Wanderungen durch die Mark Brandenburg
und
Meisters, Geburt verzogen sein müsse, eine Sache,
betreffs deren ich nie den geringsten Zweifel unter-
halten hatte.
Das Vorfahren des Wagens und der Peitschenknips
des Kutschers schnitten weitere Nachforschungen
ab, wobei mich's trösten mußte, schwerlich etwas
anderes als die chronologische Reihenfolge der Treb-
biner Schützenkönige eingebüßt zu haben. Noch ein
Hutlüpfen unsererseits, noch eine gegengrüßende
militärische Handbewegung des »Majors« – und un-
ser Jagdwagen klapperte über das Pflaster hin.
Die Kirchhofstüre stand noch offen, und die Schwert-
lilien blühten noch.
Über »Burg Trebbin« bin ich auch nachträglich ohne
Mitteilung geblieben, aber von Wilhelm Hensel will
ich erzählen.
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Wilhelm Hensel
Wenn zwei Lose vor uns legt ein Beschluß der Zeit
Schwer ist's, wirklichem Ruf folgen und falschen
fliehn!...
Sieh, dich lockten indes heimische Triebe bald
Fernhin (wo in des Nords Winter ein edler Fürst
Aussät ein Athen des Geistes)
An die skythische, kalte Spree.
Platen
Wilhelm Hensel wurde den 6. Juli 1794 zu Trebbin
geboren, wo sein Vater an der dortigen Marienkirche
Geistlicher war. Schon einige Monate später übersie-
delte man von Trebbin nach Linum, in dessen Pfarr-
hause wir denn auch unsern Wilhelm Hensel während
seiner Knabenjahre zu suchen haben. Allen erforder-
lichen Unterricht gab ihm der Vater und bracht ihn,
gut vorbereitet, auf die Bergakademie. Das
war 1809. Dem schon damals geäußerten Wunsche
des Sohnes, sich der Kunst widmen zu dürfen, hatte
der Vater nicht nachgeben wollen.
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Das Talent W. Hensels war aber zu ausgesprochen,
als daß die Laufbahn, auf die seine Natur ihn anwies,
ihm dauernd hätte verschlossen bleiben können.
Seine eigenen Vorgesetzten ermunterten ihn, in sei-
ner Beschäftigung mit den Künsten auszuharren, und
als er bei bestimmter Gelegenheit ein Blatt in Was-
serfarben ausführte, das innerhalb weniger Stunden
eine ganze tropische Landschaft vor aller Augen hin-
zauberte, drang der Direktor des Instituts in ihn, das
Bergfach aufzugeben und Maler zu werden.1)
Den Widerstand des Vaters, der auch jetzt noch fort-
dauerte, brach endlich der Tod. Pastor Hensel
starb 1811, und unser Wilhelm Hensel war nun Ma-
ler. Er studierte Anatomie und Perspektive, zeichnete
nach der Antike und dem lebenden Modell und be-
währte sich als so tüchtig, daß er schon 1812 die
Kunstausstellung (die erste, die in Berlin überhaupt stattfand) beschicken konnte.
Der Frühling 1813 unterbrach die kaum begonnene
Laufbahn. Von Jugend auf voll patriotischen Eifers,
folgte er dem »Aufruf« und trat in das eben damals
errichtete Garde-Kosaken-Regiment ein. Ein kleines
Gouachebild, im Besitz der Familie, stellt ihn blondlo-
ckig unter einem schwarzen Barett in dieser phantas-
tischen Uniform dar. Er machte in dem genannten
Truppenteile, der sehr bald in Namen und Erschei-
nung sich borussifizierte, die Schlachten bei Lützen
und Bautzen mit, trat dann zu den Freiwilligen Jä-
gern über, nahm teil an den Kämpfen des Yorck-
schen Corps und war unter denen, die zweimal in
Paris einzogen. 1815 als Offizier. Hier war es auch,
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wo er in den Bildersälen des Louvre die Bekannt-
schaft des Grafen Blankensee machte und den Grund
zu einem Freundschaftsverhältnis legte, das bis zum
Tode fortbestand.
Nach dem Friedensschlusse kehrte W. Hensel zu sei-
ner Kunst zurück, freilich auch zu seinen Bedrängnis-
sen. Seit dem Tode des Vaters war es ihm eine Eh-
renpflicht gewesen, für Mutter und Geschwister zu
schaffen und zu sorgen; in diese Pflicht trat er jetzt
wieder ein. Er malte Bildnisse, radierte Blätter, fer-
tigte Zeichnungen für Almanache und Kalender und
sah sich durch Arbeiten dieser und ähnlicher Art in
seinem Studium allerdings gehemmt; sein Fleiß in-
des und sein Vertrauen halfen über alles hinweg.
So vergingen Jahre, bis der Winter 1821 plötzlich
Wandel schaffte.
Um die genannte Zeit (Januar 1821) war das russi-
sche Thronfolgerpaar, der spätere Kaiser Nikolaus
und seine Gemahlin, zum Besuch in Berlin eingetrof-
fen. Ein großes Fest sollte die Gegenwart beider fei-
ern, und man beschloß, den eigentlichen Festesinhalt
dem eben damals erschienenen und von aller Welt
bewunderten Gedichte Thomas Moores: »Lalla
Rookh«, zu entnehmen. Es war eine gute Wahl: der
Gegenstand neu, die Situationen fesselnd, die Kos-
tüme voll orientalischer Pracht. Und so
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