War against people
für die Regierung und private Mächte, die zur gleichen Zeit auf Kuba und
den Philippinen spanisches und britisches Eigentum stahlen, wie etwa die in spanischem
Besitz befindliche Manila-Eisenbahngesellschaft. Nach der blutigen Eroberung der Philippinen
erklärten die USA die spanische Konzession für nichtig, weil sie »durch imperialistische
Motive Spaniens begünstigt« worden sei. Das gilt natürlich nicht für die US-Besitztümer, die
von Kuba nationalisiert wurden, als die Kubaner 1959 endlich wieder Herren im eigenen
Land wurden.
Die Formel gilt auch nicht für die Gründung der Vereinigten Staaten, die aus einem
Bürgerkrieg mit ausländischer Beteiligung hervorgingen, der heute als Amerikanische Revo-
lution bekannt ist. In diesem Krieg profitierten die Rebellen von der Enteignung britischer
Besitzungen, aber auch von der Konfiszierung des Eigentums der königstreuen Loyalisten,
die wahrscheinlich ebenso zahlreich waren wie die Aufständischen. Allein der Staat New
York nahm dadurch fast vier Millionen $ ein, damals eine beträchtliche Summe. Für Nicara-
gua wiederum hat die Formel Gültigkeit. Die USA zwangen Nicaragua, den Anspruch auf die
vom Weltgerichtshof gewährten Reparationszahlungen aufzugeben, und nachdem das Land
an allen Fronten kapituliert hatte, votierte der US-Senat mit 94 gegen 4 Stimmen, alle
Hilfsleistungen zu verweigern, solange Nicaragua nicht dem »internationalen Mindeststandard
an Zivilisation« Genüge tat: Es sollte (in den Augen Washingtons) angemessene
Entschädigungen für Besitztümer von US-Bürgern zahlen, die nach dem Sturz Somozas
enteignet worden waren. Es handelte sich dabei um Vermögenswerte von Personen, die sich
an den Verbrechen des lange Zeit von den USA favorisierten Diktators beteiligt hatten, sowie
um wohlhabende Exil-Nicaraguaner, die rückwirkend zu US-Bürgern geworden waren.
Gesetze und andere Instrumente wirken wie ein »Spinnennetz«, schrieb ein populärer Dichter
des 17. Jahrhunderts: »Kleine Fliegen fängt es ein, Große können sich befreien.« 26 Manche Dinge ändern sich, manche nicht.
Das Recht auf Information
Die unsterblichen juristischen Personen beherrschen mit Leichtigkeit Systeme der Informa-
tions- und Meinungsbildung. Durch ihre Macht und ihren Reichtum können sie den Rahmen
bestimmen, innerhalb dessen das politische System funktioniert, wobei diese
Kontrollmöglichkeiten durch jüngste Verfügungen des Obersten Gerichtshofs, die Geld als
eine Form der Rede definieren, noch direkter geworden sind. Ein Beispiel sind die Wahlen
von 1998. Etwa 95 Prozent der Siegerkandidaten haben mehr für den Wahlkampf an
Spendengeldern ausgegeben als ihre Mitbewerber. Die Beiträge der Geschäftswelt lagen
dabei zwölfmal höher als die der Gewerkschaften, während Spenden von Einzelpersonen
stark rückläufig waren.27 Durch solche Verfahren sucht sich ein winziger Bruchteil der Bevölkerung die geeigneten Kandidaten aus. Diese Entwicklungen hängen zweifellos mit
dem wachsenden Zynismus gegenüber der Art, Regierungsgeschäfte zu betreiben und mit der
Wahlverdrossenheit zusammen. Solche Konsequenzen werden von den juristischen Personen,
ihren Medien und ihren anderen Agenten begrüßt und gefördert. Insgesamt sind von dieser
Seite enorme Anstrengungen gemacht worden, die Auffassung zu verbreiten, daß der Staat
ein hassens- und fürchtenswerter Feind ist, nicht aber das Instrument einer souveränen
Bevölkerung.
Die Verwirklichung der Menschenrechtserklärung hängt in entscheidender Weise von den
Rechten ab, die in den Artikeln 19 und 21 ihren Niederschlag gefunden haben: Es geht zum
einen darum, »durch jedes Medium Informationen und Ideen empfangen und mitteilen zu
können«, zum anderen um die Teilnahme an »authentischen Wahlen«, die gewährleisten, daß
»der Wille des Volks die Grundlage für die Autorität der Regierung bildet«. Die Mächtigen
haben begriffen, wie wichtig es ist, das Recht auf freie Meinungsäußerung und demokratische
Beteiligung einzuschränken. Versuche in dieser Richtung gab es in der Geschichte häufig
genug, doch wuchs das Problem erst im 20. Jahrhundert zu seiner eigentlichen Bedeutung
heran, als »die Massen zum König werden sollten«. Diese gefährliche Tendenz könnte, so
wurde argumentiert, durch neue Propagandamethoden abgewendet werden, mittels derer
die »intelligenten Minderheiten ... das Bewußtsein der Massen formen [und] ... das öffentliche
Bewußtsein
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