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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Alliott
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ist?«
    »Wahrscheinlich nicht«, stimmte ich zu und sobald mein einer Fuß auf Plastik stieß und der andere untertauchte, merkte ich, wo das echte Problem lag. Diese glänzenden, glibberigen, ekligen Tüten voll mit fauligem Müll waren wie Treibsand, und wenn ich nicht aufpasste, würde ich zwischen zweien hindurchrutschen und auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Die beiden nervösen Altchen konnten gewiss kein Handy aus der Tasche ziehen und Hilfe herbeirufen, und ich sah schon die Schlagzeilen vor mir: »Frau stirbt in Müllkippe«. Oder falls irgendein Daily Mail -Schreiberling von der Ivan-Geschichte Wind bekam: »Sitzengelassene ältere Frau begeht Selbstmord in Müllkippe«.
    Blitzschnell legte ich mich flach auf den Bauch. Ich hatte genügend James-Bond-Filme gesehen, um zu wissen, dass ich nur liegend weiterkommen würde. Wenn ich meinen Schlüssel erreichen wollte, der nur zehn Säcke weiter im Abendlicht glänzte, musste ich mein Gewicht gleichmäßig verteilen. Musste mich wie bei einem militärischen Einsatzkommando vorwärtsrobben. Ich kniff Nase und Mund zusammen und arbeitete mich über die widerlich stinkenden Tüten vor, die teilweise aufgeplatzt
waren, sodass ihr ekelerregender Inhalt nach außen quoll. Schließlich war ich in Reichweite. Ich machte mich lang, griff zu und rutschte seitlich in eine Spalte. Verzweifelt klammerte ich mich an einen Müllsack, um mich am Abgleiten zu hindern; den roten Lederanhänger in der Faust, wimmerte ich vor Angst und hatte Panik in den Augen. Ich konnte hören, wie die beiden Alten am Rand entsetzt tuschelten. Ich klammerte mich fest. Dann schob ich mich langsam, langsam aus dem Spalt, aus den … Heringsgräten … uralten Joghurts, Mayonnaise, Krautsalat, den – oh mein Gott – Windeln … und robbte langsam und hyperventilierend in Richtung Rand zurück. In Richtung Freiheit.
    Aber hier wieder herauszukommen, war nicht so einfach. Während ich mich mit spontaner Leichtigkeit an der zwei Meter hohen Wand des Containers herabgelassen hatte, konnte ich ohne Sprungfedern an den Füßen nicht so ohne Weiteres wieder hinausspringen. Wimmernd stapelte ich nun einen stinkenden Müllsack über den anderen zu einer fauligen, wackligen Pagode, um daraufklettern zu können. Vorsichtig setzte ich einen Fuß auf – und der Sack zerplatzte unter dem Druck. Chicken Wings ergossen sich über meine hübschen kleinen Schühchen und die Beine. Ich sagte mir, dass bald Schluss war und alles bald vorbei sein würde. Ich kraxelte auf die oberste Tüte, ohne die mir hilfreich entgegengestreckten zarten Ärmchen zu ergreifen, aus Angst, sie könnten unter meinem Gewicht brechen, und zog mich über den Rand nach draußen.
    Obwohl sie voller Schrecken und Besorgnis waren, wichen meine neuen Freunde nun aber doch heftig zurück bei dem Gestank, der von mir ausging, und bei meinem Anblick. Ich war von oben bis unten mit Haushaltsmüll
überzogen. Sie überlegten es sich zweimal, ob sie ihre papierenen Hände auf meine mit Ketchup verschmierten Arme legen sollten. Schon waren sie mit einem gekrächzten Dankeschön auf dem Weg zu ihrem Auto, während ich wie Das Ding aus dem Sumpf mit weit abgespreizten Armen, von denen die — ach nennen wir es der Einfachheit halber nur – Soße tropfte, zu meinem Wagen hinüberging.
    Ich wollte nichts an mir abstreifen, aus Angst vor dem, was ich da streifen würde, doch ich sehnte mich danach, mich auszuziehen, zu duschen, zu schrubben, bis es mir die Haut abzog. Ich fand eine alte Zeitung, auf die ich mich setzen konnte, dann machte ich — mit zitternden Händen — alle Fenster auf und raste zurück zur Abbey. Mit hoch erhobenem Kopf und zusammengebissenen Zähnen konnte ich schon fast das Rauschen der Dusche hören und den Duft von Kernseife riechen. Nein, lieber nicht riechen.
    Knirschend fuhr ich über die Einfahrt und parkte in einer kreativen Art vor dem Haus. Dabei nahm ich mir vor, das Auto später abzuspritzen. Ich mied den Haupteingang und rannte, noch immer mit schlenkernden Armen wie ein Clown seitlich am Haus vorbei zur Hintertür; aber als ich so am Kräutergarten und am Fenster der Spülküche vorbei um die Ecke hastete, tauchte Laura auf, bereits in ein wunderschönes dunkelblaues Seidenkleid gehüllt. Bereits wohlduftend und frisiert.
    »Oh!«. Sie blieb wie vom Blitz getroffen stehen. »Hattie. Mein Gott, was ist denn mit dir passiert? Du bist ja von oben bis unten verschmiert! Du hast Spaghetti und – igitt, Teebeutel und

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