Warcraft - 2
darüber nachdenken, wie wir ihn reparieren.«
Sein ruhiger Tonfall entspannte auch den Sergeant. Deutlich weniger erregt fragte er: »Das heißt also, Thrall wusste nicht, wie er aussieht?«
»Nein. Keine Spiegel, keine stillen Wasserflächen. Er hat gelernt, dass Orks Abschaum sind, was natürlich stimmt, und dass er nur weiterleben darf, weil er mir Geld bringt.«
Es wurde still, während beide Männer nachdachten. Der Sergeant kratzte sich an seinem roten Bart und sagte: »Jetzt weiß er es also, na und? Nur weil er als Ork geboren wurde, heißt das nicht, dass er selbst eine gehirnlose Bestie bleiben muss. Das ist er übrigens auch nicht. Wenn Ihr ihm erlauben würdet, sich menschlicher …«
Der Vorschlag des Sergeants verärgerte Blackmoore. »Er ist kein Mensch!«, brach es aus ihm hervor. »Er ist eine Bestie. Ich will nicht, dass er sich für einen großen grünhäutigen Menschen hält!«
»Dann sagt mir, Sir«, erwiderte der Sergeant, nachdem er kurz die Zähne zusammengebissen hatte, »für was soll er sich denn halten?«
Blackmoore hatte keine Antwort. Er wusste es nicht. Er hatte nie darüber nachgedacht. Alles war ihm so einfach erschienen, als er den Ork-Säugling gefunden hatte. Ziehe ihn als Sklaven auf, bringe ihm bei zu kämpfen, gib ihm ein wenig Menschlichkeit und setze ihn an die Spitze einer Armee aus ergebenen Orks, mit der er die Allianz angreift. Mit Thrall an der Spitze einer erstarkten Ork-Armee konnte Blackmoore eine Macht erlangen, die noch über seine wildes-ten Vorstellungen hinausging.
Aber es würde nicht funktionieren. Tief im Inneren wusste er, dass der Sergeant Recht hatte: Thrall musste verstehen, wie Menschen dachten und handelten, wenn er mit diesem Wissen über die bestia-lischen Orks herrschen sollte. Aber wenn er das verstand, würde er dann nicht rebellieren? Thrall musste stets seinen Platz kennen und an seine niedere Geburt erinnert werden. Es ging nicht anders. Beim Licht, was sollte er tun? Wie sollte er diese Kreatur behandeln, um aus ihr den perfekten Kriegsherrn zu formen – während alle anderen nur den Gladiatorenkämpfer in ihm sehen durften?
Er holte tief Luft. Er durfte vor diesem Diener nicht das Gesicht verlieren. »Thrall muss angeleitet werden, und zwar von uns«, sagte er bemerkenswert ruhig. »Er hat lange genug mit den Rekruten trainiert. Ich glaube, wir sollten ihn ganz auf den Kampf beschränken.«
»Sir, er ist sehr nützlich in der Ausbildung«, setzte der Sergeant an.
»Wir haben die Orks fast vernichtet«, sagte Blackmoore und dachte an die Orks, die zu Tausenden in die Lager gebracht wurden. »Ihr Anführer Doomhammer ist geflohen, und sie sind ein versprengtes Volk. Wir werden bald Frieden haben. Wir müssen den Rekruten nicht mehr beibringen, wie man gegen die Orks kämpft. Sie werden nur noch an Schlachten gegen andere Menschen teilnehmen, nicht mehr gegen Monster!«
Er fluchte innerlich, hatte er doch beinahe schon zu viel verraten.
Der Sergeant wirkte, als habe er dies ebenfalls bemerkt, reagierte jedoch nicht darauf.
»Männer, die in Frieden leben, benötigen ein Ventil für ihre Blutgier«, sagte Blackmoore. »Thrall soll sich fortan auf Gladiatorenkämpfe beschränken. Er wird unsere Taschen füllen und uns Ehre einbringen.« Er grinste. »Ich bin noch keinem Mann begegnet, der einen Ork besiegen konnte.«
Thralls Aufstieg in den Reihen der Gladiatoren konnte man nur als phänomenal bezeichnen. Er erreichte seine vollständige Größe, als er noch sehr jung war, und über die Jahre füllte sich sein langer Körper aus. Jetzt war er der größte Ork, den viele je gesehen oder von dem sie je gehört hatten. Er war der Herr des Rings, und jeder wusste es.
Wenn er nicht gerade kämpfte, lebte er allein in seiner Zelle, die ihm mit jedem Tag kleiner erschien, obwohl Blackmoore ihm eine neue zur Verfügung gestellt hatte. Thrall verfügte jetzt über einen kleinen, abgetrennten Schlafbereich und einen wesentlich größeren Raum, in dem er trainieren konnte. Der eingelassene Ring wurde von einem Gitter bedeckt und enthielt eine ganze Reihe Übungswaffen sowie Thralls alten »Freund«, die stark mitgenommene Troll-Attrappe, an der er üben konnte. In manchen Nächten, wenn Thrall nicht schlafen konnte, stand er auf und reagierte seine Unruhe an der Puppe ab.
Die einsamen, düsteren Stunden wurden nur durch die Bücher erhellt, die Taretha ihm schickte, durch ihre liebgewonnenen Botschaf-ten und die Tafel mit dem Griffel.
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