War against people
Washingtons Unterstützung
für Saddam nahm solche Ausmaße an, daß man sogar bereit war, einen irakischen Luftangriff
auf die USS Stark zu übersehen, bei dem 37 Besatzungsmitglieder getötet wurden. Dieses
Privileg genoß bislang nur Israel (im Fall der USS Liberty). Washington unterstützte Saddam
auch nach den Verbrechen, die jetzt Kongreß und Regierung in helle Empörung versetzen, so
entschieden, daß der Iran sich gezwungen sah, vor »Bagdad und Washington« zu kapitulieren,
schließt Dilip Hiro in seiner Geschichte des Kriegs zwischen Iran und Irak. Die beiden
Verbündeten hatten »ihre militärischen Operationen gegen Teheran miteinander abgestimmt«.
Washingtons diplomatische, militärische und wirtschaftliche« Unterstützung Saddams fand
ihren Höhepunkt im Abschuß eines iranischen Verkehrsflugzeugs durch den Kreuzer USS
Vincennes, schreibt Hiro.24
Wie der ehemalige Regierungsberater Howard Teicher enthüllte, wurde Saddam auch
aufgefordert, die für einen Satellitenstaat üblichen Dienstleistungen zu erbringen; so sollte
er zum Beispiel einige hundert Libyer, die Washington in den Irak entführt hatte, ausbilden,
damit sie das Ghaddafi-Regime stürzen konnten. 25
Saddam ist nicht wegen seiner umfangreichen Verbrechen zur »Bestie von Bagdad« avanciert,
sondern weil er, wie Noriega in Panama, die ihm gesetzten Grenzen überschritt. Auch Noriega,
verglichen mit Saddam eher ein Kleinkrimineller, beging seine größten Verbrechen, als Panama
Satellitenstaat der USA war.
Schurkenstaaten mit Sonderstatus
Was einen »Schurkenstaat« ausmacht, zeigt sich auch daran, wie Washington auf die Aufstände
reagierte, die im März 1991, unmittelbar nach Beendigung der Feindseligkeiten, im Irak
losbrachen. Das US-Außenministerium erneuerte formell seine Weigerung, Kontakte zur
demokratischen Opposition im Irak aufzunehmen, der auch, wie schon vor dem Golfkrieg,
der Zugang zu den großen US-Medien praktisch verschlossen wurde. »Ein politisches
Zusammentreffen mit ihr wäre für unsere Politik im Augenblick nicht angemessen«, bemerkte
der Sprecher des Außenministeriums, Richard Boucher«. Bei dem »Augenblick« handelte es
sich um den 14. März 1991, als Saddam vor den Augen von General Schwarzkopf die
oppositionellen Kräfte im Süden dezimierte. Schwarzkopf verweigerte rebellierenden
Offizieren selbst den Zugang zu eroberten irakischen Militärlagern. Und ohne den
unerwarteten Druck der Öffentlichkeit hätte Washington wohl auch den aufständischen
Kurden, die bald darauf einer ähnlichen Behandlung unterworfen wurden, jegliche Hilfe
versagt.
Die irakischen Oppositionsführer haben die Botschaft verstanden. Leith Kubba, Chef der in
London residierenden Demokratischen Reformbewegung, erklärte, daß die USA eine
Militärdiktatur bevorzugten und daran festhielten, daß »Veränderungen im Regime von innen
kommen müssen, von Leuten, die bereits an der Macht sind«. Auch der Vorsitzende des
irakischen Nationalkongresses, der Bankier Ahmed Chalabi, hat seinen Wohnsitz in London.
»Die Vereinigten Staaten«, sagte er, »nehmen die Nichteinmischung in irakische
Angelegenheiten zum Vorwand, um in Ruhe abwarten zu können, wie Saddam die
Aufständischen abschlachtet, während sie hoffen, daß er später durch einen geeigneten Offizier
gestürzt werden kann«. Diese Haltung wurzele in der Politik, »Diktaturen zu stützen, um die
Stabilität aufrechtzuerhalten«.
Die Argumentation der Regierung umriß Thomas Friedman, diplomatischer
Chefkorrespondent der New York Times. Statt einen Aufstand der Bevölkerung zu
unterstützen, hoffe Washington auf einen Militärputsch gegen Saddam, denn damit "wäre die
beste aller Welten hergestellt: eine mit eiserner Faust regierende irakische Junta ohne Saddam
Hussein« und damit eine Rückkehr zu jener Zeit, in der Saddam »sehr zur Befriedigung der
amerikanischen Verbündeten Türkei und Saudi-Arabien den Irak ... mit eiserner Faust
zusammenhielt«, was natürlich auch Washington begrüßte. Zwei Jahre später schätzte Fried-
man die Realität erneut ohne Scheuklappen ein: »Die amerikanische Politik hat immer darauf
gesetzt, daß Mr. Hussein «ine nützliche Rolle spielt, wenn er den Irak mit eiserner Faust
zusammenhält.« Es gibt allen Grund zu der Annahme, daß Washington auch weiterhin die
Diktatur der Demokratie vorzieht, was die irakischen Oppositionskräfte bedauern, ohne
indes Gehör zu finden. Natürlich würden die USA
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