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Wanderungen II. Das Oderland.

Wanderungen II. Das Oderland.

Titel: Wanderungen II. Das Oderland. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Wirtschaftsführung während eines vollen Jahres war eine musterhafte gewesen, nur sein überaus reizbares Temperament hatte im Winter 1806 auf 1807 die Verwaltung des Guts und, mehr denn das, sein eigenes Leben in Gefahr gebracht. Wir lernen hier eine neue Seite seines Charakters kennen. Die Beschäftigung mit den Wissenschaften, weit entfernt davon, ihm »die Blässe des Gedankens anzukränkeln« oder das innere Feuer, das nach Taten dürstete, zu dämpfen, hatte seine ganze, leidenschaftlich angelegte Natur nur noch glühender und leidenschaftlicher gemacht. Gegen Überlegenheit des Geistes und Charakters, wo er sie fand, verhielt er sich wie ein junger Königstiger, der ruhig wird in der Nähe des Löwen. Aber freilich, er fand diese Überlegenheit selten.
    Sein auflodernder Zorn war es, der ihn, während seiner Gutsverwaltung, zu einer raschen Tat hingerissen hatte, die den Stempel der Ungerechtigkeit breit an der Stirne trug. Eine durch Nachbarn ihm zugefügte Unbill hatte er in einer Weise zu rächen gesucht, die von den damals die Landesobrigkeit bildenden Franzosen als ein Mißbrauch der Gewalt gestraft werden mußte. Er wurde nachts durch französische Gensdarmen vom Gute fortgeholt und in Fesseln nach Küstrin abgeführt. Man hielt ihn schon für verloren; doch wurde die Sache durch vielfach tätige Verwendungen schließlich auf gütlichem Wege beigelegt. Die Details über diesen Vorgang fehlen.
    Ende Oktober 1807 traf der ältere Bruder wieder in Friedersdorf ein. Der Tilsiter Friede hatte zur Entwaffnung so vieler Regimenter geführt und natürlich auch zur Entlassung jenes Truppenteils, der unter dem Namen des »Marwitzschen Freicorps« in Preußen und Pommern gebildet worden war. Der jüngere Bruder verließ nun das Gut wieder und ging nach Memel, wo sich damals der preußische Hof befand. Empfehlungsbriefe führten ihn bei dem Minister Stein ein, Niebuhr schenkte ihm Aufmerksamkeit und Interesse, und sein überaus gewinnendes Wesen, das ihn überall, wo er sich sympathisch berührt und geistig heimisch fühlte, die Herzen wie durch einen Zauber erobern ließ, bewährte sich auch hier. Äußerliche Mittel unterstützten seine Erfolge. Er war groß und schlank, mit feinem jugendlichen Gesicht und die schönen dunkeln Augen voll Leben und Ausdruck. Wie auf Schule und Universität, so herrschte er alsbald auch hier, wo die Männer des »Tugendbundes« ihn in ihre Mitte zogen. Er belächelte vieles, was er geschehen sah, der gemeinschaftliche Franzosenhaß aber und noch mehr vielleicht der Umstand, daß es gescheite Leute waren, mit denen er eine Stunde geistvoll plaudern und Anregung zu neuen Studien mit heimnehmen konnte, ließ ihn die Kluft absichtlich übersehen, die zwischen ihm und ihnen lag.
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    Es heißt über ihren Sohn im Schulprogramm (1804) des Grauen Klosters: »Staël-Holstein aus Paris empfahl sich die kurze Zeit daß er die erste Klasse des Gymnasiums besuchte, durch ein gesittetes Betragen und einen lobenswerten Fleiß. Der unerwartete Tod seines Großvaters, des ehemaligen Finanzministers Necker, veranlaßte seine Mutter zur eiligen Abreise in die Schweiz, der er folgte.« – Diesem Schulprogramm entnehme ich auch eine Notiz über die Dichtungen , die Michaelis 1804 und 1806 bei Gelegenheit der öffentlichen Prüfung von den Schülern der Oberklassen deklamiert wurden. Es waren: 1. Monolog des Brutus aus der Voltaireschen Tragödie »Cäsar«; 2. »Elegie an Rosalie«, von Tiedge; 3. »Der Führer«, ein Gedicht von Luise Brachmann; 4. »Arion«, von A. W. von Schlegel; 5. »Kassandra«, von Schiller; 6. »Der Taucher«, von Schiller; 7. »Die Macht des Gesanges«, von Schiller; 8. »Hero und Leander«, von Schiller; 9. »Schillers Tod«, eine Elegie. ._.
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Tamsel
    Verschnittene Hecken,
Sich zu verstecken,
Und auf blühendem Raine
Liebesgötter, groß' und kleine –
Aber ihre Stunden
Sind hingeschwunden.

     
II
    Über die schöne Lage Tamsels habe ich schon Seite 340 gesprochen. In früheren Zeiten hieß es die »Oase in der Wüste«, und noch jetzt hat es Anspruch auf jene rühmende Bezeichnung, wenn auch freilich die ringsumher liegenden, dem üppigsten Wiesewachs gewonnenen Bruchgegenden die Bezeichnung »Wüste« nicht länger zulässig erscheinen lassen.
    Das Terrain, auf dem Tamsel liegt, hat viel Ähnlichkeit mit den Oderbruch-Partien zwischen Falkenberg und Freienwalde. Im Rücken eine Bergwand, mehr oder weniger steil und gelegentlich durch eine Schlucht

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