Warcraft - 2
begrüßen, der endlich zu-rückgekehrt war. Thrall wandte sich an Drek'Thar.
»Wer ist der Fremde?«, fragte er leise.
»Ein wandernder Eremit«, antwortete Drek'Thar. »Wir kennen ihn nicht. Er sagt, er habe sich in den Bergen verirrt. Wiseear habe ihn gefunden und zu uns geführt.«
Thrall blickte auf die Schale mit Eintopf, die der Fremde in seiner großen Hand hielt, und nahm die Fürsorge zur Kenntnis, die ihm vom Rest des Clans bezeugt wurde. »Ihr empfangt ihn mit mehr Freundlichkeit, als ihr mir entgegengebracht habt«, sagte er, doch es ärgerte ihn nicht im Geringsten.
Drek'Thar lachte. »Er bittet nur um ein paar Tage Zuflucht, bevor er weiterzieht. Er ist nicht mit einem zerrissenen Eiswolf-Wickeltuch angekommen und hat den Clan gebeten, ihn zu adoptieren. Und er kommt im Frühling, wenn es genug Gaben gibt, um sie zu teilen, und nicht mit Einbruch des Winters.«
Thrall musste dem Schamanen zustimmen. Bemüht, sich richtig zu verhalten, setzte er sich zu dem Neuankömmling. »Ich grüße dich, Fremder. Wie lange wanderst du schon?«
Der Ork sah ihn aus den Schatten seiner Kapuze heraus an. Seine grauen Augen blickten scharf, doch seine Antwort war höflich, ja respektvoll.
»Länger, als ich mich erinnern möchte, junger Ork. Ich stehe in eurer Schuld. Ich hatte die verbannten Eiswölfe stets für eine Legende gehalten, von der Gul'dans Kumpane erzählten, um den anderen Orks Angst einzujagen.«
Die Treue zu seinem Clan erwachte in Thrall. »Wir wurden zu Unrecht verbannt und haben unseren Wert bewiesen, indem wir unser Leben an einem solch harten Ort meistern«, antwortete er.
»Ich meine, gehört zu haben, dass du vor gar nicht so langer Zeit ebenso ein Fremder in diesem Clan warst wie ich es bin«, sagte der Fremde. »Sie haben von dir gesprochen, junger Thrall.«
»Ich hoffe, sie haben gut von mir gesprochen«, antwortete Thrall.
Er war unsicher, was die richtige Entgegnung war.
»Gut genug«, antwortete der Fremde rätselhaft und wandte sich wieder seinem Eintopf zu. Thrall sah, dass seine Hände sehr muskulös waren.
»Wie heißt dein Clan, Freund?«
Die Hand stockte mit dem Löffel auf halbem Wege zum Mund.
»Ich habe keinen Clan mehr. Ich wandere allein.«
»Wurden deine Leute getötet?«
»Sie wurden getötet oder gefangen genommen oder sind dort gestorben, wo es zählt … in der Seele«, antwortete der Ork mit Schmerz in der Stimme. »Lass uns nicht mehr davon sprechen.«
Thrall neigte den Kopf. Er fühlte sich unbehaglich in Gegenwart dieses Fremden, und er war auch misstrauisch. Etwas stimmte nicht mit ihm. Thrall erhob sich, nickte dem Gast zu und ging zu Drek'Thar.
»Wir sollten ihn beobachten«, sagte er seinem Lehrer. »An diesem wandernden Eremiten ist etwas, das mir nicht gefällt.«
Drek'Thar warf den Kopf zurück und lachte. »Wir hatten Unrecht mit unserem Misstrauen dir gegenüber, als du zu uns kamst, und jetzt bist du der Einzige, der diesem hungrigen Fremden misstraut.
Oh, Thrall, du hast noch so viel zu lernen.«
Während der Clan an diesem Abend aß, beobachtete Thrall den Fremden weiter und versuchte dabei, nicht zu offensichtlichen Arg-wohn zu zeigen. Der Mann hatte ein großes Bündel, an das er niemanden heran ließ, und legte niemals seinen unförmigen Umhang ab. Er beantwortete Fragen höflich, aber knapp und verriet nur sehr wenig über sich selbst. Thrall wusste lediglich, dass er seit zwanzig Jahren als Eremit lebte, den Kontakt zu anderen mied und von den alten Tagen träumte, ohne dass er etwas zu tun schien, um sie tatsächlich zurückzuholen.
Einmal fragte Uthul: »Hast du je die Lager gesehen? Thrall sagt, die Orks, die sie dort gefangen halten, hätten ihren eigenen Willen verloren.«
»Ja, und das überrascht mich nicht«, antwortete der Fremde. »Es gibt wenig, für das es sich noch zu kämpfen lohnte.«
»Es gibt viel, für das es sich zu kämpfen lohnt!«, mischte sich Thrall ein, dessen Wut schnell entflammte. »Die Freiheit. Einen Ort, der uns gehört. Die Erinnerung an unseren Ursprung.«
»Und doch versteckt ihr Eiswölfe euch hier in den Bergen«, entgegnete der Fremde.
»Wie ihr euch in den Südlanden versteckt!«, knurrte Thrall.
»Ich behaupte auch nicht, die Orks anstacheln zu wollen, ihre Ketten abzuwerfen und gegen ihre Herren zu revoltieren«, antwortete der Fremde mit ruhiger Stimme und ließ sich nicht provozieren.
»Ich werde nicht mehr lange hier sein«, erklärte Thrall. »Wenn der Frühling kommt, schließe ich
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