Warm Bodies
Stirnhöhlen. Ohne meine Augen von ihren zu wenden, reibe ich meine Handfläche in eine frische Wunde an meinem Unterarm, und obwohl sie fast schon ausgetrocknet ist, presse ich ihr doch eine dünne Schmiere von Blut ab. Rote Tinte, die ich ihr auf die Wange reibe und den Hals hinab. Sie schaudert, aber sie weicht nicht zurück. Am Ende, wenn es drauf ankommt, ist sie ein sehr cleveres Mädchen.
»Okay?«, frage ich und ziehe die Augenbrauen hoch.
Sie schließt die Augen, atmet tief durch, der Geruch meines Körpersafts macht sie schaudern, dann nickt sie. »Okay.«
Ich gehe los, und sie geht mir nach, stolpert hinter mir her und stöhnt alle drei bis vier Schritte. Sie überzieht, als spielten wir Shakespeare an der High School, aber sie wird nicht auffallen. Wir passieren ganze Trauben von Toten, zu beiden Seiten schlurfen sie an uns vorbei, und niemand beachtet uns. Zu meiner Überraschung scheint Julies Angst nachzulassen , je länger wir gehen, trotz des offensichtlichen Risikos. Manchmal erwische ich sie dabei, wie sie nach einem besonders theatralischen Stöhner ein Lächeln unterdrückt. Ich lächele auch, aber nur, wenn sie’s nicht merkt.
Das ist … neu.
Ich bringe Julie zum Gastronomiebereich, und als ich ohne Zögern auf das Thai-Restaurant zuhalte, schaut sie mich verwundert an. Beim Näherkommen schaudert sie und hält sich die Nase zu: »O Gott«, stöhnt sie. Die Wärmebehälter am Eingang sind randvoll mit vertrocknetem, fauligem Zeug, toten Maden und Schimmel. Ich bin mittlerweile ziemlich unempfindlich gegen jeden Geruch, aber nach Julies Gesicht zu urteilen, riecht es verdorben. Eine Weile durchstöbern wir das Hinterzimmer, aber da es im Flughafen nur zeitweise Strom gibt, arbeiten die Kühlschränke nur manchmal, und ihr Inhalt ist ranzig. Ich gehe zur Burger-Theke. Julie guckt mich wieder so erstaunt an und folgt mir. Im Tiefkühlraum finden wir ein paar Burger, die nun kalt, ganz offensichtlich aber schon mehrmals aufgetaut und wieder gefroren sind. Der weiße Fußboden ist mit toten Fliegen gesprenkelt.
Julie seufzt. »Und jetzt?«
Ich starre in die Ferne und denke nach. Es gibt eine Sushi-Bar im Flughafen … aber ein bisschen was weiß ich noch über Sushi, und wenn ein frisches Hamachi-Filet schon nach ein paar Stunden verdorben ist, möchte ich gar nicht erst wissen, was Jahre bei ihm anrichten.
»Gott«, sagt Julie, während ich überlege, »in Sachen Kerzenlicht-Dinner musst du wirklich dazulernen.« Sie öffnet ein paar Kisten mit schimmeligen Brötchen und rümpft die Nase. »Das hast du doch noch nie gemacht, oder? Einen Menschen mit nach Hause genommen?«
Ich schüttele entschuldigend den Kopf, zucke jedoch bei dem Wort »Mensch« zusammen. Ich habe diese Unterscheidung noch nie gemocht. Sie ist eine Lebende und ich bin ein Toter, aber ich würde gerne glauben, dass wir beide Menschen sind. Nennt mich einen Idealisten.
Ich hebe einen Finger. »Noch … einer.«
Wir gehen zu einem nicht gekennzeichneten Randbereich der Fressmeile. Ein paar Türen weiter haben wir die Vorratskammer erreicht. Ich öffne eine Kühlraumtür, und eine Wolke eisiger Luft schlägt uns entgegen. Ich verberge meine Erleichterung. Das hier wurde langsam peinlich. Wir treten ein und finden uns zwischen lauter hohen Regalen wieder, bis an die Decke vollgestopft mit Fertigmenüs.
»Was haben wir denn hier …«, sagt Julie und fängt an, sich durch die unteren Regalbretter zu wühlen, Salisbury Steaks und Tiefkühltomaten in Augenschein zu nehmen. Was für glorreiche Konservierungsstoffe sie auch immer enthalten mögen, es sieht nicht genießbar aus.
Julie überfliegt die Etiketten der Tabletts in den Regalen weiter oben, wohin sie nicht reicht, und plötzlich strahlt sie und zeigt eine Reihe weißer Zähne, die ihre Makellosigkeit einer Zahnspange verdanken. »Sieh mal, Phad Thai! Ich liebe …« Sie hält inne und wirft mir einen unbehaglichen Blick zu. Sie deutet entschieden auf das Regal. »Ich nehme das da.«
Über ihren Kopf hinweg strecke ich die Hand aus und greife einen Armvoll Phad Thai ab. Ich will nicht, dass wer von den Toten sieht, wie Julie diesen leblosen Mist, dieseleeren Kalorien isst, also führe ich sie zu einem Tisch, der versteckt hinter einem zusammengebrochenen Postkartenständer steht. Ich versuche sie so weit wie möglich von der Schule fernzuhalten, doch das Echo der jämmerlichen Schreie dringt durch die Hallen bis hierher. Aber Julie verzieht selbst bei schrillsten
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