechter Herr und Fürst zu leben und einen conve-
nablen Hofstaat mit einem zahlreichen Gefolge von
Rittern und Edelknaben zu halten gewußt. Ebenso
Koppeln und Meuten und einen wohlbesetzten Mar-
stall. Ingleichen auch hab er der Armen nicht verges-
sen und sie mit Bier und Brot allezeit reichlich ver-
sorgt.«
So Lentz in seiner »Stifts-Historie«. Daß dieser Bi-
schof aber speziell dem Hause zu Gröben entspros-
sen gewesen, dafür spricht mit großer Wahrschein-
lichkeit ein noch jetzt in der Gröbener Kirche befind-
liches Glasfenster, das in seinem Oberteile die Bi-
schofsmütze samt zwei gekreuzten Bischofsstäben,
darunter aber das Schlabrendorfsche Wappen zeigt.
Aus dem Gröbener Kirchenbuch
Auf dieses Vorerzählte beschränkt sich alles, was wir
durch zwei Jahrhunderte hin einerseits von den
Schlabrendorfs selbst, andrerseits von den ihren
Hauptbesitz bildenden Schwesterdörfern Gröben und
Siethen wissen, und erst von 1604 ab, wo Pastor
Johannes Thile I. ins Gröben-Siethener Pfarramt ein-
trat und das seit 1575 bestehende Kirchenbuch eifri-
2767
ger als seine Vorgänger zur Hand nahm, um Auf-
zeichnungen darin zu machen, erst von diesem Jah-
re 1604 an erfahren wir Eingehenderes aus dem Le-
ben der beiden Dörfer.
Um ebendieser Aufzeichnungen willen, die – mit
Ausnahme der Schlußepoche des Dreißigjährigen
Krieges – durch alle Nachfolger Johannes Thiles I.
getreulich fortgesetzt wurden, ist denn auch das
Gröben-Siethener Kirchenbuch ein wahrer histori-
scher Schatz und für die Kultur- und Sittengeschichte
der Mark von um so größerem Wert, als es im gan-
zen genommen in unsrem Lande doch nur wenige
Kirchenbücher gibt, die bis 1604 zurückgehen. Es ist
ein vollkommner Mikrokosmus, dem wir in diesem
alten, wurmstichigen und selbstverständlich in
Schweinsleder gebundenen Bande
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