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Warme Welten und Andere

Warme Welten und Andere

Titel: Warme Welten und Andere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
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verkommende Laserkanone aus dem Schiff aufstellten. Das war Gregors Idee gewesen; all die jungen Männer, sogar Piet, waren dafür gewesen. Zwar stimmte es, daß der Laser stark genug war, über die Mauer hinauszureichen – aber worauf sollten sie zielen? Wer wußte denn, wo die Lebenszentren dieser Viecher waren? Und das schlimmste war, daß der Generator nicht in Sicherheit gebracht werden konnte; das ganze kostbare Energiesystem mußte an Ort und Stelle bleiben, um den Laser zu versorgen.
    »Wenn wir verlieren, verlieren wir alles«, murmelte er. Schwer setzte er sich auf die Kiste mit den Tonbändern. Der Schmerz in seiner Leistengegend war jetzt viel schlimmer. Bethel, dachte er, ich habe ihnen schließlich doch nur einen Gott in der Kiste hinterlassen; mehr werden diese Tonbänder nicht sein, wenn der Generator zerstört wird.
    Die Kiste bewahrte die Lyrik, die Musik, die einst sein Leben gewesen waren, einst in einer anderen Welt. Das Leben, das er hinter sich verschlossen hatte; seine eigenen, privaten Werte und Bedeutungen. Das er frohen Herzens hatte fahrenlassen, um seiner Rasse ein Vater zu sein. Doch nach seinem Unfall hatte er Piet gebeten, diese Kiste hier heraufzuschleppen, und zum noion hatte er gesagt: »Nun wirst du die Musik von uns Menschen hören.« Mit ihm zusammen hatte es gelauscht, oft die ganze Nacht lang, und manchmal schien ein Einverständnis, ein gemeinsames Erleben sie zu verbinden…
    Er lächelte, als er an die seltsame Verständigung mit einem fremden Wesen im Echo einer Musik dachte, die vor Jahrhunderten und auf einem anderen Planeten entstanden war. Unten in der Bucht wurden die letzten Steine von den Flößen geladen und in die Krippen in der Pfeilspitze des Damms gehäufte Alle ihre jungen Leute waren jetzt da draußen am Werk, zogen eine riesige Trosse durch das äußere Pfahlwerk.
    Plötzlich erschien ihm die Meermauer in viel besserem Licht. Sie war doch sehr stark. Die Versteifungen waren jetzt alle drin, schwere Stämme, die schräg in die Steinmasse hineingekeilt waren. Ja, es war eine echte Festung. Vielleicht würde sie standhalten, vielleicht würde doch alles gut ausgehen.
    Ich habe so schwarz gesehen, nur weil es mit mir ans Ende geht, dachte er gequält. Sein Blick klärte sich, er ließ die Schönheit des Bildes in sich eindringen. Gut; ja, es war gut; die starken jungen Menschen, seine Kinder mit den hellen Augen… Er hatte das vollbracht, er hatte sie aus Tyrannei und Terror hierhergeführt, er hatte sie gepflanzt und die komplexe, lebendige Einheit, die Kolonie, erbaut. Sie hatten es geschafft. Wenn nun noch einmal eine Gefahr drohte, so hatte er noch einen letzten Trick, mit dem er ihnen helfen konnte. Ja, sogar mit seinem Tod konnte er ihnen noch einmal helfen, konnte er alles zum Guten führen. Was mehr kann ein Mann sich wünschen, fragte er sich; und er lächelte, war bis auf den Grund seines Wesens ruhige Kraft, war jetzt ganz…
    – Und der Himmel brach ein, der Grund seines Wesens war trügerisch; denn von dort kam nun die Erinnerung herauf, die er nicht hatte wahrhaben wollen. Was mehr kann ein Mann sich wünschen? Er stöhnte, preßte die Hände vor die Augen.
    … Im Frühling, im Frühling hatte es begonnen. In den müßigen Tagen nach der Aussaat. Er und sein ältester Sohn, der junge Riese, dessen Kopf er einst in einen Beutel gedrückt hatte, hatten eine Erkundungsfahrt gemacht.
    Seit Tag Eins, dem Tag ihrer Landung auf diesem Planeten, hatte eine Frage am Rande seines Bewußtseins gehangen. In den letzten tumultuösen Minuten im Schiff hatte er den flüchtigen Anblick einer anderen Lichtung erhascht, einer weißen Narbe fern im Süden der Küste. Vielleicht ein guter Platz für eine zukünftige Siedlung? Und so waren er und Piet mit ihrem Floßboot gen Süden gefahren.
    Sie hatten den Ort gefunden. In vollem Betrieb.
    Einen Tag und eine Nacht lang hatten sie sich versteckt und die schrecklichen Tiere beobachtet, die auf die verwüstete Küste drängten. Und dann hatten sie sich vorsichtig einen Weg durch das verschmutzte Niedrigwasser hinaus zu den äußeren Riffbarrieren gebahnt.
    Die Sandbänke zogen sich weiter hinaus, als das Auge vom Land aus blicken konnte, und ununterbrochen blies hier der Südwind. Sie holten das Segel ein und paddelten unter nacktem Mast hinaus, geblendet von warmen fliegenden Schaumfetzen; immer lauter wurde das Gebrüll des Weltmeers. Ein gewaltiges hohles Pfeifen erhob sich, wie Wind in einer Orgelpfeife. Sie

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