War da noch was - Roman
irgendwas Ekliges im Haar! Ist das ein Kondom?«
Sie starrte mich entsetzt an und da ich selbst keinen
Blick in den Rückspiegel riskiert hatte, konnte ich den abscheulichen Anblick nur erahnen, den ich darbot.
»Lange Geschichte«, keuchte ich, während sie zurückwich und sich dabei die Nase zuhielt. »Ich war in der Müllkippe«, stieß ich mit Mühe hervor.
»Hattie, da muss man doch nicht reinsteigen.« Ihre blauen Augen weiteten sich ungläubig. »Man wirft die Säcke einfach nur hinein. Dazu muss man nicht selbst … Oh.« Plötzlich änderte sich ihr Gesichtsausdruck. Vollständige Verwirrung beim Blick über meine Schulter, sodass auch ich mich am Fuß der Treppe umwandte.
»Oh! Hallo, wie nett«, flötete meine Schwester und setzte ihr bestes Gesellschaftslächeln auf. Mir blieb vor Schreck der Mund offen stehen. »Äh, Hattie, ich weiß nicht, ob du dich erinnerst … ach so, natürlich erinnerst du dich, wie dumm von mir. Und ihr habt euch ja sogar neulich schon getroffen. Äh, das ist Lettys Schwager, Hal Forbes.«
23
N atürlich wäre ich am liebsten auf der Stelle gestorben. Und, Schreck lass nach, er kam immer näher in seinem adretten Karohemd und der Jeans. Lächelnd, bereit zu einem Kuss. Natürlich nur ein höfliches Begrü-ßungsküsschen oder zwei, auf jede Wange eins. Unvorstellbar.
»Nein! Nein, ich stinke!«, warnte ich ihn. »Unsauber!« Hastig trat ich einen Schritt zurück und stolperte rücklings in einen Rosenbusch. Meine Füße rutschten unter mir weg, und ich landete mit dem Hintern in den Dornen.
Erstaunt blinzelte Hal auf mich herab.
»Hattie war in der Müllkippe«, säuselte Laura und kam mir zu Hilfe. »Sie ist aus London«, erklärte sie, als wäre ich damit auch geistig minderbemittelt. »Ihr war nicht klar, dass man da nicht selbst rein muss, sondern nur die Säcke über den Rand schmeißt. Sie dachte, wir …«
»Nein, nein, das wusste ich schon«, stöhnte ich und bemühte mich aufzustehen. »Aber da waren noch andere Leute, und ich habe meinen Autoschlüssel mitten reingeworfen und … Autsch!« Ich hatte mir den Knöchel verstaucht. Ich zuckte zusammen und sank zurück.
»Was? Wie nach einer Schlüsselparty?«, fragte Laura mit großen Augen.
»Eine was?« Ich blinzelte meine Schwester verständnislos an.
»Na, so eine Party, bei der alle Männer ihre Autoschlüssel in die Mitte werfen und die Frauen dann mit demjenigen nach Hause fahren, dessen Schlüssel sie gezogen haben … Also wir haben an so etwas natürlich noch nicht teilgenommen«, fügte sie eilig hinzu. »Hugh und ich machen so was nie. Aber … geht das nicht bei Swingern so?«
»Aber in einer Müllkippe?« Hal runzelte die Stirn und konnte sich offenbar keinen Reim machen auf schmierige Gestalten – unrasierte Tattoo-Künstler, stinkende Obdachlose – die munter die Schlüssel ihrer versifften Ford Escorts oder Mondeos auf einen Haufen warfen …
»Nein — nein«, keuchte ich, während ich mich bemühte, auf die Füße zu kommen, und hoffte, Laura würde endlich den Mund halten. Sie hatte mir helfen wollen, es sich dann aber beim Anblick meiner ausgestreckten Hand anders überlegt. »Ich habe meinen Autoschlüssel aus Versehen mitten reingeschmissen, als ich mich bemüht habe, einem netten alten Ehepaar zu helfen, ihren Müll loszuwerden. « Endlich kam ich zum Stehen. »Wenn ihr mich jetzt bitte entschuldigen würdet …« Ich bedachte meine Schwester mit einem bösen Blick, so als hätte sie selbst mich hineingestoßen. Dann machte ich auf dem Absatz kehrt und marschierte mit den kläglichen Überresten meiner Würde davon.
Meine Füße schwammen in den Schuhen — das quatschende Geräusch war unbeschreiblich –, und ich humpelte in einer Wolke von Eau de Müll davon, wobei ich eine Spur von Buchstabennudeln hinter mir herzog.
Einige Zeit später, nachdem ich mir unter der Dusche fast die Haut abgezogen hatte, warf ich meine Kleider in eine Plastiktüte und brachte sie schnellstmöglich in Lauras Waschküche, wo ich den Kochwaschgang einstellte. Nur
in ein Handtuch gehüllt, eilte ich in mein Zimmer zurück, um mich zum Essen umzuziehen.
Hal schon wieder. Und schon wieder auf meinem Territorium. Aber es war genauso seines, wie er mir in Frankreich deutlich zu verstehen gegeben hatte. Das Zuhause seiner Familie war im Pink House , und dort hatte ich ja auch meinen Schwager zum ersten Mal getroffen. Es war ganz natürlich, dass Hal hier auf dieser Dinner-Party war, vielleicht sogar
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