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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Alliott
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gleich zur Hölle. Wenige Minuten später holperte ich mit fünf riesigen Müllsäcken im Gepäck die hintere Einfahrt hinunter. Das war meiner Situation durchaus angemessen, fand ich.
    Beim Fahren kniff ich die Augen gegen die tief stehende Sonne zusammen. Ich dachte daran, wie er mir vom Balkon aus zugesehen hatte. Ivan meine ich. Mit bloßem Oberkörper und der Zigarette zwischen den Fingern, während ich Hals über Kopf in Richtung Fähre davonstürzte. Entspannt, amüsiert. Eine Haltung, die mich an … ja, an die von Seffy vorhin im Auto erinnerte. Und noch etwas. Da war noch etwas gewesen … Mitleid. Ich
erstarrte. Klammerte mich ans Lenkrad. Das brauchte ich nun wirklich nicht. Von niemandem. Ich war diejenige, die kindisch war. Die sich lächerlich gemacht hatte. Und zwar gewaltig. Und die Sugar Mommy, die alles zahlen durfte, die war ich auch. Ich schluckte, trat aufs Gaspedal und raste die Straße entlang. Wie sagte man so schön? Alter schützt vor Torheit nicht.
     
    Als ich schließlich bei der Müllkippe ankam, war sie verlassen. Außerdem warnte ein streng aussehendes Schild in roten Großbuchstaben, dass sie heute um Punkt sechs Uhr schließen würde. Da aber niemand auf die Einhaltung dieser Regel zu achten schien, fuhr ich durch das bedrohliche Stacheldraht-Tor und parkte. Dann machte ich mich an die glamouröse Aufgabe, die schweren Säcke aus dem Kofferraum zu hieven, sie dann quer über den Parkplatz und die Treppe hinaufzuschleppen und über den Rand des riesigen Müllcontainers zu werfen. Igitt, igitt, igitt. Ich verzog das Gesicht und schmiss den letzten Sack hinein. Laura hatte recht. Zwei Wochen in der Sonne hatten den Inhalt zu einer fauligen, stinkenden Masse gemacht, die zu explodieren drohte. Obwohl nichts wirklich aufgerissen war, konnte ich es kaum abwarten, nach Hause zu kommen und mir die Hände zu waschen. Aber als ich ins Auto stieg, erlebte ich eine dieser Situationen, von denen man sich später wünscht, man wäre nicht zugegen gewesen. Wäre zehn Minuten früher oder später angekommen, sodass man nicht in diese Zwickmühle geraten wäre.
    Ein gebrechliches, weißhaariges Paar, dessen beige Kleidung um ihre dünnen Gestalten flatterte, kämpfte sich direkt aus ihrem Nissan Cherry mit einem gigantischen Müllsack die Treppe hinauf. Sie schafften es gerade
noch bis zur obersten Treppenstufe, doch dann hatten sie weder Kraft noch Energie, das Ding über den Rand des Containers zu heben. Sie versuchten es noch einmal und scheiterten wieder. Diskutierten. Die alte Dame trat wie geheißen einen Schritt zurück, damit er es allein probieren konnte. Aber ohne Erfolg. Ich hielt es nicht länger aus. Nachdem ich den Schlüssel aus dem Zündschloss gezogen hatte, sprang ich in meinen gestreiften Chucks die Stufen hinauf, und mit dem siegessicheren Gefühl, gegenüber diesen älteren Herrschaften vergleichsweise jung zu sein, drängte ich mich mit einem frischen »Darf ich Ihnen helfen?« zwischen sie. In null Komma nichts hatte ich ihnen den Sack aus den knochigen Händen genommen und ihn wie bei einem Wettkampf der schottischen Highland-Games weit hinaus in die Mitte des Mülls geschleudert. Zusammen mit meinem Autoschlüssel, den ich ebenfalls in der Hand gehalten hatte.
    Entsetzt starrte ich hinterher. Das alte Ehepaar hatte von all dem nichts bemerkt und dankte mir überschwänglich.
    »Ooh, wie freundlich von Ihnen, vielen herzlichen Dank.«
    »Mein Schlüssel«, stotterte ich, während sie mich dankbar tätschelten. »Ich habe meinen Autoschlüssel mit dareingeworfen. «
    Sogleich machte sich Entsetzen auf ihren runzligen Gesichtern breit. Hände wurden vor den Mund geschlagen. Wässrige Augen weiteten sich vor Schreck. Wir blickten alle fassungslos hinterher und wechselten dann entgeisterte Blicke, die gleich darauf hektisch umherschweiften, auf der Suche nach einem Zuständigen, der uns helfen konnte. Doch nein, kein tätowierter, Kaugummi kauender Held kam im Netzunterhemd aus der
leeren Hütte, die sich unten auf den Parkplatz duckte; kein ungepflegter Schäferhund zerrte neben ihm an einer Kette.
    Ich schluckte. Trat einen Schritt zurück. Ich konnte den Schlüssel sehen, der glitzernd, mit einem schicken roten Lederanhänger auf einer Tüte lag. Es gab keine andere Wahl, ich musste da rein.
    Das alte Ehepaar tuschelte entsetzt, als ich mich vorsichtig aus etwa zwei Metern Höhe auf den riesigen Müllberg hinabließ.
    »Ach herrje, ob das wirklich ratsam

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