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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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knüpfte.
    Von diesem seinerzeit vielgenannten Schloß aus
    nehmen wir heute, dem Flußlaufe folgend, unseren
    Ausgang und erreichen schon nach halbstündigem
    Marsch eine mäßige Hügelhöhe, von der aus wir zwei
    Seeflächen und zwei Dörfer überblicken: Gröben und
    Siethen. Ein märkisches Idyll. Aber auch ein Stück
    märkische Geschichte.
    Beide Dörfer entstanden sehr wahrscheinlich zu glei-
    cher, wendischer Zeit, im übrigen jedoch erfreut sich
    Gröben des Vorzugs, um einige Jahre früher als
    Siethen, und zwar bereits im Jahre 1352, in einer
    »im Lager vor Gröben« ausgestellten Urkunde Mark-
    graf Ludwigs des Römers genannt zu werden. Es
    gehörte damals der über den ganzen Teltow hin aus-
    gebreiteten und begüterten Familie Gröben, die,
    nach der Sitte der Zeit, von diesem ihrem ältesten
    Besitz her ihren Namen »von Gröben« angenommen
    hatte. Nach 1352 aber in die Kämpfe des Deutschen
    Ordens mit verwickelt, entäußerte sich die Gröben-
    Familie (von der zwanzig Mitglieder in der Deutsch-

    2765
    Ritter-Schlacht bei Tannenberg gefallen sein sollen)
    ihres märkischen Besitzes und innerhalb dieses Be-
    sitzes auch ihres Stammhauses Gröben. Ihre Güter
    lagen von dem genannten Zeitpunkt an östlich der
    Weichsel, und aus der märkischen Familie dieses Namens war eine preußische geworden, die bei dem Orden zu Lehn ging.
    I
    Gröben und Siethen unter den al-
    ten Schlabrendorfs
    von 1416 bis 1786
    Um 1416 gab es in Gröben und Siethen keine Grö-
    bens mehr; an ihre Stelle waren die lausitzischen
    Schlabrendorfs getreten, die sich nach dem bei Lu-
    ckau gelegenen Dorfe »Schlabrendorf« nannten, ge-
    rade so, wie sich die Gröbens in voraufgegangener
    Zeit nach dem im Teltow gelegenen Dorfe Gröben
    ihren Namen gegeben hatten.
    Aus den ersten zwei Jahrhunderten der Anwesenheit
    der Schlabrendorfs in Gröben und Siethen wissen wir
    wenig von ihnen. Es scheint nicht daß sie sich her-
    vortaten, einen ausgenommen, Johann von
    Schlabrendorf, der in die geistliche Laufbahn eintrat
    und in dem Jahrzehnte, das dem Auftreten Luthers
    unmittelbar voranging, zum Bischof von Havelberg
    aufrückte. Wegen seiner Vorliebe für die Prämonstra-
    tenser behielt er die Tracht derselben bis an sein
    Lebensende bei. »Es wird ihm nachgerühmt«, so

    2766
    schreibt Lentz in seiner »Stifts-Historie von Havel-
    berg«, »daß er ein rechter Geistlicher gewesen, der
    fleißig in der Bibel gelesen und seine horas canonicas
    selber abgewartet, auch mit seinen Canonicis einen
    Vers um den andern dabei gebetet habe. Daneben
    hab er auch auf seiner Burg zu Wittstock als ein
    rechter Herr und Fürst zu leben und einen conve-
    nablen Hofstaat mit einem zahlreichen Gefolge von
    Rittern und Edelknaben zu halten gewußt. Ebenso
    Koppeln und Meuten und einen wohlbesetzten Mar-
    stall. Ingleichen auch hab er der Armen nicht verges-
    sen und sie mit Bier und Brot allezeit reichlich ver-
    sorgt.«
    So Lentz in seiner »Stifts-Historie«. Daß dieser Bi-
    schof aber speziell dem Hause zu Gröben entspros-
    sen gewesen, dafür spricht mit großer Wahrschein-
    lichkeit ein noch jetzt in der Gröbener Kirche befind-
    liches Glasfenster, das in seinem Oberteile die Bi-
    schofsmütze samt zwei gekreuzten Bischofsstäben,
    darunter aber das Schlabrendorfsche Wappen zeigt.

    Aus dem Gröbener Kirchenbuch
    Auf dieses Vorerzählte beschränkt sich alles, was wir
    durch zwei Jahrhunderte hin einerseits von den
    Schlabrendorfs selbst, andrerseits von den ihren
    Hauptbesitz bildenden Schwesterdörfern Gröben und
    Siethen wissen, und erst von 1604 ab, wo Pastor
    Johannes Thile I. ins Gröben-Siethener Pfarramt ein-
    trat und das seit 1575 bestehende Kirchenbuch eifri-

    2767
    ger als seine Vorgänger zur Hand nahm, um Auf-
    zeichnungen darin zu machen, erst von diesem Jah-
    re 1604 an erfahren wir Eingehenderes aus dem Le-
    ben der beiden Dörfer.
    Um ebendieser Aufzeichnungen willen, die – mit
    Ausnahme der Schlußepoche des Dreißigjährigen
    Krieges – durch alle Nachfolger Johannes Thiles I.
    getreulich fortgesetzt wurden, ist denn auch das
    Gröben-Siethener Kirchenbuch ein wahrer histori-
    scher Schatz und für die Kultur- und Sittengeschichte
    der Mark von um so größerem Wert, als es im gan-
    zen genommen in unsrem Lande doch nur wenige
    Kirchenbücher gibt, die bis 1604 zurückgehen. Es ist
    ein vollkommner Mikrokosmus, dem wir in diesem
    alten, wurmstichigen und selbstverständlich in
    Schweinsleder gebundenen Bande

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