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Wanted

Wanted

Titel: Wanted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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jetzt an gibt es kein Zurück mehr für die treuen Verbündeten.« Und damit trieb er Flat wieder an.
    Kein Wunder, dachte ich, dass Beemer nicht rennen will, selbst wenn ich ihn noch so antreibe. Irgendjemand hatte ihm die Packtaschen voll geladen, und zwar bis obenhin. Ich war noch nicht dazu gekommen, mal einen Blick auf den Inhalt zu werfen, doch vom Klang her ließ sich schon ahnen, worum es sich handelte. Müsste ich ihn beschreiben, den Klang, ich würde ihn ein >volltönendes Klunkern< nennen. Ein beruhigendes Geräusch.
    Die drei holten auf, zogen neben mich. Ernst, schweigsam.
    Ich sah nur die Gitarre quer über Panchos Rücken und wurde mir meiner Verantwortung bewusst.
    »Jungs«, sagte ich, senkte die Hand in eine der Packtaschen und brachte sie eng um einen Flaschenhals geschmiegt wieder hoch, »so nett ich das finde«, sagte ich, zupfte den Korken runter und flößte mir einen ein, der mir das Blut zum Brodeln brachte wie Ofenglut einen Teller Bohnensuppe, »aber warum macht ihr das?« Ich keuchte und dachte daran, die Flasche weiterzureichen. Nahm vorher schnell noch einen. Keuchte noch mal. »Ich meine, warum schlagt ihr euch auf meine Seite? Es kann nicht lange dauern, und wir haben halb Buttercup auf unseren Fersen.«
    »Das wollten wir dir schon lange erklären«, antwortete Pancho, als das gemeine, die Luft zerreißende Pfeifen einer Gewehrkugel mit einem Ffffnuck! im Leib meines Reittieres verstummte und dann erst vom Knall des Schusses eingeholt wurde. Augenblicklich gingen Ross und Reiter zu Boden.
    Mit sonorem Ballern näherte sich das Geräusch eines großen, unangestrengten V-Zweizylinders und verstummte mit dem Knall einer satten Fehlzündung irgendwo vor dem Haus. Zwei Minuten später drückte sich Besuch durch die Zimmertüre. Besuch für mich.
    Hoho trug einen Strauß Blumen, was immer ein bisschen seltsam aussieht in der Hand eines riesigen, schmierigen Bikers, und Schisser einen Kranz.
    So taktvoll ich konnte, machte ich ihn darauf aufmerksam, dass er mit seiner Gabe unter Umständen ein ganz klein wenig zu früh dran sei.
    »Hoho hat die letzten erwischt«, verteidigte er sich, »und was anderes gab's nicht mehr. Auf dem Friedhof. Aber Schnittblumen halten sich nicht, bei dem Wetter. Weiß doch jeder«, fügte er hinzu, mit einem Seitenblick zu Hoho, der nicht reagierte. Da ist Hoho einmalig drin, im Nicht-Reagieren. Da macht ihm keiner was vor. Ohne eine Miene zu verziehen, kippte er den Inhalt meiner Pissflasche aus dem Fenster, ließ sie am Waschbecken voll Wasser laufen, stopfte die Blumen hinein und hängte alles zusammen zurück an den Haken neben meinem Bett.
    Dann stellte er sich wieder zu Schisser, und gemeinsam nahmen sie mich und die Lage, in der ich mich befand, in Augenschein. Beide hatten sichtliche Mühe, sich das Feixen zu verbeißen. Die Mitleidsgrenze bei Bikern hängt hoch, sehr hoch.
    »Was macht ihr eigentlich hier?«, fragte ich mit dem säuerlichen Unterton von jemandem, der Schadenfreude bis dato meist nur von der anderen, der aktiven Seite her gekannt hat, »ich dachte, ihr sitzt in U-Haft?«
    »Urlaub auf Ehrenwort«, freute sich Hoho.
    »Einzige Auflage: Wir dürfen uns nicht mit dir treffen.«
    Vom Nachbarbett konnte man das tiefe Seufzen hören, das Hauptkommissar Menden für allzu idiotische Äußerungen reserviert hat.
    Ich winkte Hoho zu mir herunter und offenbarte ihm flüsternd die Identität meines Zimmernachbarn.
    Das sollte mich die Blumen kosten.
    »Hoho, sieh mal einer an«, freute sich Hoho und verschwand mit dem tropfenden Strauß um die Trennwand herum, »der Menden!« Nur Sekunden später sprühte der Inhalt einer weiteren Urinflasche aus dem offenen Fenster, und Menden sah sich von einem Augenblick auf den anderen in eines von Hohos durch und durch freundlichen Gesprächen verwickelt, für deren Führung der schlichte Riese nur wenig Ermutigung oder gar Teilnahme braucht.
    Wobei man wissen muss, dass Hoho den Hauptkommissar wirklich mag. >Mit dem kann man reden<, behauptet er immer und na, das machte er dann jetzt auch.
    »Wir kommen bald ganz raus«, vertraute Schisser mir an und zog sich einen Stuhl neben mein Kopfende. »Polizeichef Stankowski hat zu wenig gegen uns in der Hand.«
    Wir nickten beide zufrieden. Das waren gute Nachrichten.
    »Dafür«, fügte Schisser nach einer Weile hinzu, »versucht er jetzt, alles dir anzuhängen.«
    »Was ist?«, fragte ich verwirrt und keuchte, weil Pancho mich gerade mit dem Rest aus der Flasche

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