Wanderungen durch die Mark Brandenburg
schritt man
sofort zur Ausführung.
Bei dem großen Interesse, das der Gegenstand da-
mals erregte, mag es gestattet sein, bei dieser Lalla-
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Rookh-Feier rückblickend einen Augenblick zu ver-
weilen.
Was zunächst die Dichtung selber angeht, die bereits
wieder vom Schauplatz abgetreten ist (jede Zeit hat
ihre Lieblinge), so ist der Rahmen derselben der fol-
gende:
Abdallah, König der Kleinen Bucharei, kommt auf
einer Pilgerreise, die er nach dem Grabe des Prophe-
ten unternimmt, auch nach Delhi in Indien. Hier
nimmt ihn Aurengzeb, Beherrscher von Delhi, mit
großer Gastfreundschaft auf. Die Vermählung ihrer
ältesten Kinder: des bucharischen Prinzen Aliris und
der indischen Prinzessin Lalla Rookh, wird beschlos-
sen und soll demnächst in Kaschmir, wo Prinz Aliris
zurückgeblieben ist, vollzogen werden. Lalla Rookh
verläßt deshalb Delhi und begibt sich mit großem
Gefolge nach Kaschmir. Unterwegs wird sie durch die
poetischen Erzählungen eines jungen Dichters na-
mens Feramors unterhalten, der sich unter den Per-
sonen befindet, die Prinz Aliris, von Kaschmir aus, zu
ihrem Empfang ihr entgegengesandt hat. Vier Erzäh-
lungen sind es nun, die ganz besonders die Teilnah-
me der Prinzessin wecken: »Der verschleierte Pro-
phet von Khorasan«, »Paradies und Peri«, die Ge-
schichte »von den Ghebern« und »Nurmahal und
Dschehangir«. Zuletzt fällt die Maske, und Feramors
erweist sich als Prinz Aliris selbst.
So der Rahmen. Es ist bekannt, daß die vier poeti-
schen Erzählungen, die wir eben nannten, den ei-
gentlichen Inhalt der Dichtung bilden. Es wurde nun
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beschlossen, die Aufführung dahin zu regeln, daß das
Erscheinen Abdallahs am Hofe Aurengzebs durch
einen großen, aus Bucharen und Indern bestehenden
Festzug , der Inhalt der vier Erzählungen aber durch lebende Bilder , unter Vortrag eines angepaßten musikalischen Textes, dargestellt werden solle. Und so
geschah es.
Unter den Klängen eines eigens für diese Feier kom-
ponierten Marsches setzte sich der aus 168 Personen
bestehende Festzug in Bewegung, durchschritt die
bekannten Paradekammern des Schlosses, trat in
den Weißen Saal ein und nahm hier vor der errichte-
ten Bühne Platz. Nun ging der Vorhang auf, und in
rascher Reihenfolge folgte Bild auf Bild, im ganzen
zwölf. Der Erfolg war der glänzendsten wie bei den
Kräften, die mitgewirkt hatten, nicht anders zu er-
warten stand. Die Dekorationen waren das Werk
Schinkels, die Musikstücke waren von Spontini kom-
poniert; bei Feststellung der Kostüme waren die gro-
ßen Werke von Forbes und Elphinstone benutzt wor-
den. Alles, was Berlin an glänzenden Namen und
bekannten Persönlichkeiten aufzuweisen hatte, war
geladen. 4000 Gäste nahmen am Feste teil.2)
Wir kehren nun zu unserem W. Hensel zurück. Ihm
war die Aufgabe zugefallen, die lebenden Bilder zu stellen, und das Geschick, das er dabei an den Tag
legte, die Virtuosität vor allem, mit der er jeden
Hauptmoment, über die Dauer des Festes hinaus, in
Aquarellbildern festzuhalten wußte, verschafften ihm
so viel Huld und Wohlwollen, daß man, von jenem
Lalla-Rookh-Feste an, einen Wendepunkt in seinem
2884
äußern Leben datieren muß. Der König, in Betäti-
gung seines Dankes, gab ihm die Möglichkeit, eine
mehrjährige Reise nach Italien unternehmen zu kön-
nen; was aber mehr als alles andere bedeutsam und
entscheidend für ihn wurde, war, daß Fanny Men-
delssohn im Kreise der Ihrigen der Aufführung des
Festes beigewohnt und dadurch unserem Hensel Ge-
legenheit zu näherer Bekanntschaft mit dem Men-
delssohnschen Hause geboten hatte. Hensel, alsbald
eingeführt und mit dem Bruder (Felix) befreundet,
glaubte schon im Sommer 1822 um die Hand Fan-
ny M.s anhalten zu dürfen; die Familie jedoch, mit
Rücksicht auf die bereits feststehende Reise Hensels
nach Italien, hielt es für besser, beide Teile vorläufig nicht zu binden, und vertagte die Entscheidung. Die Neigung des Paares überdauerte die Trennung.
1828 kehrte Hensel nach fünfjähriger Abwesenheit
zurück, und das Jahr darauf vermählte er sich mit
seiner von ihm gefeierten Fanny.
Die nun folgenden achtzehn Jahre seiner Ehe, ein-
schließlich der ihnen voraufgegangenen fünf Jahre in
Rom, wie es die Tage seines Glückes waren, so auch
die seiner künstlerischen Produktion. Alles Vorherge-
hende war Vorbereitung, alles Folgende Nachklang,
halb virtuoses, halb geselliges Spiel. Alle seine
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