Warm Bodies
vor.«
Er seufzt. »Ja, okay. Das hier waren ohnehin bessere Zeiten. Als ich erwachsen geworden bin, habe ich mich in einen richtigen Neutronenstern verwandelt.«
Es tut mir leid, dass ich dich getötet habe, Perry. Es ist nicht so, dass ich es wollte, es ist nur –
»Vergiss es, Leiche, ich versteh schon. Sieht so aus, als hätte ich da sowieso schon rausgewollt.«
»Ich wette, dass ich dich jedes Mal vermissen werde, wenn ich mich an die Zeit jetzt erinnere«, sagt Julie wehmütig. »Du warst ganz schön cool, bevor Dad dich in die Finger gekriegt hat.«
»Gib acht auf sie, ja?«, flüstert Perry zu mir hoch. »Sie hat viel durchmachen müssen. Pass auf sie auf.«
Das werde ich.
Mr. Grigio räuspert sich. »Wenn ich du wäre, würde ich jetzt anfangen zu planen, Perry. Mit deinen Fähigkeiten solltest du über eine Ausbildung bei der Security nachdenken. Grünzeug, das aus dem Dreck schießt, ist gut und schön, aber genaugenommen brauchen wir das ganze Gemüse nicht. Man kann ein ganzes Jahr von Carbtein leben, bevor die Zellermüdung auch nur messbar ist. Das Wichtigste ist, dass wir am Leben bleiben.«
Julie zieht an Perrys Arm. »Komm schon, müssen wir das noch einmal durchmachen?«
»Nee«, sagt Perry. »Das ist nicht wert, noch mal gelebt zu werden. Lass uns irgendwohin gehen, wo es schön ist.«
Wir sind an einem Strand. Nicht an einem echten Strand, der seit Jahrtausenden von der Urgewalt des Ozeans gemeißelt worden ist – die sind jetzt alle überschwemmt. Wir sind am jungen Strand eines kürzlich gefluteten Stadthafens. Kleine Sandflecken scheinen zwischen den geborstenen Platten des Gehsteigs auf. Entenmuschelübersäte Straßenlaternen ragen aus der Brandung. Einige von ihnen flackern immer noch in der Dunkelheit des Abends und werfen orangefarbene Lichtkreise auf die Wellen.
»Okay, Leute«, sagt Julie und wirft einen Stock ins Wasser. »Zeit für ein Quiz. Was möchtet ihr mit eurem Leben anfangen?«
»Oh, hallo Mr. Grigio«, murmele ich. Ich sitze neben Julie auf einem Stück Schwemmholz, das mal ein Telefonmast war.
Sie ignoriert mich. »Nora, du bist zuerst dran. Und ich will nicht wissen, wo ihr glaubt, dass ihr am Ende landet . Ich will wissen, was ihr wollt .«
Nora sitzt vor dem Schwemmholz im Sand. Sie spielt mit ein paar Kieselsteinen und hält einen glimmenden Joint zwischen Mittelfinger und dem Stumpf ihres Ringfingers, der ab dem ersten Knöchel fehlt. Ihre Augen sind erdbraun; ihre Haut hat die Farbe von Kaffee mit Sahne. »Vielleicht Krankenpflege?«, sagt sie. »Leute gesundmachen, Leben retten … vielleicht in einer Kur arbeiten? Das könnte mir gefallen.«
»Schwester Nora«, sagt Julie mit einem Lächeln. »Klingt wie eine Kindersendung im Fernsehen.«
»Warum Krankenschwester?«, frage ich. »Warum nicht Ärztin?«
»O ja«, höhnt Nora, »sieben Jahre College? Ich bezweifle, dass es die Welt überhaupt noch so lange macht.«
»Doch, das wird sie«, sagt Julie. »Red nicht so. Aber an Krankenschwester ist doch nichts verkehrt. Krankenschwestern sind sexy!«
Nora lächelt und zieht träge an ihren dicken schwarzen Locken. Sie guckt mich an. »Warum ein Arzt, Perry? Ist das dein Ziel?«
Ich schüttele heftig den Kopf. »Ich habe genug Blut und Eingeweide für ein Leben gesehen, danke.«
»Was dann?«
»Ich schreibe gern«, sage ich, als würde ich ein Geständnis ablegen. »Also … will ich wahrscheinlich Schriftsteller werden.«
Julie lächelt. Nora legt den Kopf schief. »Echt? Gibt’s das immer noch?«
»Was? Schreiben?«
»Ich meine, gibt es immer noch so was wie einen … Buchmarkt?«
Ich zucke die Schultern. »Nee, nein. Eigentlich nicht. Gutes Argument, Nora.«
»Tut mir leid, ich wollte bloß …«
»Nein, schon gut, du hast ja recht, selbst als Traum ist es bescheuert. Wahrscheinlich lande ich einfach bei der Security.«
»Halt dein verdammtes Maul, Perry!«, sagt Julie und boxt mir auf die Schulter. »Die Leute lesen immer noch.«
»Echt?«, fragt Nora.
»Na ja, ich lese. Wen schert’s, ob es noch einen Markt gibt? Scheiß drauf, wenn alle andern nichts anderes mehr im Kopf haben, als was zu bauen und was zu erschießen, und ihre Seelen nicht mehr füttern. Schreib’s einfach auf einen Block und gib ihn mir. Ich lese es bestimmt.«
»Ein ganzes Buch für nur einen Menschen«, sagt Nora und sieht mich an. »Könnte es das jemals wert sein?«
Julie antwortet für mich. »Zumindest würde er aus dem Kopf bekommen, was er denkt,
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