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Wanja und die wilden Hunde

Wanja und die wilden Hunde

Titel: Wanja und die wilden Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Maja Nowak
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lauerte, über der der kleine Hundepopo zitterte. Die Hündin wurde so lange angeschnauzt, bis sie den Popo ganz hineinsetzte. Dieses strenge Abrichten führte dazu, dass die Hündin zwar auf meinen Vater hörte, jedoch Angst vor ihm hatte und nur selten von alleine seine Nähe suchte.
    Mein Vater liebte Hunde. Er war nur einfach der Ansicht, dass er keine Schlamperei durchgehen lassen dürfe, weil dies seiner Autorität schade. Dass die Hündin trotz seiner guten Erziehung viermal die Woche im Wald auf Hasenjagd ging und uns stundenlang warten ließ, änderte nichts an der Meinung meines Vaters, dass das Exerzieren dieses Verhalten irgendwann ändern könnte.
    Einmal warteten meine Mutter und ich viele Stunden auf die jagende Hündin, und meine Mutter hatte die Nase voll. Sie war so wütend, dass wir ohne Berry nach Hause gingen. Dennoch stand sie mit mir am Fenster und blickte angstvoll wartend auf die Brücke der Antonienstraße in Leipzig-Schleußig, hinter der sich der Wald »das Küchenholz« befand.
    Nach langen und bangen Minuten kam Berry aus dem Wald. Sie ging zielstrebig über die Brücke, reihte sich an der Ampel in eine Fußgängergruppe ein, machte brav »Sitz« und lief über die Straße, als alle über die Straße liefen.
    Mein Vater wäre sehr stolz gewesen, hätte er diese Früchte seiner Erziehung gesehen. (Die natürlich nichts daran änderten, dass die Hündin stiften ging, wann immer sie einen Hasen sah.)

    Berry, meine Mutter und ich
    Ich vermute, dass ich ohne diese Kindheitserlebnisse auch selbst bestrebt gewesen wäre, Wanja »Sitz« und »Platz« beizubringen, einfach deshalb, weil ich aus einer Kultur komme, in der dieser Umgang mit einem Hund üblich ist. Weil mich die Strenge, mit der mein Vater herrschte, jedoch abstieß, wandte ich mich dem anderen Extrem der Sanftheit und Regellosigkeit zu.
    Es ist wie so oft bei einem Protest: Solange man noch keine eigene Haltung besitzt (schon deshalb, weil man noch mit dem Protest gegen etwas anderes beschäftigt ist), bleibt nur die Wahl der ebenso extremen Gegenseite.
    Vera und ich sitzen in meinem Haus und essen Abendbrot.
    Die Hunde liegen im Hof, Wanja ist bei uns. Er stellt sich vor Vera hin und beginnt zu betteln. Ein hypnotisierender Blick, gepaart mit rudernden Schwanzbewegungen, begleitet den Versuch.
    Vera sagt » Paschol !« (»Verschwinde!«) und macht eine wegscheuchende Handbewegung in seine Richtung.
    Wanja rührt sich keinen Zentimeter und verstärkt seine Bemühungen mit einem noch heftigeren Schwanzwedeln.
    Vera legt ihre Gabel auf den Teller, steht auf, zeigt mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf den Hund, beugt sich gebieterisch über ihn und sagt: » Mjesto !« (»Platz!«)
    Wanja springt sie an.
    » Mjesto !!«, ruft Vera energischer und schubst Wanja zurück.
    Er hebt die Lefze.
    Vera greift sich einen Holzrührlöffel aus der Pfanne vom Tisch, baut sich mit erhobenem Rührlöffel vor ihm auf und sagt mit Grabesstimme: » Mjeeesto !«
    Bevor Wanja reagieren kann, bin ich aufgesprungen und will sagen: »Hör mal, mein Hund hat hier nicht ›Platz‹ zu machen. Solche Zirkuskunststückchen muss er nicht lernen. Welches Recht haben wir Menschen, Tiere so zu bevormunden?!« Heraus kommt aber wohl ungefähr: »Hör mal, kein ›Platz‹, das Zirkussache, nur weil du Mensch, du nicht Kommandeur über Tier.«
    Vera versteht inzwischen mein Anfänger-Russisch. »Ein Hund hat zu gehorchen«, entgegnet sie aufgebracht.
    »Ein Hund hat gar nichts zu machen!«, rufe ich – empfindlich an meiner wunden Stelle aus der Kindheit getroffen – ebenso aufgebracht zurück.
    » Wanja, mjestooo !!«, blafft Vera stinksauer.
    Wanja geht weg und legt sich in eine Zimmerecke.
    Vera lässt verblüfft den Löffel sinken und setzt sich wieder hin. Meine Erregung bleibt ziellos in der Luft hängen, und ich starre auf den am Boden liegenden Hund, von dem ich mich verraten fühle in meiner Bemühung, ihm die Freiheit zu erhalten.
    Vera tut, was beinahe jeder Russe tut, wenn er beschwichtigen und einen Konflikt aus dem Weg räumen will: Sie schiebt mir mein Likörglas gefüllt mit Wodka entgegen, hebt ihr eigenes Glas und sagt: » Dawai Majetschka , dein Essen schmeckt wunderbar.«
    Wir vermeiden in Zukunft dieses Thema, es wird jedoch bald eine Situation geben, in der ich mich ihm erneut stellen muss.
    In einem Rhythmus von sechsundachtzig Tagen ist jeder Lipowkaer einmal an der Reihe, die Schafe und Ziegen zu weiden.
    Der Hirte oder die Hirtin

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