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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Alliott
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fuhren wir weiter in einen anderen Ferienort an der Küste, um dort zu segeln und zu schnorcheln. Ich glaube aber, dass Seffy trotzdem froh war, es gesehen zu haben. Am Strand beobachtete ich oft, wie er hinausschwamm, sich umdrehte und Wasser trat und auf die Berge schaute, und ich wusste, dass er daran dachte, dass sein Vater hier so mutig gekämpft hatte.
    Der Bosnienkrieg war noch immer ein Thema und das verhalf ihm, glaube ich, zu ein wenig Bekanntheit. Er sprach immer viel davon, in der letzten Zeit allerdings etwas weniger. Eigentlich überhaupt nicht mehr. Er wurde sogar ungeduldig, wenn die Sprache darauf kam. Mein Vater, der oft Landkarten hervorgeholt und mit ihm darüber gesprochen hatte, weil er es für wichtig hielt, war überrascht, in welch schroffer Weise Seffy nun jedes Gespräch
abblockte. Aber Mum meinte, das wäre ganz natürlich: Er war Engländer, Himmel noch mal, und ging auf eine englische Privatschule. Alle seine Freunde hießen Tom, Sam und Harry, er wollte sich anpassen, nach vorne schauen, nicht anders sein. Er wurde erwachsen. Das stimmte. Bis er zwölf gewesen war, war er immer noch zu mir ins Bett gekrochen, um zu kuscheln. Damit war jetzt natürlich Schluss.
    Als ich wieder etwas zu ihm sagen wollte, sah ich, dass er mich bereits im Rückspiegel beobachtete.
    »Hunger?« Ich lächelte.
    »Mordshunger. Als ich aufgestanden bin, war die Frühstückszeit schon vorbei, und ich habe keins mehr gekriegt.«
    »Ach, Seffy, wecken die euch denn nicht rechtzeitig? Was tut diese Hausmutter eigentlich die ganze Zeit, feilt sie sich die Nägel oder was?«
    »Wir gelten als selbstverantwortliche Erwachsene.« Er machte ironische Anführungszeichen in die Luft. »Alt genug, um allein aufzustehen.«
    »Schon, aber trotzdem«, grummelte ich, während wir auf die Einfahrt einbogen und knirschend zum Stehen kamen. »Sie sollten die jugendliche Trägheit berücksichtigen. Wenn man euch derart euch selbst überlässt, dann überrascht es mich, dass ihr überhaupt zum Unterricht erscheint.«
    »Das tue ich auch nicht immer«, sagte er leise und stieg aus dem Auto. Als er mein entsetztes Gesicht bemerkte, fügte er hinzu: »Kleiner Scherz, Mutter. Entspann dich mal. Ich habe in Lightbrook noch keine einzige Stunde verpasst, okay?«
    Was implizierte, dass ›ich in London schon ein paar Mal gefehlt habe‹, dachte ich, während er, die Hände in den
Manteltaschen vergraben, über die Einfahrt zum Haus ging. Biba und Daisy waren hinter ihm und brüllten, er könnte ihnen wenigstens mit ihren Taschen helfen oder ob man gutes Benehmen heutzutage nicht mal mehr in den besten Privatschulen lernen würde? Er drehte sich um und ging rückwärts auf die Haustür zu, dabei legte er fragend die Hand hinters Ohr und tat, als wäre er taub. Was? Kann nichts hören? Die Mädchen suchten Unterstützung bei ihrer Mutter, die in genau diesem Augenblick mit ihrem Geländewagen vorfuhr, Charlie auf dem Beifahrersitz, der direkt aus der Schule kam. Er sah unglaublich süß und sommersprossig aus, er fing an zu strahlen, sobald er Seffy bemerkte, und hämmerte gegen das Fenster, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Laura war allerdings, nachdem sie ausgestiegen war und ihre Töchter umarmt hatte, keineswegs gewillt, ihren Neffen zu maßregeln.
    »Tja, wenn ihr Mädels etwas mehr an eurem Charme arbeiten würdet, dann würde er euch vielleicht helfen. Ich habe immer festgestellt, dass die ›Zarte Blümchen‹-Nummer Wunder bewirkte.«
    Seffy hörte auf, rückwärtszugehen und riss die Augen in gespieltem Entsetzen weit auf. »Oh, ich liebe zarte Blümchen«, versicherte er seinen Cousinen. »Also, wenn ihr nur ein wenig mehr so wäret wie eure Mutter, ein bisschen …«, er runzelte die Stirn, »sanfter, weiblicher …« Weiter kam er nicht, denn nun jagten ihn die Mädchen wie heulende Furien ins Haus. Biba zog sogar einen Schuh aus und schleuderte ihn in seine Richtung, Charlie folgte ihnen vor Vergnügen kreischend auf den Fersen und ließ unterwegs das Jackett seiner Schuluniform fallen. Laura und ich seufzten und blieben stehen, um die schweren Taschen mit hineinzunehmen. Wer würde es sonst tun?

    Das Abendessen war eine laute Angelegenheit. Mum und Dad, der aus London gekommen war, konnten ihre Lieblingsrolle als Großeltern einnehmen. Kit war entspannt inmitten seiner Familie, und Maggie war ein pflegeleichter Gast. Sie konnte sehr unterhaltsam sein, verstand es aber auch besonders gut, Leute ins Gespräch

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