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Wandlung

Wandlung

Titel: Wandlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Baker
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nichts, was sich verbrennen ließe.
    Wie viel tiefer sollte er sich auf seinem Erkundungsgang
noch hinabwagen? Seine Planke war bereits halb heruntergebrannt; er sollte umkehren.
    Er ging in die Hocke und untersuchte den Tunnelboden. Im Staub waren frische Fußabdrücke zu erkennen, die Profilsohle seiner eigenen schweren Schneeschuhe, daneben eine zweite Spur von Abdrücken, die tiefer in die Tunnel hineinführten.
    Er hielt seinen Fuß neben den Abdruck. Wer immer hier vor Kurzem diesen Gang entlanggegangen war, trug kleine Stiefel mit Chevron-Profil.
     
    Ein weiß gekachelter Raum, der nach den Kilometern graubraunen, trostlosen Betons die Augen blendete.
    Nail wusste, dass er umkehren und an die Oberfläche zurückkehren sollte, doch seine Neugier war stärker. Diese ausgedehnte unterirdische Totenstadt barg Geheimnisse. Er und Gus befanden sich in einer hoffnungslosen Lage, sie waren verletzt, von der Außenwelt abgeschnitten. Wenn er weiter vorstieß, tiefer in den Tunnelkomplex hinabstieg, ließe sich hier vielleicht eine Lösung finden.
    Spinde, Duschköpfe, eine Bodenluke. In den Spinden hingen Schutzanzüge für chemische Kriegsführung, Kapuzen aus Gummi mit gläsernen Aussparungen für die Augen.
    Der Raum war eine Dekontaminationsschleuse, hier konnten Soldaten sich den nuklearen Fallout abwaschen, ihre Schutzanzüge ablegen, in den Schacht hinunterklettern und sich in das hermetisch abgeschlossene Innere von Ebene 0 zurückziehen.
    Nail näherte sich der Bodenluke, einer Klappe, die an die Einstiegsluke im Geschützturm eines Panzers erinnerte. Als er die Luke aufwuchtete, schlug ihm ein
Schwall fauliger Luft entgegen. Seine Fackel flackerte und erlosch.
    In absoluter Dunkelheit suchte Nail in seiner Tasche nach seinem Feuerzeug, riss es dreimal an, ehe es mit stabiler Flamme brannte, und entzündete von Neuem seine Holzplanke.
    Er warf einen Blick in den Schacht. Der flackernde Schein seiner Fackel beleuchtete die Seitenwände, dann meinte er für einen kurzen Moment, ganz unten auf dem Grund des Schachts, eine Gestalt zu erkennen, die zu ihm hochblickte.
     
    Eine Stunde darauf kehrte Nail zum Bunkereingang zurück, über der Schulter einen Stuhl aus Holz. Er zertrümmerte ihn und legte die Stücke ins Feuer.
    Gus kauerte am Feuer, schaukelte hin und her; offensichtlich litt er fürchterliche Qualen.
    Mit einem Schraubenschlüssel meißelte Nail Eis von der Wand. »Reib das auf deine Verbrennungen. Das wird dir guttun.«
    »Du hast Holz gefunden.«
    »Da unten gibt es ein paar Kojen, auch ein paar Tische und Stühle in den Schlafräumen für die Leute, die diesen Ort gebaut haben. Genug, dass wir ein wenig Zeit zum Nachdenken gewinnen.«
    »Aber ich wette, nichts zu essen.«
    »Ich werd gleich mal in den Gepäcktaschen der Schneemobile nachsehen, aber vorher muss ich mich einen Moment hinsetzen. Ich bin erledigt.«
    Sie ließen ihre Stiefel über dem Feuer trocknen.
    Dann hörten sie einen dumpfen Schlag gegen die Bunkertür, gleich darauf einen zweiten, gefolgt von trommelnden Fäusten und scharrenden Fingern.

    »Ich kapier’s einfach nicht«, sagte Gus. »Können die uns etwa riechen? Ist es das? Woher wissen sie, dass wir hier drinnen sind? Besitzen sie so was wie einen sechsten Sinn?«
    »Klar können sie dich riechen, du stinkst nach angebranntem Speck.«
    Eine Stunde lang saßen sie am Feuer. Wegen des sachten Durchzugs wurde der Rauch in den Tunnel gesogen wie Zigarettenqualm in eine Raucherlunge. Sie lauschten auf das Hämmern der Fäuste gegen die Tür.
    Gus beobachtete den Rauch. »Gibt es da unten Belüftungsschächte? Einen zweiten Ausgang vielleicht?«
    »Wer zum Teufel weiß das schon? Das Ganze zieht sich über Meilen hin, eine verborgene Stadt, irgendeine große Marineanlage.«
    »Wie viele von denen sind deiner Meinung nach da draußen?«, fragte Gus.
    »Ich schätze mal zwei. Sie sind halb erfroren, wir könnten sie also ziemlich mühelos umgehen. Wenn noch mehr von ihnen auftauchen, gehe ich raus und erschlage sie. Um die Herde auszudünnen. Sie sind langsam und beschränkt, das sollte also zu schaffen sein. Kein Problem.«
    »Ist mein Gesicht schlimm zugerichtet?«
    »Ja, ziemlich übel.«
    »Angenommen, es kommt hart auf hart, und ich würde dich bitten, mich zu töten, würdest du mir helfen?«
    Nail wandte sich ab.
    Und unvermittelt liefen Bilder vor seinem geistigen Auge ab. Der heftige Streit, Mal, der schreit, flucht, mit dem Finger auf ihn zeigt. Das flüchtige Aufblitzen

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