War against people
er die Schlußfolgerung
gezogen haben, ganz nach eigenem Belieben handeln zu können.« »UN« meint in diesem
Zusammenhang hauptsächlich Großbritannien und die Vereinigten Staaten. Aber auch diese
Wahrheit muß, wie das internationale Recht und andere »utopische« Ablenkungsmanöver,
begraben werden. 20
Ein unfreundlicher Kommentator könnte darauf hinweisen, daß man nicht allzu überrascht
sein muß, wenn die Briten und Amerikaner den Einsatz von Giftgas und chemischen Waffen
mit Nachsicht behandeln. Als die Briten 1919 in Nordrußland gegen die Bolschewisten
intervenierten, setzten sie Giftgas ein; mit großem Erfolg, wie das Heereskommando betonte.
Auch Winston Churchill, damals Staatssekretär im Kriegsministerium, war von der
Möglichkeit, »Giftgas gegen unzivilisierte Stämme einzusetzen« - er meinte Kurden und
Afghanen -, ganz begeistert. Er ermächtigte das Kommando der Royal Airforce für den Mittleren
Osten, chemische Waffen »gegen aufsässige Araber als Experiment« zu verwenden. Einwände
des India Office (Reichsamt für Indien) wurden als »unverständlich« vom Tisch gewischt.
Vielmehr bedauerte Churchill derlei »Überempfindlichkeit«: »Wir können uns keinesfalls
darauf einlassen, verfügbare Waffen, die eine schnelle Beendigung der an der Grenze
herrschenden Unruhen garantieren, nicht einzusetzen.« Schließlich sind chemische Waffen
»nur die Anwendung westlicher Wissenschaft auf die moderne Kriegführung«. 21
Bei den Angriffen auf Südvietnam 196162 gehörte die Regierung Kennedy zu den Pionieren
des massiven Einsatzes von chemischen Waffen gegen die Zivilbevölkerung. Die
Auswirkungen auf US-Soldaten wurden mit Recht bedauert; daß es jedoch Zivilisten sehr
viel schlimmer traf, blieb unerwähnt. Jedenfalls bei uns. Der hochgeschätzte Journalist Amnon
Kapeliouk berichtete in einem israelischen Massenblatt über seine Erfahrungen, die er 1988
in Vietnam gemacht hatte. Immer noch, so schrieb er, »sterben Tausende von Vietnamesen
an den Folgeerscheinungen der chemischen Kriegführung der USA«. Schätzungen zufolge
gebe es in Südvietnam eine Viertelmillion Opfer, und in den Krankenhäusern spielten sich
»schreckliche« Szenen ab: Kinder stürben dort an Krebs und gräßlichen körperlichen
Mißbildungen. Im Norden, wo keine chemischen Waffen eingesetzt worden seien, gebe es
diese Vorkommnisse nicht, berichtete Kapeliouk. Es existieren auch Belege für den Einsatz
biologischer Waffen gegen Kuba, was 1977 als Nachricht zweiter Ordnung durch die Medien
ging und im fortdauernden US-amerikanischen Terror gegen Kuba letztlich nur ein Aspekt
unter vielen anderen ist. 22
Davon abgesehen, führen Großbritannien und die USA jetzt gegen den Irak einen biologischen
Krieg der besonders tödlichen Art. Die Infrastruktur ist zerstört; Importe, mit deren Hilfe
Reparaturen durchgeführt werden können, sind mit Sanktionen belegt. Das hat bei einem
Großteil der Bevölkerung, darunter, UNICEF-Untersuchungen zufolge, 500000 Kinder, zu
Krankheiten und Unterernährung geführt im Durchschnitt sterben jeden Monat 5000 Kinder.
In einer Erklärung vom 20. Januar 1998 verurteilten 54 katholische Bischöfe mit harschen
Worten die Sanktionen und zitierten dabei den Erzbischof des südlichen Irak, der von
Epidemien berichtete, »an denen Kranke und Kleinkinder zu Tausenden sterben« oder, sofern
sie diese überleben, »an Unterernährung zugrundegehen«. Die Erklärung der Bischöfe wurde
in Stanley Hellers Zeitschrift The Struggle abgedruckt, fand sonst in der Presse jedoch kaum
Erwähnung. Bei der Blockierung von Hilfsprogrammen haben Großbritannien und die USA
die Führung übernommen; so wird etwa die Lieferung von Ambulanzwagen mit der Begründung
verweigert, sie könnten auch für Truppentransporte genutzt werden. Ebenfalls verboten sind
Insektizide zur Eindämmung der Seuchengefahr und Ersatzteile für Sanitäreinrichtungen.
Unterdessen weisen westliche Diplomaten darauf hin, daß »die USA von [der humanitären]
Operation genauso profitiert haben wie die Russen und die Franzosen, vielleicht sogar mehr«,
zum Beispiel durch den Erwerb irakischen Öls im Wert von 600 Millionen $ (nur Rußland
kaufte noch mehr) und den durch US-Konzerne getätigten Verkauf humanitärer Güter an den
Irak im Wert von 200 Millionen $. Die Diplomaten berichten auch, daß der größte Teil des
von russischen Gesellschaften erworbenen Öls in die USA fließt. 23
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