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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Alliott
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nicht leben. Ich fragte mich, wie Laura das machte. Ach, und SMS und ein Lover Boy waren also besser, was? Ich drückte die Stirn gegen das Glas und versuchte nicht an das zu denken, was hätte sein können – vor vielen Jahren. Bevor es ein Bedürfnis nach jüngeren Männern gegeben hatte. Er war hier irgendwo aufgewachsen. Dominic, nicht Ivan. Nicht so großartig auf dem Land seiner Vorfahren wie Hugh, sondern am Rand des Dorfes. So hatte Laura Hugh überhaupt erst kennengelernt – weil ich Dom kannte. Über Hal, Doms jüngeren Bruder, mit dem ich an der Uni befreundet war. Ja. Dominic und Hal Forbes, die damals
hier, tja – dort drüben musste es irgendwo sein – gelebt hatten. Ich starrte zum Fenster hinaus und wandte mich dann zu Laura um, die den Kopf noch immer nachdenklich auf die Knie gebettet hielt.
    »Ist das Little Crandon?«
    »Ja. Warum?«
    »Das konnte man vom Cottage aus nicht sehen.«
    »Nein, ich weiß, wir liegen hier etwas höher.« Sie stand auf und trat zu mir ans Fenster. »Ich mag das irgendwie. Dann komme ich mir nicht so einsam vor. Wenn ich abends die Vorhänge zuziehe, sehe ich gerne, wenn jemand im Dorf ebenfalls die Vorhänge zuzieht.«
    »Und Letty wohnt noch immer dort, ja?« Mein Herz begann zu klopfen.
    »Im Pink House ? Ja, dort, du kannst es von hier aus sehen. Links vom Dorf, zwei Felder weiter von der Kirche aus, bei dem Tal, wo die Schafe sind, siehst du’s? Ihr Land grenzt an unseres.«
    »Und da wohnen Letty und ihre Tochter?«
    »Ja, Cassie. Obwohl ich nicht weiß, wie lange noch. Komischer Zufall, Hal will sie auch rausschmeißen. Wir haben neulich mal zusammen Kaffee getrunken, Letty und ich – später wurde dann eine Flasche Wein daraus – und dabei ging es vor allem darum, wie man Haus und Hof vor dem Zugriff der gierigen Verwandtschaft schützen kann.«
    »Aber das ist ja unglaublich. Das Haus hat Dominic gehört, und Letty ist seine Witwe. Welches Recht hat Hal daran? Und Cassie … wenn überhaupt, dann sollte es ihr gehören.«
    »Tja, vielleicht habe ich da auch etwas falsch verstanden. Du kennst ja Letty: Sie ist eine eher unzuverlässige Informantin. Aber Hal will sie da ganz offenbar raus haben.
Es ist ein schönes Haus, aber auch ziemlich einsam gelegen. Das ist ein ganzes Stück vom Dorf bis dorthin. Du warst mal da, oder? Mit Dominic? Um Kartons und so was abzuliefern?«
    Ich nickte. Wagte nicht, den Mund aufzumachen. Sie meinte, als ich für ihn gearbeitet hatte. Im Parlament, dem Unterhaus, ungefähr ein Jahr lang. Und ja, ich war dort gewesen. Und es war wirklich sehr schön. Genau wie Letty, seine junge Frau, die damals schwanger war. Das Ganze war sehr idyllisch: eine hübsche, lächelnde, herzliche Frau, die aus einem süßen, rosa Häuschen mit Rosen über der Tür heraustritt – traumhaft. Deswegen erfuhr auch niemand oder würde jemals erfahren, noch nicht einmal Laura, wie tief, wie leidenschaftlich meine Liebe zu ihm wirklich gewesen war. Und wie meine Liebe, meine unerfüllte Liebe zu Dominic Forbes den gesamten Verlauf meines Lebens geprägt hatte.

4
    I ch hatte Dominic durch seinen Bruder Hal kennengelernt, mit dem ich in Edinburgh befreundet gewesen war. Hal und ich waren beide im vierten Studienjahr, er Jura, ich Englisch, und wir wohnten in derselben Studenten-WG zusammen mit noch ein oder zwei anderen Freunden. Nun, ich denke, dass Hal und ich etwas mehr als nur Freunde waren. Er hatte Gefallen an mir gefunden, wie meine Mutter es formuliert hätte, was natürlich kein Ausdruck war, der in den Neunzigerjahren über die Lippen einer Studentin gekommen wäre, obwohl er eigentlich ganz zutreffend war. Jedenfalls war Hal mir zutiefst ergeben, während ich mich weigerte, mich mit ihm einzulassen. Ich glaube, ich habe ihn noch nicht einmal in betrunkenem Zustand geküsst, denn insgeheim verzehrte ich mich nach einem Rugbyspieler, knapp einsneunzig groß, mit spektakulären Oberschenkeln und einem hinreißend teuflischen Lächeln. Ich fühlte mich geschmeichelt und ich mochte Hal, aber das war’s. Im romantischen Sinn war er einfach nicht mein Fall. Das schien ihn aber nicht abzuschrecken. Er trug mir nicht gerade die Tasche hinterher, aber es kam oft vor, dass ich aus einer Vorlesung kam und er in der Nähe des Kaffeeautomaten herumhing und nur darauf wartete, uns beiden einen Kaffee mit Milch und zweimal Zucker herauszulassen. Dabei versank er fast in seinem alten Armeemantel, seine
langen, dunklen Haare waren ungekämmt, und ständig

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