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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Alliott
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Kinder ziehen doch ständig um! Das wird er verstehen. Sieh dir uns an – sechzehn Häuser in zwanzig Jahren!«
    »Und genau das wollte ich nicht!« Sie bedachte mich mit einem scharfen Blick.
    Ich seufzte. Ich hatte es nie als so schlimm empfunden, unseren nomadischen Lebensstil, während wir unserem Vater von Ort zu Ort, ja sogar von Land zu Land gefolgt waren. Aber Geschwister, die zusammen aufgewachsen sind, haben oft ganz unterschiedliche Wahrnehmungen ihrer Kindheit. Was Kit und ich aufregend gefunden hatten, war für Laura beunruhigend und unsicher gewesen.
    »Und dabei hätten wir uns von Hughs Einkommen ja schon vor Jahren ein schönes Haus kaufen und uns dort einrichten können, Hatts. Ein schönes Landhaus mit Pferdeweiden, einem Pool, Nebengebäuden, aber überschaubar – ach, hör mich doch an! Pferdeweiden, Swimmingpool, Nebengebäude, als wären das Selbstverständlichkeiten! «
    »Aber das ist doch ganz natürlich. Das haben alle eure Freunde, und so wird es irgendwann zur Norm.«
    »Ja, aber, man … verliert doch ein wenig den Bezug zur Realität. Man verliert die Verhältnisse aus den Augen. Das macht das Geld. Außerdem wird man … ein bisschen isoliert.«
    Ah. Das hatte ich mir auch schon überlegt. Ich hatte Laura nie um ihr Leben beneidet, weil ich gerne in einer Straße mit vielen Leuten lebte. Ich liebte London, ich liebte es, mit den Geräuschen der Großstadt aufzuwachen, jeden Morgen zu meinem Laden zu gehen, dabei noch rasch einen Cappuccino bei Paolo zu trinken und ein freundliches Wort mit meinen Nachbarn zu wechseln.
Ich konnte mir nicht vorstellen, erst eine halbe Stunde fahren zu müssen, um eine Freundin zu treffen, so wie Laura es tat. Maggie wohnte nur ein paar Häuser weiter und Sally gleich um die Ecke, Ben und Steve waren in ihrer Galerie, Mum und Dad nur eine Fahrt mit der U-Bahn entfernt. Dad.
    »Was würde Dad sagen?«, sagte sie mit verzagter Stimme, als könnte sie meine Gedanken lesen.
    »Er hätte großes Mitgefühl.«
    »Weil es mir nicht gut geht, ja, aber er wäre gleichzeitig auch entsetzt. Irritiert von einer Tochter, die scheinbar nichts anderes als ihren Reichtum und ihre gesellschaftliche Stellung im Kopf hat. Er würde Parallelen ziehen zum American Dream und mich ganz nebenbei fragen, ob ich Der große Gatsby gelesen hätte. Würde es im Stillen missbilligen. So wie er es bei Mum tut. Ich bin Mum«, sagte sie traurig. »Ich bin geworden wie sie.«
    »Du bist nicht wie Mum.«
    Sie blinzelte heftig auf ihre Bettdecke hinunter.
    »Du hast Angst«, sagte ich bestimmt, »und das ist ganz natürlich. Dieses Haus ist eine gigantische Aufgabe, und ich kann sehr gut verstehen, wenn es dich besorgt macht, hier erst so viel hineinzustecken, nur um es letztlich wieder abgeben zu müssen …«
    »Genau!« Sie blickte rasch auf. »So – so als würde man ein Kind großziehen und dabei wissen, dass man es zurückgeben muss. Stell dir vor, Seffys richtige Eltern wären nicht gestorben und sie würden eines Tages auftauchen und sagen, wir wollen ihn wiederhaben!«
    »Also, nein, das würde mir das Herz brechen, Laura«, sagte ich langsam. »Wir sprechen hier über ein Haus. Einen Haufen Steine.«
    »Ja«, sagte sie schnell und atemlos. Sie machte ein entsetztes
Gesicht. »Siehst du?«, flüsterte sie. »Siehst du, was für ein Mensch aus mir geworden ist? Wie sehr ich den Bezug zur Realität verloren habe? Siehst du?«
    Wir schwiegen einen Augenblick und hingen beide unseren Gedanken nach. Nach einem Weilchen rückte sich Laura auf dem Bett zurecht. Sie zog die Knie an die Brust und umfing sie mit den Armen, eine Geste, die zeigte, dass sie sich wieder im Griff hatte.
    »Und ich habe dich noch gar nicht nach dir gefragt. Ich bin so total mit meinem eigenen Leben beschäftigt, dass ich deines völlig verdrängt habe. Tut mir leid.«
    Ich lächelte, da ich echte Reue erkannte. »Es muss dir nicht leidtun. Da gibt’s nicht viel zu erzählen.«
    »Ach ja? Mum denkt, es gäbe da einen Mann.«
    Ich errötete. »Tut sie das? Warum?«
    »Nicht ausweichen. Sie sagt, sie hätte dich neulich angerufen und da wärst du außer Atem gewesen und hättest behauptet, du kämst gerade vom Joggen zurück. Sie dachte, Hattie rennt doch noch nicht mal zum Bus, und dann hätte sie im Hintergrund einen Mann lachen gehört. «
    »Aha.« Ich erinnerte mich gut. An jenem Nachmittag war der Wäscheschrank an der Reihe gewesen, den Schauplatz der nachmittäglichen, übrigens ziemlich heißen,

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