Wann tranken die Türken ihren Kaffee vor Wien?: Weltgeschichte - alles, was man wissen muss (German Edition)
begründeten Lehre ist der tibetische Lamaismus. Ähnlich wie bei Jesus gibt es von Buddha weder historische Dokumente seiner Existenz noch verbürgte direkte Äußerungen oder Berichte von echten zeitgenössischen Augenzeugen. Die legendenhafte Überlieferung setzte, ähnlich wie bei den Evangelien, etwas später ein. Danach war Prinz Gautama, geboren um560 v. Chr., der Sohn des Radschas von Kapilavastu, eines kleinen Reiches am Fuße des Himalaja (heute im indisch-nepalesischen Grenzgebiet). Nachdem ihm die existenzielle Unausweichlichkeit von Alter, Krankheit, Leiden und Tod klar geworden war, wandte sich Gautama vom Luxusleben ab, fastete sich fast zu Tode – und erkannte, dass in der Askese kein Erlösungsweg aus dem irdischen Leiden liegt. Im Schatten eines Baumes sitzend kam ihm der Gedanke: Der Grund für den ewigen Kreislauf des Lebens mit seinen immer neuen Wiedergeburten liegt in der Begierde. Gelingt es, diese zu überwinden, kann man den Kreislauf durchbrechen, und zwar über den achtfachen heiligen Pfad: rechter Glaube, rechtes Denken, rechtes Handeln, rechtes Leben, rechtes Streben, rechtes Gedenken, rechtes Sich-versenken. Diese Erkenntnis verkündete Gautama für den Rest seines Lebens als Wanderprediger in Nordindien.
In Antike, Mittelalter und Frühneuzeit hatte man in Europa keinerlei Kenntnis vom Buddhismus. Die erste Kunde davon kam in der Hochzeit der Entdeckungsgeschichte im 18. Jahrhundert.
ca. 625–525 v. Chr.
THALES UND DIE IONISCHEN NATURPHILOSOPHEN Um 600 v. Chr. waren Milet und Ephesos sowie die anderen Griechenstädte an der ionischen Westküste Kleinasiens schon seit Jahrhunderten in den intensiven Ost-West-Handels- und Kulturaustausch mit dem Orient eingebunden. Im eng benachbarten Lydien regierte der »Münzerfinder« und Perserherausforderer Krösus (555–541 v. Chr.). Als Thales 30 Jahre alt war, erneuerte Solon den athenischen Staat durch seine neue Verfassung (594 v. Chr.). Athen erlebte um 550 v. Chr. eine erste Blütezeit unter dem »Tyrannen« (Alleinherrscher) Peisistratos.
Thales (625–547 v. Chr.) sagte eine Sonnenfinsternis für den 23. Mai 585 voraus. Dieses Datum ist in zweierlei Hinsicht besonders markant für die Kulturgeschichte Europas. Erstens handelt es sich um eines der ganz wenigen zuverlässig datierbaren Ereignisse aus der Zeit vor 500. Zweitens wurde ein Naturereignis erstmals nicht mythologisch-religiös aus göttlichen Wirkkräften, sondern rational erklärt. Thales war auch Mathematiker (Satz des Thales) und berechnete die Höhe der Pyramiden anhand von deren Schatten.
Als Kaufmann der Handelsmetropole Milet war der vielseitige Thales weit gereist; seine mathematischen und astronomischen Kenntnisse hatte er sicher im babylonisch-phönizischen »Nahen Osten« erworben. Das Wasser hielt er für den Urstoff allen Lebens. Philosophisch daran ist der Versuch, ein Urprinzip, eine grundlegende Erkenntnis oder »Wahrheit« über das Leben zu suchen – und zwar in der Natur, nicht in mythischer Überlieferung.
Thales war nicht der einzige Naturdenker im Ionien jener Zeit. Ebenfallsin Milet lebten seine Schüler und Nachfolger Anaximander (610–546) und Anaximenes (575–525 v. Chr.).
Anaximander schuf die erste Weltkarte der Griechen, auf der die damals bekannte Welt mit Europa, Asien und Libyen (Afrika) rund um das Mittelmeer angeordnet ist, umflossen vom Ozean. Nach seiner Vorstellung schwebte die Erde frei im Weltraum und der Mond empfing sein Licht von der Sonne. Thales und Anaximander versuchten sich an Erklärungen der Weltentstehung und der Grundelemente der Natur ohne göttlichen Schöpfungsakt. Sie starben fast im gleichen Jahr (547/546 v. Chr.). Noch zu ihren Lebzeiten überschritt Krösus den Halys und verlor sein Reich an den Perser Kyros II. Damit stand die neue Macht unmittelbar vor der Haustür der Griechen. Die ionischen Städte wurden tributpflichtig, blieben ansonsten aber noch unabhängig.
Weitere bedeutende Naturdenker der Zeit um 500 gingen vom Mathematiker Pythagoras (580–496 v. Chr.) aus, der neben seinem berühmten Lehrsatz die mathematischen Grundlagen der Musik, die Intervalle, entdeckte und in Unteritalien eine für die Antike ungewöhnliche Seelenwanderungslehre verkündete. Pythagoras stammte von der unmittelbar vor Ephesos gelegenen Insel Samos und wich nach Unteritalien aus, als die Perser den Druck auf die ionischen Städte verstärkten. Die Pythagoreer wussten um die Kugelgestalt der
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