Wann tranken die Türken ihren Kaffee vor Wien?: Weltgeschichte - alles, was man wissen muss (German Edition)
für Sadowa!« Es sollte anders kommen.
1870/1871
P REUßENS GLORIA Um die Einheit Deutschlands ohne Österreich zu vollenden, musste der Widerstand in den süddeutschen Monarchien Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt beseitigt werden. Dazu bedurfte es einer großen nationalen Begeisterung, genährt durch eine Bedrohung von außen. Bismarck provozierte Napoleon III. zu einer Kriegserklärung an Deutschland, indem er einen Depeschenbericht über eine Begegnung des französischen Botschafters mit Kaiser Wilhelm in dem Kurort Bad Ems in verkürzter und dadurch verschärfter Form an die Presse gab (Emser Depesche). Nun galt Napoleon in der öffentlichen Meinung als Friedensbrecher. Die süddeutschen Staaten hatten keine Wahl: Sie mussten sich mit Preußen solidarisieren und am Krieg gegen Frankreich teilnehmen.
Schon bei der ersten großen Schlacht im nordfranzösischen Sedan am 2. September 1870 geriet der französische Kaiser in deutsche Gefangenschaft. Das war praktisch das Ende des Second Empire . Nachdem die Deutschen Paris erobert hatten, wurde am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal von Versailles durch Bismarck mit Zustimmung der süddeutschen Länder ein national geeintes Deutsches Reich proklamiert und Wilhelm I. zum deutschen Kaiser ausgerufen. Verfassungsrechtlich gesehen war es der Beitritt der süddeutschen Monarchien zum Norddeutschen Bund. Die Verfassung des Norddeutschen Bundes wurde am 16. April 1871 durch die neue, von Bismarck entworfene Verfassung des Deutschen Reiches abgelöst.
1873
WELTWIRTSCHAFTSKRISE I 1873 fand in Wien die fünfte Weltausstellung statt, und ausgerechnet von der Wiener Börse ging bereits eine Woche nach der Eröffnung am 9. Mai, einem Freitag, die erste moderne globale Weltwirtschaftskrise aus. Auslöser war eine Immobilien- und Spekulationsblase, leichtfertig vergebene Kredite, eine überraschend hohe Zahl von Insolvenzen, auch einer Wiener Bank, der ganze Teufelskreis. Gelder wurden schlagartig abgezogen, die Zinsen stiegen, was wiederum viele Unternehmen in Bedrängnis brachte, darunter Eisenbahnunternehmen in den USA. Am 19. September wurde die New Yorker Börse erstmals geschlossen. Die Krise erfasste fast alle größeren Länder Europas, griff bis nach Südamerika und Australien aus. Überall fielen die Kurse um 30 bis 50 Prozent. Danach folgte eine jahrelange Depression. Der Glaube und das Vertrauen des 19. Jahrhunderts in den unaufhaltsamen Fortschritt waren nachhaltig erschüttert.
Was danach geschah : Die Staaten griffen durch restriktive Maßnahmen wie Schutzzölle wieder verstärkt in das zuvor sehr liberal gehandhabte Wirtschaftsleben ein. Immerhin blieb bis 1914 der Goldstandard erhalten: Seitder Jahrhundertmitte waren alle Währungen frei konvertierbar, weil ein US-Golddollar genauso viel wert war wie das Gold-Pfund, der Gold-Franc, die Gold-Mark oder der Gold-Rubel. In ganz Europa konnte man beliebig reisen (es gab übrigens auch keine Pässe) und mit seinem einheimischen Geld überall bezahlen; eine einmalige Währungsstabilität. Der Goldstandard wurde 1914 aufgehoben und – angesichts der Kriegsfeindschaften – auch die Passkontrollen eingeführt. Erst das Schengen-Abkommen von 1985 und die Euro-Einführung 1999/2002 haben diesen Zustand für Teile Europas wieder rückgängig gemacht.
FIN DE SIÈCLE
Der Titel einer in Vergessenheit geratenen französischen Komödie von 1888 wurde zum Epochenbegriff der Zeit von 1890 bis 1914. Relativ lang anhaltender Friede in Europa und vergleichsweise gesicherte materielle Verhältnisse für die bürgerlichen Schichten führten zu Dekadenzerscheinungen der »Belle Epoque«. Das Erstarren in Konventionen provozierte andererseits eine Aufbruchstimmung, die in der Kunst in »Sezession« und »Jugendstil«, in der Gesellschaft in »Lebensreform«, »Wandervogel« oder »Olympischen Spielen der Neuzeit« (erstmals 1896) zum Ausdruck kam. Überall suchte man Neuansätze, der Begriff »Moderne« wurde erstmals bewusst gebraucht. In Naturwissenschaft und Technik gab es solche bahnbrechenden Neuansätze tatsächlich, als 1895 die Röntgenstrahlen und die drahtlose Telegrafie (Funk) sowie 1898 die Radioaktivität und die Glühbirne entdeckt wurden. Im Jahr 1900 stieg der erste Zeppelin auf, Planck formulierte die Quantentheorie und Freuds Traumdeutung erschien. 1909 überquerte der Franzose Bléroit als erster Mensch in einem Flugzeug den Ärmelkanal, 1912 sank die Titanic.
1881
POGROM
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