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Wanted

Wanted

Titel: Wanted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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sagen«, meldete sich Tom-Tom schließlich wieder zu Wort. »Die ganzen Schweinereien hier in Buttercup aufzudecken und annt Licht der Öffentlichkeit zu zerren, datt kannze vergessen. Datt habbich nämlich selber schon versucht.«
    Und er hatte hinter sich gegriffen und dem Messer in seinem Rücken ein federndes Twaiiiinnnnggggg entlockt.
    »Hier, versuch die mal«, meinte Scuzzi und verpasste mir ein paar bunte Kapseln. »Die holen einen von den Beinen, aber man wird nicht so blöd davon.«
    Na, das klang doch perfekt, und trotzdem konnte ich mich nicht recht entspannen: Scuzzi hatte eine mittelgroße Sporttasche mit ins Zimmer gebracht. Harmlos genug und doch...
    »Jetzt pass mal auf«, begann er, hob sie hoch, zippte den Reißverschluss auf und zeigte mir kurz den Inhalt. Mir stockte der Atem.
    »Hab ich in Zahlung genommen«, erläuterte er.
    »Dachte, ich machs dir 'n bisschen nett«, fügte er hinzu und machte sich auf die Suche nach einer Steckdose. »Hat 'ne Fernbedienung, das Ding. Ist also wie für dich gemacht.« Scuzzi legte mir den kleinen Plastikriegel mit den hundertfünfzig sinnlosen Knöpfen auf den Bauch und ich musste an mich halten, um nicht aufzuschreien.
    »Hat auch sein Gutes, dass die Kneipe für 'ne Weile geschlossen ist«, fuhr er im Konversationston fort. »Kommt man mal dazu, ein paar Sachen umzusetzen, die man schon lange vorhatte.«
    Ich sagte nichts. Ich beobachtete und ich lauschte. Beides mit wachsendem Grauen.
    »Ich bin mal meine Plattensammlung durchgegangen«, sagte Scuzzi und stöpselte die mitgebrachte Kompaktanlage ein. Die Erwähnung seiner Sammlung richtete mir das Nackenhaar auf.
    »Da ist mir erst mal aufgefallen, was für Lücken die doch inzwischen hat.«
    Für nichts war ich dankbarer als für diese Lücken, und trotzdem begann Angst, nackte Angst, mich mit Lähmung zu überziehen.
    »Erinnerst du dich noch an 7es?«
    Ich mochte mich täuschen, aber dem Geräusch nach hatte Menden drüben sich gerade eben seinen Hagebuttentee quer übers ganze Bett gespien. Aus irgendeinem Grund gab mir das Anlass zur Hoffnung.
    »Nein«, antwortete ich. Für bestimmte Dinge gibt es einfach kein Erinnerungsvermögen. Für Schmerz etwa. Es ist ein Segen.
    »Da hatte ich doch mal sämtliche Alben von.«
    Und wir sind trotzdem Freunde geblieben, Scuzzi und ich. Es musste Liebe sein zwischen uns, die stärkste Kraft im Universum.
    »Bis zu der Party damals, weißt du noch? Als wir erst diese Pilze gegessen und dann Absinth hinterhergeschüttet haben?«
    Andere Dinge wiederum vergisst man nie. Ich kann seither kein Anis mehr riechen, ohne spontan Wiedersehen mit meiner letzten Mahlzeit zu feiern.
    »An dem Abend hat doch irgendeiner den ganzen Stapel Yes-Alben in den Backofen geschoben und aufgedreht.«
    240 Grad, wenn ich mich recht erinnerte. Scuzzi kramte suchend in seiner Sporttasche und ich fühlte mich irgendwie gedrängt, etwas zu sagen.
    »Du lädst aber auch immer komische Leute ein«, gab ich nach kurzem Räuspern zu bedenken. Ich konnte meinen Blick nicht von Scuzzis kramenden Händen lösen. Vorahnung krampfte mir den Magen auf das Format eines Pingpongballs zusammen.
    »Doch Gott sei Dank gibt es ja das Internet«, sagte Scuzzi.
    Und damit endlich freie Pornographie in all ihrer Vielfalt für alle. Ausgerechnet dem Schöpfer der Katholiken für dieses Medium zu danken, fand ich etwas steil, doch so ist er, der Pierfrancesco. Bisschen gedankenlos, meine ich manchmal.
    »Da hab ich mir die ganzen alten Scheiben auf MP3 runtergezogen. Und hier sind sie jetzt drauf.« Triumphierend zog Scuzzi ein unüberbietbar harmlos aussehendes, etwa zigarettenschachtelgroßes Kästchen ans Licht. »Und Yes ist noch nicht alles«, schwärmte er, »zu Hause bin ich gerade dabei, die besten Sachen von Bob Dyl... «
    Das Licht im Zimmer wurde schlagartig schwächer, und Scuzzis Worte klangen blechern und weiter und weiter entfernt . Die bunten Kapseln zeigten Wirkung, und keine Sekunde zu früh. Eine entsetzlich quäkelige Stimme hob schauderhaft zu wimmern an und ich umarmte die heraufziehende Bewusstlosigkeit mit etwas wie echter Begeisterung.
    »Alle mal herhören«, dröhnte die Stimme wie durch einen hohlen Trichter gesprochen. »Wir wissen, dass Sie da drin sind.«
    Wusch, die Inhalte von sechs Kaffeebechern regneten auf das Feuer herab, bevor zwölf Stiefel ihm die letzte Glut und damit jeglichen Hang zu weiterer Rauchentwicklung austraten.
    ». Wenn auch nicht genau, wo«, ergänzte Toller

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