Warcraft - 2
Durnholde fallen.«
Er hoffte, dass es nicht dazu kommen musste, aber er rechnete mit dem Schlimmsten. Es war unwahrscheinlich, dass Blackmoore Ver-nunft beweisen würde.
Während er sich mit seinen Gefährten näherte, konnte Thrall Bewegung auf den Zinnen ausmachen. Als er genau hinsah, erkannte er die Mündungen von Kanonen, die auf sie gerichtet waren. Bogen-schützen nahmen ihre Positionen ein, und mehrere Dutzend Ritter zu Pferd kamen um die Seiten der Festung galoppiert, um sich vor ihr zu formieren. Sie trugen Lanzen und Speere und stoppten ihre Pferde. Sie warteten.
Thrall marschierte unbeeindruckt weiter. Es entstand mehr Bewegung auf den Mauern, dort, direkt über dem großen, hölzernen Tor, und sein Herz begann ein wenig schneller zu schlagen. Es war Aedelas Blackmoore. Thrall blieb stehen. Sie waren jetzt nahe genug, um sich durch Rufe zu verständigen. Er würde sich nicht weiter nä-
hern.
»Das ist ja schön«, erklang eine schwerzüngige Stimme, an die sich Thrall nur zu gut erinnerte. »Wenn das nicht mein kleiner Haus-Ork ist. Scheint inzwischen ausgewachsen zu sein.«
Thrall ließ sich nicht provozieren. »Ich grüße Euch, Generalleutnant«, sagte er. »Aber ich komme nicht als Euer Haustier, sondern als Anführer einer Armee, die Eure Männer schon in der Vergangenheit vernichtend geschlagen hat. Doch ich werde heute nicht angreifen, es sei denn, ihr zwingt mich dazu.«
Langston stand neben seinem Herrn an der Brustwehr. Er konnte es einfach nicht glauben. Blackmoore war stockbetrunken. Langston, der Tammis häufiger geholfen hatte, seinen Herrn ins Bett zu bringen, als er zugeben wollte, hatte Blackmoore noch nie so sturzbe-trunken und dabei doch noch fähig zu stehen gesehen. Was hatte er sich dabei gedacht?
Blackmoore hatte das Mädchen natürlich verfolgen lassen. Ein Kundschafter mit scharfen Augen, der sich meisterhaft verbergen konnte, hatte die Tür im Kurierstall entriegelt, damit sie aus dem geheimen Stollen hatte steigen können. Er hatte sie beobachtet, wie sie Thrall und ein paar andere Orks traf. Und er hatte gesehen, wie sie ihm einen Sack mit Essen übergab, wie sie das Monster umarmte –
beim Licht! – und dann durch den nicht länger geheimen Tunnel zu-rückgekehrt war. Blackmoore täuschte gestern Nacht seine Trunkenheit nur vor und war vollkommen nüchtern, als das ahnungslose Mädchen in seinem Schlafzimmer erschien, um von Blackmoore, Langston und den anderen in Empfang genommen zu werden.
Taretha wollte zuerst nicht sprechen, aber sobald sie erfuhr, dass man ihr gefolgt war, versicherte sie Blackmoore eilig, dass Thrall gekommen sei, um über den Frieden zu verhandeln. Allein den Gedanken empfand Blackmoore als eine tiefe Beleidigung. Er entließ Langston und die anderen Wachen. Langston ging noch lange vor der Tür auf und ab und hörte Blackmoore fluchen. Manchmal ließ sich das Geräusch einer Hand vernehmen, die auf Fleisch schlägt.
Er hatte Blackmoore bis zum jetzigen Moment nicht wiedergese-hen, aber Tammis hatte ihm berichtet. Blackmoore hatte seine schnellsten Reiter ausgesandt, um Verstärkung zu rufen, aber die befand sich immer noch mindestens vier Stunden entfernt. Die logi-sche Vorgehensweise wäre es gewesen, den Parlamentär – Thrall! –
in Gespräche zu verwickeln, bis Hilfe eintraf. Die Etikette verlangte es, dass Blackmoore eine kleine Schar seiner eigenen Leute aussand-te, um mit den Orks zu sprechen. Sicher würde Blackmoore jeden Augenblick den Befehl dazu geben. Das war einfach nur logisch.
Wenn die Zählungen stimmten – und davon war Langston überzeugt –, befehligte Thrall eine zweitausendköpfige Armee.
Es gab fünfhundertvierzig Mann in Durnholde, von denen weniger als vierhundert ausgebildete Krieger mit Kampferfahrung waren.
Während er die Lage mit steigender Nervosität überdachte, erkannte Langston Bewegung am Horizont. Sie waren zu weit entfernt, als dass er Einzelheiten hätte ausmachen können, aber er konnte klar erkennen, wie sich ein gewaltiges grünes Meer langsam über die Anhöhe schob, begleitet vom steten, zermürbende Schlagen der Trommeln.
Thralls Armee.
Obwohl es ein kühler Morgen war, fühlte Langston wie ihm der Schweiß ausbrach.
»Dassis nett, Thrall«, lallte Blackmoore. Thrall beobachtete angewidert wie der frühere Kriegsheld schwankte und sich an der Mauer festhalten musste. »Was möches du?«
Wieder kämpfte das Mitleid in seinem Herzen mit dem Hass. »Wir wollen nicht länger gegen die
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